Dienstag, 29. März 2011

Kleinwagen und ihre Daseinsberechtigung

Mein Göttergatte Timo beschwerte sich neulich, als er mit seinem schnuckeligen schwarzen Polo auf die Autobahn auffahren wollte, dass ein Lkw das partout nicht zulassen wollte und neben ihm her fuhr, damit er auch ja nicht vom Beschleunigungsstreifen auf die Autobahn wechseln konnte. Das passiert ihm wohl häufiger, aber da ist er leider nicht der einzige Kleinwagenfahrer, der mit diesem Phänomen zu kämpfen habe. Ich hab zwischen Mai 2001 und Juni 2003 einen schnuckeligen schwarzen Twingo gefahren und auch da meinten manche Lkw-Fahrer und  z. T. auch Fahrer PS-starker Premiummarken (Audi, BMW, Mercedes...), dass mein kleines Auto keine Daseinsberechtigung hätte - obwohl der Kleine es im Anzug durchaus mit den großen Karren aufgenommen hat; in der Endgeschwindigkeit natürlich nicht mehr. Die Erfahrung  machen viele Kleinwagenfahrer - da wird noch mal eben respektlos geschnitten, überholt, gedrängelt usw. Mir fällt es auch immer wieder auf, wenn ich mal mit einem Twingo unterwegs bin, den mir mein Autohaus zur Verfügung stellt, während mein Clio in der Inspektion steht - plötzlich meinen die Leute, weil ein Twingo ja nicht gerade groß ist, mir mal eben die Vorfahrt nehmen zu können, mir das Einfädeln auf der Autobahn zu erschweren usw. Das passiert mir mit dem Clio eher selten und in der Zeit, als ich noch Mégane fuhr, ist es noch viel seltener passiert, da die beiden Méganes auch über 100 PS hatten und zudem ziemlich sportlich aussahen.

Hm, dass ein Twingo, ein Polo, ein Chevrolet Matiz oder irgendein anderer Kleinwagen es nicht mit BMW, Audi, Mercedes und Volvo aufnehmen kann, steht außer Frage, aber das heißt ja nicht gleich, dass ich mich mit meiner Protzkarre benehmen muss, als wenn Kleinwagen prinzipiell keine Daseinsberechtigung hätten. BMW, Audi usw. haben natürlich Power ohne Ende unter der Haube, was auf Autobahnen und Landstraßen sicherlich ein Vorteil ist, aber auch die Kleinwagen haben gerade im Stadtverkehr ihre Vorteile:

  • Kleinwagen passen in viele Parklücken, die mit großen Autos nicht mehr unfallfrei befahren werden können - ganz schlimm ist ja der 5er GT, der über Heckkameras verfügt, da die Karre sonst nicht mehr unfallfrei rückwärts bewegt werden könnte...
  • kleine Autos sind oft wendiger als die großen
  • im Anzug sind sie den großen Autos gegenüber sogar oft im Vorteil. Es ist ein Unterschied, ob ich etwas mehr als eine Tonne oder mehr als zwei Tonnen in Wallung bringen muss
  • im Unterhalt sind Kleinwagen oft günstiger. 



                            Mein Clio im Mai 2010: (c) Alexandra Döll, Essen

Wie dem auch sei: Gestern wollte mich auch ein 20-Tonner auf der B8 wegrammen, weil er mal eben nen 40-Tonner überholen wollte. Mein Clio zählt zwar auch zu den Kleinwagen, aber viele nehmen ihn offenbar nicht als solchen wahr mit seinen 75 PS und seiner Länge von vier Metern. Und selbst wenn der Wagen einen halben Meter kürzer wäre, gibt mir das noch lange nicht das Recht, mich mal eben irgendwo reinzudrängen, Kleinwagen das Einfädeln auf der Autobahn zu erschweren u. ä. Für den Abbau von Aggressionen und Frust ist der Straßenverkehr eigentlich der falsche Ort. Wenn ich einen Kleinwagen vor mir habe, der mal eben nen Lkw überholen möchte, ist es selbstverständlich für mich, dass ich ihn in Ruhe seinen Überholvorgang zuende bringen lasse und das kleinere Auto nicht mit Lichthupe, wilden Gesten u. ä. bedränge, damit es am besten direkt unter den Lkw verschwindet und die Insassen womöglich noch das Zeitliche segnen. Ich hasse lediglich Leute, die - obwohl es gerade nix zu überholen gibt - kilometerlang die linke Spur blockieren und es offenbar lieben zu stauen. Dieses Phänomen kann allerdings nicht nur bei Kleinwagen beobachtet werden, sondern auch bei den großen Karren, die ihre Überlegenheit nicht geschwindigkeitsmäßig ausspielen wollen, sondern lieber ihre eigene Wichtigkeit dadurch unterstreichen wollen, dass sie hinter sich andere Autos ansammeln. Vor allem Mercedes und Audi sind darin scheinbar Meister. Ich habe auch kein Problem damit, ein Auto vorbei zu lassen, das wesentlich schneller ist als meins - wenn ein BMW von hinten mit über 200 Sachen angerauscht kommt, muss ich den ja nicht unnötig ausbremsen und mir dann darüber nen Ast freuen, weil der Wagen in die Eisen gehen muss und ich den Fahrer dann angeblich zu verkehrsgerechtem Fahren erziehe. Diese selbst ernannten Sheriffs der Straße finde ich nämlich genauso ätzend. Wenn weder Verkehrsverhältnisse noch Wetter noch sonst irgendwelche Umstände dagegen sprechen, warum soll dann nicht jemand schnell fahren - wobei da natürlich die Gefahr besteht, dass man auf etwaige Hindernisse, die da unvermittelt auftauchen, nicht mehr adäquat reagieren kann. Allerdings verleiten ja die Schleicher, die ohne triftigen Grund durch die Gegend krebsen, andere zu gefährlichen Überholmanövern, was auch nicht im Sinne des Erfinders ist.

Im Übrigen: Mein Clio leidet unter einer Identitätsstörung, er hält sich nämlich für einen 3er BMW :o). Offenbar sehen manche Autofahrer das scheinbar genauso, denn es ist mir schon mehr als einmal passiert, dass mir BMW, Audi und Mercedes Platz gemacht haben, weil sie wohl denken, da kommt jetzt ein Rennwagen mit 3er-Gen, hihi. Es gibt ja auch tatsächlich einen Clio mit weit über 100 PS, hehe.

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