Samstag, 6. Juni 2009

Nicht ärgern - wundern...

Am Mittwochabend hatte ich mein Vorstellungsgespräch bei der Personalberatung in Essen-Frohnhausen. Das Gespräch verlief soweit ganz nett und der Chef möchte mich auch bei einem Unternehmen in Gelsenkirchen als fachliche Assistentin vorschlagen (Prüfung der Eignung von möglichen Franchise-Nehmern), aber einiges hat mich doch sehr erstaunt.

Ich fand es zum Beispiel sehr interessant, dass er sich mich anhand meiner Unterlagen ganz anders vorgestellt hätte - in meinem Qualifikationsprofil habe ich u. a. erwähnt, dass ich auf der Bühne stehe und Comedy-Programme/Auszüge aus meinen Büchern präsentiere. Da ich aber bei einem Vorstellungsgespräch war und nicht auf der Bühne zum Entertainen meines Publikums, war ich natürlich wesentlich zurückhaltender und seriöser als on stage. Er fand das einen Widerspruch an sich, weil ich ja erst ruhig und zurückhaltend wirke. Ich weiß zwar nicht, wie sich die Leute eine Entertainerin vorstellen, die zum Vorstellungsgespräch geht, aber mein Bühnen-Ich hat mit meinem privaten Ich und auch mit meinem Ich bei einem Vorstellungsgespräch nix zu tun. Auf der Bühne bin ich, weil ich Leute gut unterhalten und nebenbei noch ein bisschen Eigenmarketing betreiben möchte - im Vorstellungsgespräch bin ich, um den potentiellen Arbeitgeber von meinen fachlichen und persönlichen Fähigkeiten zu überzeugen. Ob Witze da direkt vom ersten Moment an so angebracht sind, wage ich erheblich zu bezweifeln...da würde wahrscheinlich jeder Chef von einer Einstellung absehen, weil unter Umständen die Frage aufkäme, ob ich meine Arbeit nicht ernst nehme und alles den ganzen Tag furchtbar witzig finde. Wenn ich meine Kollegen und meinen Chef näher kenne, mache ich da auch meine Witze und sorge für ein gutes Betriebsklima, im Vorstellungsgespräch finde ich ganz krasses Entertainment aber absolut unangebracht - es sei denn, ich bewerbe mich irgendwo als Stand up-Comedian oder Witzeerzähler. Solche Stellen sind jedoch eher selten...

Ich war jedenfalls ziemlich erstaunt, dass die Leute von jemandem, der regelmäßig mit makaberen und lustigen Programmen auf der Bühne steht, erwarten, dass man 24 Stunden am Tag so ist. Ich kann mir kaum vorstellen, dass Comedians wie Mirja Boes, Michael Mittermaier und Mario Barth im Privatleben genauso sind wie auf der Bühne, denn auch die werden sicherlich ihre kleineren oder größeren alltäglichen Sorgen haben und nicht 24 Stunden am Tag kalauern und ihr Umfeld entertainen. Der Sohn von Heinz Erhardt hat einmal in einem Interview gesagt, dass sein Vater die Menschen durch seine Art und seine lustigen Gedichte und Geschichten zum Lachen gebracht hat, aber dass er zuhause eher ein nachdenklicher, zurückhaltender Typ war. Auch Metallica-Frontman James Hetfield hat ganz offen gesagt, dass er privat nicht so ist wie der Typ, der auf der Bühne über die Bretter tobt und in ein Mikro schreit - auch wenn viele Leute das früher von ihm so erwartet haben. Dies war wohl mit ein Grund für seinen Alkoholismus.

Das Andere, was mich erstaunt und auch geärgert hat, war, dass es wohl sehr um Gleichmacherei geht. Ich wirke nicht business-like genug, aber darauf bin ich auch stolz. Ich sehe jeden Tag in Düsseldorf Typen, die zwar "business-like" sind, dafür aber auch aus der Wäsche gucken, als wenn das ganze Leben eine Strafe wäre und die von Mimik und Gestik her eher wirken, als wären sie schon tot und nur zu faul zum Umfallen. Offensichtlich will mich da jemand ganz anders haben, als ich bin, aber ich will nicht anders sein. Andere gibt es schon genug, um Dr. Eckhart von Hirschhausen einmal zu zitieren. Angeblich wirke ich auf den ersten Blick auch unprofessionell (hä?) - ah ja, die Zombies, von denen ich gerade sprach, produzieren aber mehr heiße Luft als überhaupt Luft zum Atmen vorhanden ist. Ich habe auch keine Lust, mich in den Mainstream einzureihen, nur weil das irgendwelche "Experten" von mir verlangen - entweder nimmt mich ein Chef, so wie ich bin - offensichtlich hat dies in meinem Berufsleben ja schon mehr als einmal funktioniert - oder er lässt es bleiben. Ich verbiege mich nicht solange, bis ich gebrochen bin und dann auch zum schlecht gelaunten Zombie mutiere.

Fazit: Ich wirke auf den zweiten Blick und man würde anhand meiner Ausdrucksweise merken, dass ich durchaus was auf dem Kasten habe. Wie erfreulich! Das war mir auch vorher klar, dass ich nicht nur heiße Luft produziere wie viele andere, die den wirtschaftlichen Karren in Deutschland ja auch schön gegen die Wand gefahren haben. Es ist zwar interessant, auch mal die Einschätzung einer Person zu hören, die mich gar nicht kennt, aber mir geht dieses "Verbieg dich, pass dich an" tierisch auf den Keks. Ich glaube, ich wäre in meinen bisherigen Kollegenkreisen nicht so beliebt gewesen (von manchen Chefs, denen mein eigener Kopf nicht passte, schweigen wir jetzt mal - den meisten davon war meine freigeistige Art einfach ein Dorn im Auge), wenn ich mich bis zur Unkenntlichkeit verbogen hätte, denn die meisten meiner Kollegen schätzen meinen Humor, meine Ehrlichkeit und meine Art, mich für andere einzusetzen, wenn es Ungerechtigkeiten oder Probleme gibt. Mit vielen meiner früheren (und jetzigen) Kollegen bin ich heute noch eng befreundet - also kann ich so verkehrt ja nicht sein ;o).

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