Sonntag, 24. November 2013

Anekdötchen aus meinem früheren Leben

Jürgen Beckers hatte ja gestern als Lehrer so einiges zu erzählen - ich als damals noch Studentin der Erziehungswissenschaften aber auch. Neben meinem Studium war ich 1,5 Jahre ehrenamtlich in einer Essener Beratungsstelle für Straffällige und deren Angehörige tätig und in einer Borbecker Fahrschule habe ich mir als Sekretärin und pädagogische Fachkraft nebenbei etwas dazu verdient. Außer für die Beratung und Anmeldung von Fahrschülern, die Erstellung der Prüfungsunterlagen und der anfallenden Korrespondenz, die Eingabe der Tagesnachweise der Fahrlehrer und die Kassenführung war ich auch verantwortlich für die Vorbereitung von Fahrschülern mit Legasthenie oder nicht ausreichenden deutschen Sprachkenntnissen auf die mündliche theoretische Prüfung. Damals war ich gerade mal Mitte 20 - lang, lang ist's her :o).

In beiden Tätigkeitsbereichen sind natürlich auch immer wieder erheiterende Momente passiert, so z. B. Folgende:

Altenessener Platt at its best
Ich hatte mal einen ganz lieben Fahrschüler aus Altenessen, Frank. Der Mann war wirklich super-nett und humorvoll, hatte aber das Manko, an Legasthenie und Dyskalkulie zu leiden. Durch seine nette Art hat er das jedoch wieder wett gemacht.

Ich bereitete ihn auf die mündliche theoretische Prüfung vor, weil es mit einer normalen schriftlichen Prüfung keinen Zweck gehabt hätte, da er aufgrund seiner Legasthenie natürlich sehr langsam gelesen hat. Diese Extra-Stunden hat mir sein Chef bezahlt, der ihn auch zur Fahrschule angemeldet hatte. Eines Nachmittags nach unserer Stunde sagte Frank Folgendes zu mir:
"Ich find dat toll, dat du dich so lieb um mich kümmern tuhs! Ich wollte dich wat Geld geben, weil du immer so lieb zu mich bis'!"
Meine Antwort: "Danke, aber nee, behalt dich dat ma'...!" (Dass ich da jetzt auch Altenessener Platt gesprochen habe, ist ihm gar nicht aufgefallen *grins*.)

Mein Besuch in Bedburg-Hau
Eine meiner heroinabhängigen Klientinnen wurde von der JVA Gelsenkirchen-Feldmark in den Maßregelvollzug nach Bedburg-Hau am Niederrhein verlegt, so dass ich mir an einem brütend heißen Tag im August unseren Dienstwagen - einen freundlichen, dunkelblauen Opel Corsa - schnappte und mich auf den Weg nach Bedburg-Hau machte.

Ich war etwa 30 min. vor dem vereinbarten Termin da und stellte mein Auto in den Schatten unter einigen hohen Bäumen ab, dann lief ich übers Gelände Richtung Neurologie, denn dort in der Nähe befand sich auch der Maßregelvollzug. Aus einem Gebäude, in dem die Neurologie-Patienten untergebracht waren, ertönte ein Gejaule, das eher an jemanden erinnerte, der gerade an eine Starkstromleitung gepackt hat.

Aus dem Schatten ging ich weiter in den Sonnenschein und suchte das Haus, in dem meine Klientin untergebracht war. Plötzlich kam mir ein Patient entgegen - über zwei Meter groß und kräftig. Ich wollte normal an ihm vorbei gehen, aber er ließ mich nicht, sondern versperrte mir den Weg. Wir standen uns also gegenüber und er schaute mir in meine Augen direkt bis in die Seele. Da der Typ so groß und kräftig war, konnte er auch Sonnenfinsternis, denn seine Statur verdunkelte die Sonne in seinem Rücken :o). Ich wartete geduldig und gelassen ab, fragte mich aber, wie es wohl wäre, wenn er irgendwas in meiner Seele finden würde, das ihm nicht gefällt und wenn er mir eine knallen würde - da hätte ich wohl direkt nen dreifachen Salto rückwärts mit Schraube gemacht.

Offenbar fand er aber keine dunklen Flecken in meiner Seele, denn plötzlich strahlte er mich an, hielt mir seine Hand hin und sagte freundlich: "Tach!" Ich hab seinen Händedruck erwidert - danach konnte ich mir allerdings die Hand erst mal aufbügeln, weil er einen sehr festen Händedruck hatte - hab auch freundlich "Tach!" gesagt und dann konnte ich meinen Weg fortsetzen. Wenige Minuten später hatte ich auch das Haus gefunden, in dem meine Klientin untergebracht war.  

Eitelkeit statt Führerschein
Eines Nachmittags war ein Vater in der Fahrschule und wollte schon mal den 1b-Führerschein für seine Tochter anzahlen - bzw. die Anmeldegebühr - denn das sollte das Geburtstagsgeschenk zum 16. sein. Einen Tag später konnten wir die Anmeldung jedoch wieder rückgängig machen, denn: Seine Tochter wollte zwar gerne einen Roller-Führerschein haben, aber der Helm, den man auf nem Zweirad tragen muss, zerstört doch die ganze Frisur! :o) Das ging ja in den Augen des Geburtstagskinds gar nicht.

Ente Lippens lässt grüßen
Mein Chef war ein freundlicher, humorbegabter Mensch - da er für einen Mann jedoch ziemlich klein war (1.67) habe ich ihn immer liebevoll Taschenkrebs genannt, hihi. Zeitweise arbeitete ich zusammen mit seiner Frau Susi im Büro. Wenn mein Chef allerdings wütend wurde, konnte er auch schon mal in Altenessener Platt verfallen...

Eines Tages meckerte Wolfgang seine Susi vor versammelter Mannschaft an, und dann auch noch für etwas, für das sie gar nix konnte - den Murks hatte er selbst gebaut. Ich hab ihm dann auch ganz ruhig und freundlich gesagt: "Hör mal, Wolfgang, auch wenn wir uns gut kennen: Das ist jetzt kein Grund, deine Frau hier in meiner Gegenwart und der Gegenwart von Fahrschülern zusammen zu scheißen!"
Wolfgang sah mich wütend an und sprach: "Alex, ich warne dir!"
Ich grinste daraufhin und antwortete gelassen: "Wolfgang, ich danke dich!"
Da war er erst mal total perplex - er wusste in dem Moment m. E. nicht, ob er lachen, weinen, schreien oder mir eine knallen sollte. Susi gluckste leise. Er wandte sich schließlich ab und sagte: "Ach, Ihr könnt mich doch mal!", dann setzte er sich zusammen mit seinem Fahrschüler ins Auto. Zehn Minuten später rief er bei uns im Büro an - und war gaaaaanz friedlich :o)).

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