Donnerstag, 7. Juni 2012

Besser spät als nie

Über die Abhängigkeit von Esoterik-Portalen hatte ich bereits im Herbst 2008 - also vor knapp vier Jahren - einen Artikel unter Suite101.de veröffentlicht. Am vergangenen Montag hat auch mal endlich die Sendung "markt" im WDR darüber berichtet - spät, aber besser spät als nie. Vor allem ging es um das auf dem Gebiet führende Portal Questico und den Sender AstroTV, wo man sich dann mittels Pendel, Karten, Runen oder angeblich hellseherischer Fähigkeiten beraten lassen kann. In dem Beitrag wurde u. a. auch der besonders krasse, in o. g. Artikel von mir geschilderte Fall aufgegriffen, dass eine so genannte Beraterin einer Kundin ne HIV-Infektion bescheinigt hat (die es in Wirklichkeit gar nicht gibt), dass sich deshalb alle Männer vor ihr ekeln würden und sie die Suche nach nem neuen Partner deshalb dran geben sollte. Mit guter Beratung hat das jedenfalls nix zu tun, sondern mit Anmaßung und Mutmaßung. Da fühlte sich die vermeintliche Beraterin wohl untervögelt und musste deshalb ihr Mütchen an Ratsuchenden kühlen...die Dame hat noch jahrelang danach weiter praktiziert; erst auf Nachfrage von markt konnte man sie bei Questico nicht mehr aufrufen.

Hm, die Beschäftigung mit Esoterik und vermeintlich aussichtsreichen Blicken in die Zukunft bis hin zur Sucht resultiert vielfach aus der Labilität und Beeinflußbarkeit der Ratsuchenden, teilweise aber auch daraus, dass sich auch gefestigte Persönlichkeiten in einer krisenbehafteten Lebenssituation (Scheidung, Trennung, Tod des Partners, Arbeitslosigkeit, schwere Krankheit etc.) befinden und deshalb auch anfälliger für diesen Humbug sind. Esoterik-Verfechter erklären zwar nicht eingetroffene Prognosen damit, dass jemand dann nicht fest genug dran geglaubt hat, aber das soll wohl eher nur kaschieren, dass sie für ihre hanebüchenen Lügen auch noch viel Geld kassieren - je nach Minutenpreis zwischen 0,99 EUR und 4,00 EUR pro Minute.

Ich hatte das Ganze mal vor Jahren auch aus Neugierde getestet. Wenn das alles gestimmt hätte, was mir da prophezeit wurde, wäre ich seit ca. drei Jahren mit dem Charmin Bear verheiratet (zu dem ich aber gar keinen Kontakt mehr habe, wobei ich jedoch nicht ausschließen möchte, dass er öfter Beiträge von mir liest *grins*), würde auf dem Land wohnen (ich wohne immer noch in der Großstadt, wenn auch mit tollem Blick ins Grüne und auf Kohlenpottkulissen) und das auch noch mit vielen Tieren (momentan befindet sich kein Tier in meinem Haushalt - außer meine Stofftiere natürlich...) und ich wäre viel mit meinem Mann auf Reisen (stimmt auch nicht). Lügen ist echt schön und kommerziell aber richtig erfolgreich - insbesondere bei Menschen, die die eigene Verantwortung für die Zukunft in die Hände Dritter legen, und die das eigene Denken aufgegeben haben. Am Eintritt einer Prognose sind nicht nur die involvierten Personen beteiligt, sondern auch weitere Begleitumstände, was man auch in meinem Artikel nachlesen kann. Sicherlich mag mal zufällig ne Prognose stimmen, aber dann waren die vorherrschenden Bedingungen auch schon gegeben und das Ganze hätte sich dann ohnehin so entwickelt wie vorhergesehen. Ich glaube, wenn fast jeder in die Zukunft schauen könnte, wäre a) der Überraschungseffekt weg bei unvorhergesehenen Ereignissen und b) jeder würde versuchen, unangenehme Dinge wie Krankheit, Streit oder Trennung aus seinem Leben zu verbannen, doch auch das gehört zum Leben dazu.

Interessanterweise hat aber keiner der selbst ernannten Berater meine Krankheit in irgendeiner Form gesehen, haha - und die war damals definitiv schon da, wenn sie damals auch gerade Ruhe gegeben hat. Da machen manche echt ein Geschäft mit der Zukunftsangst und mangelndem Denkvermögen anderer. Ich denke, da kann man sein Geld sinnvoller ausgeben und versuchen, das Schicksal in die eigene Hand zu nehmen anstatt sich für viel Geld auch noch die Hucke volllügen oder sich sogar beleidigen zu lassen.

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