Donnerstag, 3. September 2015

Gute Vorstellungsgespräche - schlechte Vorstellungsgespräche

Das Gespräch vom Montag zählte eher zur zweiten Kategorie - soviel an Arroganz, Selbstgefälligkeit und mangelnder Information ist mir bis dato selten begegnet, wenn ich bei einem Vorstellungsgespräch war.

Komisch, von Bewerbern wird alles Mögliche verlangt, wenn sie zum Gespräch gehen - ein adrettes, gepflegtes Äußeres, höfliches Benehmen, Antworten auf alle (un-)möglichen Fragen und am besten noch umfangreiche Kenntnisse der Firmengeschichte bis zurück ins Jahr 1800-Krug. Leider gibt's jedoch Personaler, die die gleichen strengen Maßstäbe, die sie an ihre Bewerber richten, nicht mal ansatzweise bei sich selbst anlegen. Das fing schon damit an, dass der gnädige Herr offenbar meine Arbeitszeugnisse gar nicht gelesen hatte, denn sonst hätte er gewusst, dass Oscar Winzen ein Outplacement-Unternehmen ist, für das ich über drei Jahre lang tätig war, haha. Da er meine Zeugnisse, die ich ja neben meinem Lebenslauf mitgeschickt hatte, offenbar gar nicht gelesen hatte, konnte er das natürlich nicht wissen.

Sorry, ich habe auch schon einige Bewerbungsgespräche während meines Berufslebens geführt, und zwar auf der Arbeitgeberseite und ich hätte mich zu Tode geschämt, wenn ich einer Bewerberin gegenüber hätte zugeben müssen, dass ich überhaupt nicht weiß, welchen beruflichen Hintergrund sie hat und welche ihre letzte berufliche Station war. Aus dem Grunde habe ich vor dem Vorstellungsgespräch immer noch mal die Unterlagen der Kandidatin durchgelesen anstatt durch Desinteresse und mangelnde Information im Vorstellungsgespräch zu glänzen.

Vor allem ist mir ganz unangenehm aufgestoßen, von der Tatsache, dass meine Unterlagen bis auf der Lebenslauf gar nicht gelesen wurden, mal abgesehen, dass alles, was ich an beruflichen Kompetenzen erworben habe, schlichtweg abgewertet wurde, so als wenn ich nur das paraphrasiere, was andere sagen in meinen Artikeln. Dass dies nicht so ist, kann ich guten Gewissens von mir sagen - der Arroganzling musste ja nicht von sich auf andere schließen und das finde ich schon einigermaßen anmaßend bis arrogant, wenn jemand sich so gegenüber Bewerbern benimmt und sich ins seiner pseudofreundlichen Art für den Nabel der Welt hält.

An der einen oder anderen Stelle wollte er mich auch bewusst falsch verstehen, das konnte man so richtig merken, denn offenkundiger ging es wirklich nicht mehr, auch wenn er sich wahrscheinlich für pfiffig bis witzig hielt - da war er aber auch der Einzige. "Wenn Sie doch so gerne mit Menschen arbeiten, hätten Sie ja auch in einem Call Center anfangen können..." AAAAARGHHH!!! Dazu muss man allerdings wissen, dass Herr Selbstgefällig für die Ausbildung von Call Center Agents zuständig ist, haha. Ich habe ihm, zumal ich das zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste, auch mal direkt gesagt, was ich von der Arbeit in einem Call Center halte, nämlich nichts. Da der Laden aber mit der Arbeitsagentur und dem Jobcenter Essen zusammenarbeitet, wundert es mich jetzt auch nicht mehr, dass die Arbeitsagentur Essen letztes Jahr auf der Info-Veranstaltung für künftige Hartz IV-Empfänger den Teilnehmern die schlecht bezahlte, vielfach nicht gerade seriöse Arbeit in einem solchen schmackhaft machen wollte.

Auf jeden Fall fiel dieses Gespräch unter die Kategorie "Vorstellungsgespräche, die die Welt nicht braucht".  Das steht aber komischerweise seltenst in der Zeitung, da ist dann immer nur von Bewerbern mit schlechtem Benehmen die Rede - von Personalern, die die Substanz einer verschossenen Patronenhülse haben und vor lauter Arroganz und schlechtem Benehmen kaum noch laufen können, steht aber selten mal was in der Zeitung. Wenn ich von dort eine Absage bekomme, werde ich deswegen nicht traurig sein - verarschen kann ich mich nämlich alleine.  Vermutlich hat mein Gesprächspartner erst kürzlich das Buch gelesen "Ich bin okay - du bist doof!" :o)

Solange es Personalverantwortliche wie diesen jungen Mann gibt, wundert es mich jedenfalls auch nicht mehr, dass auch viele Fachkräfte mittlerweile auf Hartz IV angewiesen sind - solche suchen sich schließlich die auf dem Arbeitsmarkt aus, die in ihr komisches Weltbild passen, haha.

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