Mittwoch, 26. Mai 2010

Haben es schönere Menschen wirklich immer leichter?

Vor gut einer Stunde habe ich eine eigene Pressemitteilung zu meiner am kommenden Dienstag stattfindenden Lesung unter www.pressemitteilung.ws online gestellt und natürlich auch interessehalber die Mitteilungen anderer Personen und Firmen gelesen. Die Überschrift einer Pressemitteilung beinhaltete sinngemäß, dass auch schöne Zähne ein Weg zum Erfolg sind - das ist natürlich richtig, denn ich werde auch lieber von jemandem mit gepflegten Zähnen angelacht als von jemandem mit mehreren Zahnlücken und total kariösen, angefaulten Beißerchen...

Nur das, was der Überschrift folgte, hatte wieder etwas sehr Klischeehaftes und ich meine mich erinnern zu können, eben jenen Satz schon in zig anderen Artikeln mit exakt dem gleichen Wortlaut gelesen zu haben: Schöne Menschen werden eher zu Vorstellungsgesprächen eingeladen, eher eingestellt und verdienen 5 bis 10 % mehr als ihre weniger schönen Kollegen. Klar gibt es immer Personalchefs, die eher mit der unteren Körperhälfte denken und deshalb sehr gutaussehende Bewerberinnen bevorzugt einladen, aber es ist nicht die Regel. Unter unseren Kunden ist niemand dabei, der wie ein Model oder Dressman aussieht, obwohl sich viele von ihnen gut sehen lassen können (manch oberflächlichem Typen würde das aber wahrscheinlich der eigenen Definition von "schön" widersprechen) und trotzdem erhalten viele von ihnen regelmäßig Einladungen zu Vorstellungsgesprächen - auch die vermeintlich "nicht so Schönen". Immerhin geht es normalerweise bei der Besetzung eines Arbeitsplatzes um Fachkompetenz und nicht um Modelmaße.

Umgekehrt leiden viele ArbeitnehmerInnen, die wirklich gemeinhin als sehr gut aussehend eingestuft werden, unter einem ganz anderen Klischee: Sie werden zwar möglicherweise aufgrund ihres Aussehens eingestellt, aber wenn ihnen Ungerechtigkeiten widerfahren oder sie etwas Sinnvolles, Stichhaltiges zu einer Diskussion beizutragen haben, folgen oft Antworten wie diese: "Sie werden hier für's Repräsentieren und nicht für's Denken bezahlt!" Gemeinhin werden schönen Menschen offenbar in der Arbeitswelt Intelligenz, Denk- und Merkvermögen, eigene Meinung etc. abgesprochen und darunter leiden diese hübschen Arbeitnehmer genauso wie jeder andere auch.

Und wenn Schönheit tatsächlich so essentiell für hohe Positionen ist, dann fragt man sich angesichts einiger, im Fernsehen häufig präsenter Vorstandsmitglieder und Politiker, wie die dann an ihren Posten gekommen sind - das Aussehen kann dann eigentlich keine Rolle gespielt haben, wobei dies für die Arbeitswelt ohnehin unerheblich sein sollte. Klar soll jemand sauber und gepflegt sein und nicht zehn Meilen gegen den Wind stinken, aber diese Reduzierung auf reine Äußerlichkeiten, die in einigen Fällen vor der fachlichen und menschlichen Eignung für eine bestimmte Stelle zu kommen scheinen, sind echt zum Kotzen. Motto: "Du kannst birnig, link und dumm wie Brot sein - Hauptsache, dein Outfit stimmt oder mir passt dein Äußeres in den Kram!" Das kann's nicht sein und deshalb finde ich solche Werbebotschaften auch eher fragwürdig, vor allem, wenn die dann auch noch bei irgendwelchen Vorrednern 1.000-mal abgekupfert wurden.

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