Donnerstag, 25. August 2011

Anonym rumstänkern kann jeder

Renate und ich mailten uns gerade über die Unsitte, andere in Artikeln oder Kommentaren gnadenlos zu dissen, herabzuwürdigen oder anzustänkern - bei Print-Medien ist wenigstens noch der Vorteil, dass die Redaktionen in aller Regel nur namentlich gekennzeichnete Beiträge veröffentlichen, aber im Internet passiert das ja anonym, ohne Unterschrift, ohne Namensangabe, ohne irgendwas, was noch viel feiger und hinterrücks ist, zumal manche Kommentare im Internet kaum den Anforderungen an gutes Deutsch genügen. Renate echauffierte sich über den Kommentar in einer Pferdezeitschrift über Tamme Hanken, der wohl sehr viel Ahnung von seinem Fachgebiet hat, aber dort ohne nähere stichhaltige Begründungen ziemlich plattgeschrieben wurde. Wenigstens musste der Verfasser des Beitrags aber noch seinen Namen angeben und kann somit namentlich hinter dem stehen, was er da zu Papier gebracht hat.

Wir kamen darauf, weil ich heute eher zufällig eine anonyme Internet-Bewertung über meinen Stationsarzt aus'm Philippusstift gefunden habe auf einem Portal, auf dem man Ärzte aller Art bewerten kann. Hm, was soll ich sagen? Abgesehen davon, dass die Dame oder der Herr sich ja noch nicht mal namentlich oder wenigstens mit Nickname zu erkennen gegeben hat, mutet es merkwürdig an, dass der Verfasser der Beurteilung am 5. August 2011 eine vernichtende, wenn auch nicht sehr fundierte Beurteilung über den Stationsarzt (damals noch Assistenzarzt) schreibt, die Behandlung der Mutter des Verfassers aber bereits im Januar/Februar 2009 stattgefunden hat.

Das mutet doch etwas merkwürdig an - wenn ich was zu kamellen habe, dann tue ich das doch direkt nach Abschluss der Behandlung und auch nicht anonym im Netz, sondern mit einem Brief ans Krankenhaus bzw. den zuständigen Ober-/Chefarzt oder, wenn es ein niedergelassener Arzt ist, an die zuständige Ärztekammer. Als ich im Januar 2002 im Philipp lag wg. Thrombose inklusive peripherer Lungenembolie, hatte ich wirklich ne ziemliche Bratbirne als Stationsarzt auf der Inneren, der sich aber für den Größten hielt, obwohl er gar nix wusste. Direkt nach Abschluss der Krankenhausbehandlung habe ich meine Meinung über den jungen Mann aber nicht anonym im Internet kund getan, sondern in einem fünfseitigen Brief an den Klinikchef erläutert, warum ich mich beschwere und habe das auch mit medizinischem Wissen untermauert anstatt da nur Pauschalierungen wie "ist unfähig" oder aus dem Zusammenhang gerissene Aussagen wie "hat nicht die entsprechenden Behandlungsmaßnahmen eingeleitet" von mir zu geben. Da könnte einem fast der Verdacht kommen, dass sich da jemand in seinem Status als Privatpatient nicht genug gewürdigt gefühlt hat - wenn das demjenigen aber erst nach 2,5 Jahren einfällt, dann zweifelt man schon an der Seriosität einer solchen Beschwerde. Mein Brief war auch nicht anonym, sondern mit Name, An- und Unterschrift versehen, da ich im Gegensatz zu manchen Feiglingen, die nur anonym rumstänkern können, auch mit meinem Namen hinter dem stehe, was ich von mir gebe - egal, ob im Blog, in Artikeln, Mails oder Briefen.

Die Zusammenhänge bzw. die Vorgeschichte wurden auch nicht näher erläutert. Auf jeden Fall ist mir aufgefallen, dass der Verfasser der anonymen Beschwerde ein ganz anderes Bild von dem Arzt gezeichnet hat wie das, was ich vor zwei Monaten gesehen habe - er war umsichtig, vorsichtig, ruhig, besonnen, freundlich, introvertiert, kompetent und nicht das arrogante, inkompetente A....loch, als das er in diesem Beitrag dargestellt wird. Bei ihm hatte ich jedenfalls zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass es gerade lebensgefährlich für mich wird, weil er so gar nicht weiß, was er tun soll - ich hab zwar durch mein APS leider auch schon genug Ärzte kennen gelernt, die tatsächlich im Nebel stochern oder mich nicht ernst genommen haben und mich dadurch wirklich ernsthaft in Gefahr gebracht haben, aber das war bei ihm überhaupt nicht der Fall. Er hat mir auch immer erklärt, warum er jetzt gerade dies oder jenes macht bzw. veranlasst und ich hab recht schnell gemerkt, dass ich ihm vertrauen konnte. Ich hab ihn nicht nur in der Notaufnahme erlebt, sondern auch auf Station, und auch da war er ruhig, freundlich, besonnen und hat sich gekümmert - und das nicht nur im Umgang mit mir, sondern auch mit anderen Patienten. Ich kann mir auch kaum vorstellen, dass er im Jahr 2009 ein absoluter Vollhorst war und im Jahr 2011 auf einmal voll nett und kompetent geworden ist - an die Mär von Saulus zum Paulus glaube ich da eher weniger.

Leider lässt der Beschwerdeverfasser den Leser auch im Unklaren darüber, warum der Stationsarzt denn Türen schlagend das Zimmer verlassen hat. Hm, kann man durch Arroganz erklären - muss man aber nicht. Ebenso ist es auch denkbar, dass der Verfasser mal eben unterschlägt, was er selbst durch sein Benehmen möglicherweise zu solch einer Situation beigetragen hat - einen aufbrausenden bis cholerischen Eindruck machte mir der Stationsarzt eigentlich nicht, eher im Gegenteil. Ich denke eher, wenn er wütend wird und dann wirklich ne Tür hinter sich zufeuert, dann wird das schon einen guten Grund gehabt haben - und ganz bestimmt nicht, weil er meinte, ohne Ober- und Chefarzt auskommen zu können, weil er sich für Gott hält.

Es ist auch ziemlich fragwürdig, wie man jemanden in einem Siebenzeiler adäquat beurteilen will - da bleibt natürlich nicht viel Platz für fundierte Aussagen, die die eigene Meinung untermauern. Die Frage ist, wer da jetzt unfähig ist, auch wenn die Beschwerde wenigstens in gutem Deutsch verfasst ist. Jetzt sind angeblich auch noch Laborbefunde aus der Krankenakte verschwunden...hm, die werden einem eigentlich mit dem Entlassungsbrief zusammen ausgehändigt bzw. übersandt. Da hätte man ja auch mal etwas eher im Philipp kamellen können, wenn ich keine Laborbefunde zusammen mit meinem Brief erhalte. Hihi, ich glaube, ich muss mal demnächst im Philipp kamellen, da mir zwar ein vorläufiger Entlassungsbericht vorlag, aber der endgültige noch aussteht, haha!! Dafür brauche ich aber kein anonymes Internet, da reicht ein freundlicher Anruf im Krankenhaus bzw. auf der Neurologie. Ich werde das auch zeitnah tun und nicht erst in 2,5 Jahren, wenn mir irgendne Laus über die Leber gelaufen ist :o).

Gut, zehn Tage für ne solide Diagnose ist erst mal ein langer Zeitraum, aber es gibt auch Erkrankungen, die lassen sich nicht binnen zwei Stunden diagnostizieren wie ne Grippe, so z. B. rheumatische Erkrankungen, erworbene Blutgerinnungsstörungen etc. Über die Erkrankung seiner Mutter lässt der Verfasser den Leser ja auch im Unklaren, aber Hauptsache, ich hab mal anonym rumgenöhlt und meinen Status als Privatpatient untermauert. Wirklich beeindruckend (oder auch nicht).

Ich kann zwar nicht darüber urteilen, ob da wirklich was schief gelaufen ist und wer sich da an welcher Stelle möglicherweise nicht ganz korrekt verhalten hat, aber mich nervt einfach dieses anonyme Rumhacken auf jemandem - und dann auch noch ohne irgendwelche fundierten Begründungen, genau wie der total bescheuerte Schlusssatz "Es ist unverantwortlich, dass solche Ärzte praktizieren dürfen", denn das hat Moralapostel-Niveau (also gar keins). Da hat derjenige ja nicht drüber zu befinden - genauso wenig wie ich dazu das Recht hätte. Ich bin weiß Gott kein Fan vom Philippusstift, weil ich da auch schon einiges erlebt habe, was ich nicht wirklich prall fand, aber über meinen letzten Aufenthalt auf der Neurologie/Stroke Unit und über meinen Stationsarzt habe ich nun überhaupt keinen Grund, mich zu beschweren, eher im Gegenteil. Ich fühlte mich da in jeder Hinsicht gut aufgehoben - menschlich, medizinisch - und das ist ja auch gut so, wobei ich angesichts früherer Erfahrungen wirklich angenehm überrascht war.

Es fällt auch auf, dass Negatives stets viel häufiger zur Sprache kommt als Positives - über schlechte Erfahrungen mit Handwerkern, Ärzten, Lieferanten, Kunden, Firmen etc. wird viel mehr Geschiss gemacht als darum, wenn jemand seinen Job wirklich gut gemacht hat und man vollauf zufrieden war. Deshalb freuen wir uns hier in unserem kleinen bescheidenen Projektbüro über Mails von ehemaligen Kunden, die sich explizit für die gute Zusammenarbeit bedanken und auch über gute Beurteilungen in Feedback-Bögen, die wir jedem Abschlusspaket beifügen mit der Bitte um Rücksendung - wobei die Rücklaufquote da eher gering ist. Da nicht nur ich mich über positives Feedback von Lesern, Kunden etc. freue, sondern mir auch gut vorstellen kann, dass sich andere, die mit mir zu tun haben, sich auch über ein Lob von mir freuen, habe ich meinem Stationsarzt sogar ein kleines Dankesbriefchen geschrieben (ich hoffe, er ist nicht vor lauter Verlegenheit hinten übergekippt *schmunzel*), weil ich mich bei ihm gut aufgehoben gefühlt habe und es an seiner Behandlung überhaupt nix auszusetzen gab. Ich fand's z. B. total gut, dass er, als ich ihm meine Doppelbilder schilderte und ihn darauf hinwies, dass ich an einem APS leide, mich nicht nur auf Schlaganfall untersucht hat, sondern auch auf andere mögliche Erkrankungen, die diese Beschwerden erklären könnten. Natürlich war ich in den ersten Minuten erst mal auf der Hut, da ich ja mit Ärzten auch schon einiges er- und überlebt habe, aber ich hab wie gesagt schnell gemerkt, dass ich mir keine Sorgen machen muss und bei ihm in guten Händen bin, zumal er angenehmerweise auch nicht auf die Idee gekommen ist, mit gefährlichem Halbwissen über meine Krankheit zu glänzen (das tun leider viele Ärzte, auch wenn sie vom APS keine oder nur wenig Ahnung haben) - ihm schien das was zu sagen, dann hat er nicht viel um den heißen Brei rumgeredet, sondern einfach getan, was zu tun war und mich natürlich auch immer nach bestimmten Dingen oder Symptomen gefragt. So soll es ja auch sein.

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