Dienstag, 14. Mai 2013

Leserkommentare die Zweite

Ich freue mich normalerweise immer über Reaktionen von Lesern - nur, wenn die an Niveaulosigkeit und luftleerem Gewäsch kaum noch zu überbieten sind, fällt mir immer der Vergleich von einem meiner Follower auf Twitter ein: "Die Ausgeburt der Hölle" - das schrieb er mal über manche youtube-Kommentatoren :o).

Ich hatte neulich einen Artikel online gestellt zu der Frage, wie man sich verhalten soll, wenn man von der Arbeitsagentur - nicht zu verwechseln mit dem Jobcenter - ausschließlich unpassende Stellenangebote bekommt. Mein Tipp war: entweder mit dem Arbeitsvermittler über die Problematik sprechen oder die Bewerbungen rausschicken, aber nicht soviel Mühe geben wie bei Bewerbungen, für die man sich ernsthaft interessiert. Beides geht in der Praxis, das weiß nicht nur ich, sondern auch viele andere, die schon mal unfreiwillig von der Arbeitsagentur betreut wurden, weil arbeitslos geworden.

Hm...der Kommentar bestand zunächst mal aus dem Wort "Unfug", dann folgte ein ellenlanges Zitat aus den Hartz IV-Gesetzen - wohl gemerkt: Es ging hier nicht um Jobcenter bzw. Hartz IV, sondern um ALG I und Arbeitsagenturen. Danach bewies der Kommentator in seiner unendlich geistreichen Art, dass er die Tastenkombinationen Strg + C und Strg + V meisterhaft beherrscht, denn er kopierte in seinen Kommentar einen langen Auszug aus dem Gesetzestext zum SGB II, also Hartz IV. Dann kam das übliche Klischee-Blabla, dass man alles annehmen müsse und da keine Wahl hätte, die Arbeitsagenturen einem auf Teufel-komm-raus alles schicken usw. Wie dann auch einer meiner anderen Leser richtigerweise anmerkte, fand er den Artikel nicht blödsinnig, denn es ist bei der Arbeitsagentur ein bisschen anders als beim Jobcenter, und ich kann aus meiner Erfahrung NICHT bestätigen, dass einem die Arbeitsagentur nur Blödsinn und alles Mögliche anbietet bzw. man da alles annehmen bzw. sich bewerben muss. Bis jetzt war ich mit meinen Arbeitsvermittlern in den Jahren 2010, 2012 und 2013 in der Hinsicht sehr zufrieden. Mein aktueller Arbeitsberater merkte auch an, dass er mir nicht blindlings alles schicken würde und dass es solche Vorgaben auch eigentlich nicht gibt. Da hat der werte Leser, der immerhin vorzüglich Strg + C bzw. Strg + V beherrscht (tolle EDV-Kompetenz, wirklich), wohl Pech gehabt mit seinem Vermittler (oder Vermittlerin) und war offensichtlich außer Stande, die Arbeitsagentur vom Jobcenter zu unterscheiden...

Sorry, über solche Kommentare kann ich nur müde grinsen und auch über Leute, die offenbar nicht viel mehr können als Gesetzestexte kopieren, und dann auch noch im falschen Zusammenhang. Da habe ich mich gefragt, ob er auch seine Mitmenschen denunzieren würde, wenn er von "höherer Stelle" dazu aufgefordert wird, denn von kritischer Reflexion konnte bei dem Bla-Bla wirklich keine Rede sein.

In einem anderen Artikel ging es darum, dass der Bewerber keine Massendrucksachen versenden soll, sondern sein Interesse am Unternehmen und an der Tätigkeit individuell zum Ausdruck bringen sollte. Ich hab an keiner Stelle geschrieben, dass der Bewerber nur EINE Bewerbung rausschicken und sich an das Unternehmen anbiedern soll - er soll lediglich keine Massendrucksachen verschicken, die angeblich auf alle Unternehmen passen oder eben auch nicht.

Der werte Kommentator stellte es so dar, als wenn ich meine Arbeit suchenden Leser dazu auffordern würde, nur eine Bewerbung an ein Unternehmen zu schicken - nee, das funktioniert schon in der Praxis nicht und steht da auch mit keiner Silbe, aber wer lesen kann, ist klar im Vorteil, und wer zudem auch noch sinnentnehmend lesen kann, ist noch viel mehr im Vorteil, haha. Dann outete sich der Gute auch noch als Personaler, der sich über individuell formulierte Bewerbungen tot lachen würde - okay, dann wissen die Bewerber ja, wie er über sie denkt (sind wohl für ihn nur lästiges Übel, über das man lästern kann - das lästige Übel sichert aber seinen Lebensunterhalt). Wenn noch mehr solche Flachzangen in den Personalabteilungen sitzen, die auf unpersönliche Massendrucksachen stehen und nur anonym im Internet rumkamellen können, dann müssen sich auch die gut qualifizierten Bewerber nicht über manche unpersönliche bis unfreundliche Absage wundern. Soviel Anonymität und dummes Gesülze, was komplett am Inhalt des Artikels vorbei geht, bringt mich eher zum Grinsen.

Mit Leserkommentaren haben ja auch viele meiner Autorenkolleginnen und -kollegen so ihre Erfahrungen gemacht - da kamen schon mal Drohanrufe/Schimpftiraden, Auflauern und Lamentieren vor der Wohnungstür und ähnliche Scherze. Gerade die Neulinge unter den Autoren waren dann immer sehr geschockt, aber bei manchen Kommentatoren gilt offenbar wirklich: Wenn der Kuh zu wohl ist, geht sie auf's Glatteis :o).

Diesen Menschen kann man aber immerhin noch zugute halten, dass sie sich outen bzw. zeigen, wer sie sind, aber Leute, die nur anonym im Internet alles sinnfrei kommentieren, sind echt die Pest. Wie soll man denn jemanden für voll nehmen, der sich hinter nem Nickname versteckt und dann auch nur dummes Zeug von sich gibt, das mit dem eigentlichen Inhalt des jeweiligen Artikels gar nix zu tun hat? Kein Wunder, dass der Publizist Henryk M. Broder mal sagte "Das Internet macht dumm." - bei solchen anonyme Kommentaren ohne Zusammenhang und Sachlichkeit kann einen dieser Verdacht wirklich beschleichen.

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