...kommt da nicht viel bei rum. Im konkreten Fall geht's um Menschen, die, wenn sie arbeitslos werden, direkt auf Hartz IV angewiesen sind, weil das ALG I nicht reicht oder die Anwartschaftszeit zu kurz war. Natürlich kommentiert die Journaille das so, dass es doch positiv ist, dass angeblich weniger Menschen direkt in Hartz IV abrutschen - komisch, die Zahl der Fälle hat aber zugenommen. Eine Sprecherin der Arbeitsagentur verwies darauf, dass es für Hartz IV-Empfänger ja auch total okay sei, nur ein paar Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt zu sein, um dann bei erneutem Verlust des Arbeitsplatzes erneut auf staatliche Hilfen angewiesen zu sein. Geht's noch?
Jeder Mensch hat ein Recht darauf, von seinem Gehalt unabhängig von staatlichen Hilfen leben zu können - egal, ob er nun Bäcker, Maurer, Schlosser, Banker oder Bürokaufmann ist. Dass die Zahl der prekären Arbeitsverhältnisse mit Dumping-Löhnen und/oder sehr kurzer Befristung zugenommen hat, ist eigentlich traurig, wird aber im Zusammenhang mit dem ganzen Grundübel nur am Rande erwähnt, so als wenn das auch noch total normal wäre. Und da wundern sich manche Politiker und Experten, dass viele Paare auf Kinder verzichten oder sich kein eigenes Auto anschaffen - tja, wenn der eigene Arbeitsplatz so unsicher und schlecht bezahlt ist, verzichtet man wohl besser darauf. Als Sesselfurzer mit nem Nettoeinkommen von über 2.000 Euro blendet man diesen Aspekt aufgrund reichlich beschränkter, egomanischer Weltsicht wohl total aus.
Der Mindestlohn in unterschiedlichen Branchen war ja lange Zeit Zankapfel im Bundestag und die Wirtschaft - die vielfach ihr soziales Gewissen verloren hat, denn sonst würden sie solche prekären Arbeitsverträge nicht abschließen - meinte, dann gingen Arbeitsplätze verloren (klar, wenn man vernünftig zahlen muss, verzichten manche Arbeitgeber gerne auf einige Arbeitskräfte, denn alles, was sie ihren Angestellten mehr zahlen, fehlt ihnen ja am eigenen Luxus...). Während das Thema Mindestlohn also monatelang ein Zankapfel war, sind die Politiker aber ganz schnell mit ihren eigenen Gehaltserhöhungen, also Diätenerhöhung. Schön wäre es, wenn sie auch mal bei anderen Dingen so schnell wären wie bei ihrer eigenen Brieftasche.
Auch dieses ewig dumme Gelaber, dass angeblich nur gering qualifizierte Arbeitskräfte arbeitslos werden, ist ein Ammenmärchen, aber vielleicht denkt die Journaille ja, dass es richtiger wird, wenn sie's tausendmal schreiben. Ich wusste auch gar nicht, dass Bäcker - immerhin ein anerkannter Ausbildungsberuf mit drei Jahren Ausbildungszeit - auch zu den Geringqualifizierten zählen, denn ein Stundenlohn von 5,26 Euro ist der blanke Hohn. Wenn das doch die ganzen ach so hoch qualifizierten Krawattenträger besser können, können sie uns ja die Brötchen backen - was dabei raus kommt, möchte ich lieber nicht wissen bzw. dann würde ich künftig komplett auf Brötchen zum Frühstück verzichten.
Und auch wenn's keiner lesen will: Auch die Zahl arbeitsloser Akademiker steigt, denn prekäre Beschäftigungsverhältnisse, befristete Arbeitsverhältnisse, Restrukturierungsmaßnahmen, Firmenaufkäufe etc. machen auch vor Menschen mit universitärem Abschluss nicht Halt bzw. nicht jeder Akademiker verdient über 4.000 Euro brutto pro Monat. Vor dem Niederschreiben von Klischees und veralteten Sachverhalten das Gehirn einschalten, sage ich da nur.
Gleichwohl werden Menschen, die einen handwerklichen Beruf erlernt haben (Bäcker, Friseure, Schreiner etc.) ebenso gebraucht wie Arbeitskräfte, die verwalten, organisieren und budgetieren. Das Eine ist aber nicht besser wie das Andere, deshalb ist eine Schere zwischen Millionengehältern für Investment-Banker, die den Karren gegen die Wand gefahren haben, und "einfachen" Arbeiten absolut ungerechtfertigt, denn auch ein Handwerker oder eine Anlernkraft haben das Recht auf eine dauerhafte, vernünftig entlohnte Beschäftigung, die ein Leben unabhängig von ALG I und Hartz IV ermöglicht. Alle Menschen sind gleich - manche aber wohl gleicher als andere, wie schon George Orwell in seinem Klassiker "Farm der Tiere" feststellte.
Wenn heute noch mal ein Watergate-Skandal stattfinden würde wie damals in den 70ern rund um den damaligen US-Präsidenten Richard Nixon, glaube ich heute kaum, dass irgendein Journalist den aufdecken würde oder könnte, weil das ja dem Klischee des integeren Politikers widerspricht bzw. weil man dann mal Rückgrat und Eigeninitiative zeigen müsste. Damals haben zwei Journalisten Watergate ja aufgedeckt, aber heute kann ich mir das ehrlich gesagt kaum vorstellen, da die oft auch nur noch alles widerkäuen, was ihnen vorgesetzt wird, denn so spart man sich ja lästige Arbeiten wie Denken, Aussagen überprüfen und Recherchen anhand der Realität.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen