Dienstag, 15. Juli 2014

Mal wieder beim Doc

Heute Morgen habe ich den Befund aus dem Philipp bei meinem Doc abgegeben, damit der Arztbrief auch dort in den Akten ist. Specki hatte sich ja letzte Woche die relevanten Punkte abgeschrieben und in meine elektronische Akte aufgenommen. Sonst geht's mir aber gut, keine Sorge :o).

Mein Doc hatte zwar Urlaub, aber sein Kollege war ja da, mit dem ich den Arztbrief besprechen konnte. Ansonsten habe ich heute früh einen INR von 2,9 gemessen, d. h. er befindet sich im therapeutischen Bereich *freu*. Ich habe die Wochendosis leicht erhöht, nämlich von 2,75 auf drei Marcumar-Tabletten. Falls das nicht reichen sollte, müsste ich notfalls auf 3,25 Tabletten pro Woche steigern, deshalb kontrolliere ich meinen INR noch mal in vier Tagen. Normalerweise reicht ja eine wöchentliche Kontrolle, aber jetzt nach dem Zwischenfall Anfang Juli ist es besser, die Kontrolle zumindest anfangs engmaschiger durchzuführen, zumal ich dann auch rechtzeitig sehen kann, ob drei Tabletten pro Woche ausreichend sind oder ob ich doch noch geringfügig auf 3,25 Tabletten steigern muss.

Ansonsten wundere ich mich öfter, dass es immer noch eine Reihe von Ärzten gibt, die über das APS, auch als Hughes-Syndrom bekannt, so gar nicht Bescheid wissen. Meine Ärzte zählen zum Glück nicht dazu, denn die kennen die Krankheit und ihre bisweilen unerfreulichen Kapriolen, die sie schlagen kann, aber leider habe ich zwischen Mai 2008 und Juni 2011 genug erlebt, was ärztliche Inkompetenz oder auch ärztliches Desinteresse betrifft. Einige Dinge wie z. B. der Hörsturz am 3. Juli 2010 und die Arterien-OP im Januar 2011, hätten mir nämlich erspart bleiben können, wenn einige Ärzte nicht sanft vor sich hingepennt hätten oder alles abgetan hätten, denn ich hatte jeden Arzt, bei dem ich neu in Behandlung war und der meine Krankengeschichte nicht kennen konnte, über meine Krankheit informiert, aber das wurde meist ohne weitere Konsequenzen zur Kenntnis genommen, so nach dem Motto "Das APS ist was zum essen." oder "Frauen sind ja eh immer nur hysterisch, also am besten gar nicht ernst nehmen bzw. ignorieren." Bei meiner Bekannten Linda, die mittlerweile in Siegen lebt und studiert und ebenfalls am APS leidet, hat niemand ihre Beschwerden ernst genommen - noch nicht mal, als sie eines Tages mitten in der Siegener Fußgängerzone stand und plötzlich von einer auf die anderen Minute einen neurologischen Totalausfall hatte, denn sie war vorübergehend blind. Ihr damaliger Hausarzt tat den temporären vollständigen Verlust des Sehvermögens mit den Worten ab: "Das ist hysterische Blindheit." Ich würde sagen, diese Konifere von Mediziner hat ein bisschen zuviel Siegmund Freud gelesen, aber mehr auch nicht *grummel*. Zum Glück hat sie mittlerweile auch die richtigen Ärzte und ihr APS bzw. Marcumar ist m. W. derzeit gut eingestellt.

Mir war zwischen August 2010 und Juni 2011 öfter mal schwindelig, aber auch das wurde immer nur abgetan als "Ach Frau Döll, damit müssen Sie jetzt leben." Komisch, vorher hatte ich keinen Schwindel und niemand hat sich die Mühe gemacht, mal die Ursache für den plötzlichen Schwindel heraus zu finden, denn: Frauen sind ja immer nur hysterisch *kill*. Erst am Abend des 20. Juni 2011, als ich an meinen damaligen sehr fitten Stationsarzt im Philipp geriet, hatte ich mal Glück, denn er hat die Ursache für meine Schwindelattacken direkt am nächsten Tag nach der MRT-Untersuchung des Schädels rausgefunden: kleine punktförmige Läsionen am Hirnstamm, die dann jeweils den Gleichgewichtssinn in Mitleidenschaft gezogen haben. Allerdings hat er sich im Gegensatz zu einigen Ärzten früher mal die Mühe gemacht, sich nicht nur auf sein bloßes Auge zu verlassen, sondern meine Schädelaufnahmen mal mit Lupe und Mikroskop nach Mikro-Einschlägen abzusuchen. Tja, er hat acht Stück gefunden - und damit auch die Ursache für die Schwindelattacken, die übrigens nie wieder aufgetreten sind, nachdem mein INR mal in den therapeutischen Bereich von 2,5 bis 3,0 angehoben wurde - mein damaliger Hausarzt ist nämlich strikt nach Lehrbuch gegangen und meinte, ein INR ab 2,0 reicht aus. Tja, bei meiner Krankheit wird Marcumar aber gar nicht unter einem INR von 2,5 ausreichend wirksam, aber vom Antiphospholipid-Syndrom ist in medizinischen Büchern leider auch nur selten die Rede. In meinem Buch "Gerinnungsselbstmanagement leicht gemacht" von Dres. Bernardo/Hallhuber, das ich im Februar 2011 nach erfolgreich abgeschlossener Gerinnungsselbstmanagement-Schulung im Elisabeth-Krankenhaus bekommen habe, stehen auch nur therapeutische Bereiche mit INR 2,0 - 3,0 (niedrig), 2,5 - 3,5 (mittel) und 3,0 - 4,0 (hoch) drin, aber auf Sonderfälle, die andere therapeutische Bereiche notwendig machen, wird in dem Buch auch nicht eingegangen - deshalb steht da auch nicht drin, dass bei einem APS mindestens ein INR von 2,5 notwendig ist, um eine ausreichende Wirkung von Marcumar zu gewährleisten. Da werden Thrombophilien aller Art, zu denen ja auch das Antiphospholipid-Syndrom zählt, mal am Rande erwähnt, aber sonst finden eher die "Marcumar-Klassiker" wie Herzklappenersatz oder Herzinfarkt Berücksichtigung.

Als ich jetzt zwischen 3. und 7. Juli im Philipp lag, hatte ich zwar einen gut informierten Oberarzt auf der Stroke Unit, aber einige Assistenzärzte haben auch da wieder nur Klischees widergekäuft *stöhn*. In der Notaufnahme habe ich die behandelnde Neurologin darauf hingewiesen, dass mein INR derzeit bei 2,4 - also knapp unterhalb des therapeutischen Zielbereichs - liegt und am Vortag sogar nur bei 2,2 lag, doch sie meinte dann lapidar, dass das doch normalerweise ausreicht. Jaaaaa, normalerweise...ich bin ihr dann direkt in die Parade gefahren und habe sie höflich darauf aufmerksam gemacht, dass ein APS mindestens einen INR von 2,5 benötigt und dass sie das sogar im Internet nachlesen bzw. bei Specki in Werden nachfragen könnte. Danach war dann Ruhe im Karton.

Auf der Stroke Unit fragte mich die Stationsärztin allen Ernstes, ob ich die Pille nehmen würde. Nee, tue ich schon nicht mehr seit Anfang 2002, denn bei der Einnahme hormonhaltiger Präparate - egal, ob Pille, Drei-Monats-Spritze oder Hormonpflaster - könnte ich direkt mein eigenes Todesurteil unterschreiben. Soviel Marcumar könnte ich gar nicht einnehmen, als dass es die gerinnungssteigernde Wirkung einer Anti-Baby-Pille aufheben könnte, mit anderen Worten: Als APS-Patientin hat man lebenslang "Pillen-Verbot" :o). Darauf haben mich sowohl Specki als auch sein Oberarzt im Jahr 2004 mehrfach hingewiesen und auch schon mein Gefäßchirurg im April 2002, als er das APS zum ersten Mal bei mir diagnostiziert hatte. APS, Marcumar und Pille vertragen sich nämlich nicht - und ich möchte mein Leben nicht durch die Pille auf's Spiel setzen, auch wenn manche Damen offenbar meinen, dass Hormonpflaster bei einem APS nicht so schlimm seien wie die Pille an sich. Na, dann: Viel Spaß bei Herzinfarkt, Schlaganfall oder sonstigem Gefäßverschluss! :o)

Nachdem ich also aufgrund der Ermangelung der Einnahme einer Pille nicht für den unerfreulichen Zwischenfall Anfang Juli verantwortlich gemacht werden konnte, wurde ich nach dem Verzehr von Vitamin K-haltigen Lebensmitteln befragt. Sorry, Vitamin K ist zwar der natürliche Gegenspieler zu Marcumar und Falithrom, aber auch als Marcumar-Patient sollte man auf seine Ernährung achten. Normalerweise hat es keine Auswirkungen auf den INR, wenn frau mal einen Teller Spinat isst bzw. Broccoli auf der Pizza hat - man soll nur keine spontanen Übertreibungen wie drei Teller Spinat oder zwei Portionen Hühnerleber veranstalten. Ähnlich wie für Medikamente gilt auch bei Lebensmitteln: Nicht jedes Medikament und nicht jedes Lebensmittel hat bei Marcumar-Patienten (dieselben) Auswirkungen. Deshalb kriege ich bei solchen Quacksalber-Ratschlägen wie "Esst drei Dosen Mildessa-Sauerkraut, wenn Euer INR mal zu hoch ist." gelinde gesagt nen Schreikrampf, denn a) muss das je nach Patient gar keine oder nur geringe Auswirkungen auf den INR haben und b) im ungünstigsten Fall kann man den INR auch zu stark durch den übermäßigen Verzehr von Vitamin K-haltigen Lebensmitteln absenken, sodass das Risiko thromboembolischer Komplikationen steigt, denn die richtige Menge ist in jedem Fall schwer zu steuern und auch abzuschätzen. Der Hinweis, dass man auf den Vitamin K-Gehalt in Lebensmitteln achten soll, erfolgt im Beipackzettel von Marcumar eher aus formaljuristischen Gründen - und bei dem Verzehr "normaler" Mengen an Vitamin K-haltigen Lebensmitteln passiert da i. d. R. auch nix mit dem INR, nur bei spontanen Übertreibungen (siehe oben) kann es schon mal kritisch werden. Soviel zum Rat selbsternannter Experten (Klugscheißer) zum Thema.

Ich kann mich auf jeden Fall an genug Fälle erinnern, in denen bei mir zu lasch untersucht wurde. Nachdem der Schwindel zum ersten Mal im Mai 2008 auftrat, hat mich die Vertretung meines damaligen Hausarztes zum MRT in der Radionlogie-Praxis am Kennedyplatz geschickt - angeblich war alles in Ordnung, wobei sich die Ärzte dort aber nicht die Mühe gemacht haben, die Aufnahmen mit der Lupe und dem Mikroskop abzusuchen. Das gilt auch analog für die MRT-Untersuchung im September 2010 bei einer Borbecker Radiologie-Praxis, denn auch die haben nix gefunden, was meinen Schwindel bzw. Hörsturz im Juli 2010 erklären konnte. Mein niedergelassener Neurologe auf der Frohnhauser Straße hatte mir damals nach dem Hörsturz Gingkobil verschrieben, weil er sagte, dass Gingkobil auch gegen Hörstürze wirksam sei, zumindest bei jüngeren Patienten - am Tag darauf hatte ich Blut im Stuhl, und zwar als hellrote Auflagerung, sodass ich das Gingkobil sofort wieder abgesetzt habe. Einen Tag später hatte ich eine verwaschene Sprache, sodass meine Mom am Samstagnachmittag mit mir in die Notaufnahme des Philipp gefahren ist. Dort geriet ich nicht nur an eine arrogante, unfreundliche Schwester mit chronisch schlechter Laune, sondern auch noch an einen desinteressierten, arroganten Arzt, der mich als Simulantin und Spinnerin abtat, zumal meine Beschwerden mittlerweile auf dem Rückzug waren - da half es auch nix, dass meine Mom in der Notaufnahme des Philipp sagte, sie habe meine verwaschene Sprache ebenfalls mehrfach gehört. Dieser wenig engagierte, unfreundliche Arzt ist zum Glück seit Jahren nicht mehr auf der Neurologie im Philipp tätig.

Erst im Juni 2011 hatte ich ja das Glück, meinen damaligen Stationsarzt der Neurologie in der Notaufnahme des Philipp kennen lernen zu dürfen - und der hat ja binnen weniger Tage alles wett gemacht, was andere Ärzte in den Vorjahren komplett versaubeutelt haben. Auch auf der Station und vorher auf der Stroke Unit hat er sich vorbildlich um mich gekümmert und alles Notwendige an Untersuchungen durchgeführt bzw. veranlasst, um weitere Komplikationen bzw. das Übersehen weiterer Katastrophen auszuschließen. Dafür bin ich ihm bis heute dankbar, hatte aber bis dato leider noch nicht die Chance, mich persönlich bei ihm für sein Engagement, seine Hilfsbereitschaft, seine Betreuung und seine Umsicht zu bedanken :o((. Schade, dass auch er seit einigen Jahren nicht mehr im Philipp tätig ist. Leider habe ich bis dato auch nicht rausfinden können, wo er jetzt arbeitet, denn sonst würde ich meinen Kadaver persönlich dorthin bewegen und ihm einen Blumenstrauß überreichen :o).

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