Sonntag, 5. Februar 2012

Muss man das verstehen?

Es ist ja nicht so, dass ich Automobile der Marke BMW prinzipiell ablehne - die Fahrer hingegen schon mal öfter, wenn sie sich wieder für maßlos wichtig halten - aber als ich heute in der ADAC Motorwelt einen Beitrag zum neuen BMW M5 las, fragte ich mich ehrlich gesagt, wer mindestens 103.000 Euro Basispreis berappen kann und wo man 440 PS voll ausfahren kann, zumal der Autofahrer an sich ja ohnehin schon zur Melkkuh der Nation verkommt und die Entlohnungen, die manche Arbeitgeber anbieten, schon die Finanzierung und den Unterhalt wesentlich günstigerer Fahrzeuge für viele Arbeitnehmer schwierig machen. Gleichzeitig verlangen aber die meisten Firmen schon in der Ausschreibung mindestens einen Führerschein, vielfach noch zusätzlich auch einen eigenen Pkw - und wenn jemand in einem Gewerbegebiet in der Wallachei arbeitet, das mit dem ÖPNV nicht oder nur sehr schlecht zu erreichen ist, ist er auf nen fahrbaren Untersatz angewiesen. Wie jemand von Stundenlöhnen unter zehn Euro, was bei ner Vollzeitstelle brutto maximal 1.680 Euro macht, zusätzlich zu Miete, Strom und sonstigen finanziellen Verpflichtungen noch ein Kraftfahrzeug finanzieren soll - Monatsrate, Versicherung, Sprit, Wartungskosten - bleibt wohl ein Geheimnis mancher Arbeitgeber und Politiker, die in der Regel mit den dicksten Benzinschleudern durch die Gegend kutschiert werden und bei denen die Anschaffungs- und laufenden Kosten fürs Fahrzeug noch übernommen werden, obwohl sie locker in der Lage wären, für die Verpflichtungen, die mit einem Auto zusammen hängen, selbst aufzukommen.

Ähnlich ätzend ist das Paradox, dass ausgerechnet jene Arbeitnehmer, die ohnehin schon Hungerlöhne verdienen (also weit weniger als 2.000 Euro brutto im Monat), meist auch noch die weitesten Pendelstrecken zum Arbeitsplatz bewältigen müssen, wobei die Spritkosten in Deutschland ja auch stetig steigen - nun natürlich unter dem Vorwand, dass der Iran nach dem Embargo die Straße von Hormus dicht macht. Bis dato ist die zwar noch offen, aber rein prophylaktisch kann man ja mal die Spritpreise anheben, denn Politiker finden immer einen scheinbar guten Grund, um Ottonormalbürger zu schröpfen bzw. Autofahrer. Einerseits wird das Auto in Deutschland von vielen Menschen nicht nur als Transportmittel, sondern auch als Statussymbol gesehen - für manche Schwachmaten fangen andere Menschen ja gar nicht erst unter nem 1er BMW an - andererseits werden den Autofahrern aber immer mehr Verpflichtungen auferlegt, wie auch in dem Buch "Deutschland schafft das Auto ab" dargelegt wird.

Wenigstens sind aber einige Firmen so vernünftig und schreiben schon in die Stellenanzeige rein, dass sie ausschließlich Bewerber aus einem Umkreis von maximal 20, 30 oder 50 km wünschen. Meine letzte Pendelstrecke betrug exakt 47 km und mehr möchte ich auch nicht unbedingt haben. Von elf Berufsjahren habe ich mehr als acht Pendelstrecken von mehr als 40 km zu bewältigen gehabt (einfache Strecke) - und auf die Dauer kann auch das ganz schön schlauchen, wie viele (ehemalige) Berufspendler bestätigen. Deshalb konnte ich neulich gelinde gesagt bei einem nacherzählten Fall bei "Mieten, Kaufen, Wohnen" auf VOX nur noch schmunzeln, weil der Dame neun Kilometer Weg zur Arbeit schon zu weit waren - bei angehenden Wirtschaftssoziologinnen und Lehrerinnen  wundert mich diese Haltung aber nicht, da die oftmals ganz an der Realität vorbei leben bzw. das Leben auch nur aus der Theorie kennen (rühmliche Ausnahmen bestätigen die Regel).

Die Politik preist die Zeitarbeit als Jobmotor - welchen Preis aber viele Leiharbeiter dafür zahlen müssen, darüber wird leider nicht sehr häufig gesprochen, denn neben den wenigen Zeitarbeitsfirmen, die ihre Leiharbeitnehmer vernünftig entlohnen, gibt es auch eine ganze Reihe von schwarzen Schafen in der Branche, die es vollkommen normal finden, gut ausgebildete Fachkräfte für Stundenlöhne von 7,49 Euro auf die Piste zu schicken, am besten noch ohne Fahrtkostenzuschuss und Verpflegungsmehraufwendungen. Mittlerweile schießen die Zeitarbeitsfirmen auch wie Pilze aus dem Boden, denn es gibt kaum noch eine Branche, in der es keine Arbeitnehmerüberlassung gibt - selbst bei Ärzten und medizinischem Fachpersonal ist diese Unsitte jetzt schon angekommen. Lang lebe die Aufweichung von Kündigungsschutz und equal pay! *kotz*

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