In den Frauenzeitschriften wie "Frau im Spiegel", "Echo der Frau" usw. gibt es ja auch immer einen abgeschlossenen Liebesroman, wie ich letzten Samstag wieder amüsiert festgestellt habe, als ich beim Friseur saß und meine Strähnchen einwirkten :o). Dem Trend folge ich dann auch einfach mal.
Dr. Mondschein und die Kindergärtnerin
Die Erzieherinnen - im Volksmund auch Kindergärtnerinnen genannt - Brunhilde, Vera und Michaela ziehen mit ihren Kindergartengruppen aus der KiTa an der Barchemhöhe in Essen-Bedingrade an St. Martin los, wobei Brunhilde gleichzeitig auch noch den Part von St. Martin hat. Unten leuchten die vielen Laternen der Kinder, oben am Himmel der Vollmond und die Sterne, denn Hoch Xenia sorgt am Tag für sonniges Wetter, in der Nacht für einen klaren Sternenhimmel.
Die Kinder ziehen zusammen mit ihren Kindergärtnerinnen und ihren Eltern den Reuenberg hinunter, angeführt von Brunhilde alias St. Martina auf ihrem Isländer-Pony Max, dabei singen sie fröhlich "St. Martin", "Ich geh mit meiner Laterne" und "Laterne, Laterne". Die meisten Autofahrer auf dem Reuenberg finden den Martinszug putzig und tuckern im Schritttempo hinterher, nur der krasse Krawattenträger mit dem klangvollen Namen Klaus Krawallbruder regt sich in seinem 5er BMW auf und würde die Leute am liebsten über den Haufen fahren - er fährt allerdings auch nur BMW, weil er das buchstabieren kann, bei komplexeren Markennamen wie Audi, Volvo oder Renault wäre er da schon mit seinem Latein am Ende. Max quittiert dieses blöde Gedrängele und Gehupe mit einem fetten Pferdeapfel, der genau vor dem BMW auf die Straße platscht. Danach ist mal endlich Ruhe im 5er, auch wenn Klaus Krawallbruder das Pony am liebsten anzeigen würde. Er ist jedenfalls froh, als der ganze Trupp vom Reuenberg in den Schnitterweg abbiegt. Zum Abschied lässt er noch einmal den Motor seines fahrbaren Untersatzes aufheulen, damit jeder von seiner Wichtigkeit und der Motorisierung seines Blödel-Mannschafts-Wagens überzeugt ist.
Auf der Ecke Schnitterweg/Donnerberg ist auf einer Pferdekoppel das Martinsfeuer entzündet worden, wo St. Martina ihren Mantel teilt, um eine Hälfte dem armen Bettler zu geben, der von einem Vater von einem der Kinder dargestellt wird. Während das Feuer wohlige Wärme verbreitet, denkt Michaela an ihren Internisten Dr. Mondschein, den sie - obwohl er charakterlich das glatte Gegenteil von ihr ist, denn während sie eher extrovertiert ist, ist eher ziemlich introvertiert - irgendwie faszinierend findet. Dr. Mondschein ist nur wenig älter als sie, fast 1.90 groß, schlank, hat dunkle Haare, strahlend blaue Augen und trägt eine Brille. Immer, wenn sie zu ihm in die Sprechstunde in seiner Praxis im Kraienbruch kommt, errötet er zart und wird ganz nervös. Ihre Freundin und Kollegin Vera kichert, als sie Michaela von der Seite betrachtet, in deren grünen Augen sich der Schein des Feuers widerspiegelt, denn sie ahnt, an wen bzw. was Michaela da denkt. Die passende Kulisse ist ja schon da - Mondschein, Sternenhimmel, Feuer.
Kurz nach 20 Uhr ist der Martinszug beendet, sodass die Eltern mit ihren Kindern und den Laternen den Heimweg antreten. Brunhilde bringt Max in seinen Stall und entledigt sich ihrer Kostümierung als St. Martina. Die Besitzer des Gehöfts sind so freundlich, das Feuer auf der Koppel zu löschen.
Auf der Ecke Schnitterweg/Reuenberg verabschieden sich die Freundinnen voneinander, denn sie wohnen in unterschiedlichen Richtungen. Brunhilde läuft Richtung Frintroper Wasserturm, im Volksmund liebevoll Frinti genannt, denn sie wohnt gegenüber in dem Haus, in dem auch die Kneipe "Zum Wasserturm" untergebracht ist. Vom Balkon aus wird sie wieder den Mond beobachten, während sie ein gutes Glas Grappa trinkt. Vera überquert den Reuenberg und läuft den Schnitterweg entlang Richtung Schlossstraße, denn dort wohnt sie in einer schönen Einliegerwohnung mit ihrem Hund Herkules. Michaela läuft den Reuenberg entlang Richtung Gerschede, wo sie in einem Seitenarm des Reuenbergs wohnt, der von der Hauptstraße zwischen Edeka und dem neu eröffneten Edisa-Markt abzweigt.
Der Mond steht blank wie Knochen über dem Donnerberg, als sie vom Reuenberg abbiegt. Die Venus tummelt sich in seiner unmittelbaren Nähe am Firmament, genau wie die grünlich schimmernde Sternenformation Geile Gewürzgurke. Im Schatten vor ihrer Haustür nimmt sie eine große, schlanke, männliche Gestalt wahr. Ihr klopft das Herz bis zum Hals, denn sie ahnt, wer es ist. Ihr Magen kribbelt, als wenn tausend Ameisen drin wären. Der Mann tritt aus dem Schatten hinaus ins Mondlicht und lächelt unsicher. Es ist Dr. Mondschein! Sie gehen unsicher aufeinander zu und wissen beide zunächst nicht, was sie sagen sollen. Michaela spürt, wie sie errötet, doch das tut ihr Internist auch. Sie will gerade den Mund öffnen, um etwas zu sagen, als er sie schüchtern mit seiner tiefen, markanten Stimme fragt:
"Darf ich Sie küssen?"
Michaela legt ihre Arme um seinen Hals und kann nur stumm nicken. Dann stehen sie im Mondschein und küssen sich, so als wenn sie nie wieder damit aufhören könnten. Erst das Rufen von Michaelas Vermieterin Frau Schneider, einer netten älteren Dame, die im Erdgeschoss des Hauses wohnt, holt die beiden kurzzeitig vom siebten Himmel zurück auf die Erde. Frau Schneider amüsiert sich offenbar köstlich hinter ihrem angeklappten Küchenfenster.
"Hey, Sie beide! Das waren jetzt 20 Minuten!"
Dr. Mondlicht und Michaela strahlen wie der Vollmond am Himmel. "Das sollten wir drinnen fortsetzen!", da sind sich beide einig. Sie gehen gemeinsam in Michaelas Wohnung, die ebenfalls im Erdgeschoss liegt, zumal es draußen allmählich ziemlich kalt wird. Dort machen sie Feuer im Kamin und schmusen bei einem Glas Rotwein gemütlich auf dem Flokati-Teppich vor den warmen, knisternden Flammen weiter. Mittlerweile sind beide sogar schon beim "Du" angekommen.
Happy End!
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