Samstag, 22. März 2014

Schön unkritisch

Ich liebe es immer wieder, wenn Redakteure meinen, einem die Welt erklären zu wollen und ein bisschen zu kurz denken. Als ich am Donnerstag den Kommentar eines WAZ-Redakteurs zum geplanten Mindestlohn in der BRD las, hab ich schon bald das Kotzen gekriegt und als dann gestern noch ein WAZ-Redakteur Mario Barth als "Rockstar unter den Comedians" bezeichnete, habe ich mich endgültig gefragt, ob's noch geht.

Der freundliche Redakteur, der meinte, ein Mindestlohn in Deutschland sei ein Experiment, scheint sehr wirtschafts- und arbeitgeberfreundlich zu sein, denn er schien es ja vollkommen normal zu finden, dass jemand keinen Mindestlohn bekommt und dann noch Hartz IV (sog. Aufstocker) dazu bekommt. Sorry, normalerweise sollte ein Mensch ohne amtsseitige Aufstockungen von seiner Arbeit leben können, aber um die armen Arbeitgeber zu schonen, können ja dann die Arbeitnehmer noch Hartz IV dazu beantragen, damit der Arbeitgeber auch nicht einen Cent weniger in der eigenen Brieftasche hat. Wenn dieser tolle wirtschaftsfreundliche Redakteur das so sieht, kann er ja direkt mit gutem Beispiel vorangehen und sich mit 8 EUR Stundenlohn abspeisen lassen - es gibt ja dann Hartz IV für ihn :o). Ach nee, dann würde er ja rumplärren, wenn es ihn selbst beträfe, bei anderen ist das ja dann egal...

Nach der etwas überholten Meinung des Redakteurs sind nur geringqualifizierte Arbeitskräfte von Lohndumping betroffen - haha, ich glaube, von der Realität in der Arbeitswelt hat der gnädige Herr als arbeitgeberverliebter Schreiberling aber nicht allzu viel Ahnung. Von Lohndumping und dessen Schönrederei durch sog. Arbeitgeber sind auch mittlerweile Akademiker betroffen. Mir sind mal mit fünf Jahren Berufserfahrung von einer Zeitarbeitsfirma 7,84 EUR Stundenlohn für den Posten einer Vorstandsassistentin bei einem großen Essener Energiekonzern angeboten worden - das habe ich natürlich rundweg abgelehnt (ach ja, "Tippsen" sind wohl in den Augen des Herrn Redakteurs auch nur niederes Fußvolk...). Auch andere Akademiker berichten, dass ihre Not (drohende oder bereits bestehende Arbeitslosigkeit) gerne von manchem Arbeitgeber - oder das, was sich so bezeichnet - ausgenutzt wird, damit die sich dann in Hungerlöhne runter drücken lassen.

Sorry, auch ein Kellner, der ja nun viele weite Wege zurücklegt, wenn er Gäste bedient, hat einen Anspruch auf einen Mindestlohn, auch wenn das in den Augen dieses arbeitgeberhörigen Kleingeists ja nur "niedere" Arbeiten sind. Sorry, ohne Kellner müsste er sich sein Essen und seine Getränke selbst holen und würde auch bestimmt nicht nett umsorgt, indem ihm Getränke eingeschenkt werden oder er in regelmäßigen Abständen gefragt wird, ob er noch einen Wunsch habe.

Na, wenn Mario Barth schon der Rockstar der Comedians nach Meinung eines anderen Redakteurs ist, was ist denn dann mit den Comedians, die im Gegensatz zu Herrn Barth Niveau haben? Sind die dann die Halbgötter? Da will wohl jemand niveauloses Geschwafel auf der ewig gleichen Schiene hoffähig machen, denn: zu Mario Barth gehen ja auch Studis unter 30 - und Studis können ja nicht doof sein...klar, ich hatte mal Fahrschüler, die Mathe-LK hatten und deshalb meinten, sie seien der Nabel der Welt, aber bei dem recht einfachen Doppelbruch "Geschwindigkeit durch 10 mal Geschwindigkeit durch 10" haben die zukünftigen Bildungseliten (???) völlig versagt und wussten gar nicht, wie man das rechnet. Auch wenn man sich manche Kommentare im Internet durchliest - und dann noch von Leuten, die von sich behaupten, ein Studium abgeschlossen zu haben - fragt man sich eher, ob die überhaupt eine Schule abgeschlossen haben. Manche Deutsche schreiben schlechter und fehlerbehafteter als manch ein Migrant, auch wenn einige betriebsblinde Leute das ja nicht sehen wollen. Nee, fehlerfrei Schreiben muss man heute nicht mehr können - es reicht völlig, mit den Wölfen zu heulen und alles schön abzuschreiben, was einem vorgekaut wird. Lustig ist ja wenigstens noch, wenn Christoph Metzelder in der WAZ als "Borbecker Mädchen" bezeichnet wird, hihi.

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