Samstag, 15. Oktober 2011

Bundes-Trojaner und Datenschutz

Neulich erhielt ich eine Mail zur Unterschrift einer Petition gegen den Einsatz des Bundes-Trojaners, die ich auch direkt unterzeichnet habe. Angeblich soll die Vorratsdatenspeicherung ja nur zur Verhinderung terroristischer Straftaten dienen, wobei ich jedoch eher befürchte, dass das eher zur Bespitzelung aller möglichen Bürger dienen soll - die Stasi aus der früheren DDR lässt grüßen :o/. Vielleicht werden ja jetzt auch schon heimlich Akten über alle möglichen Leute geführt - über ihre Posts bei Facebook, Twitter, in anderen sozialen Netzwerken oder in Blogs, sonstigen Veröffentlichungen usw. Überraschend wäre sowas jedenfalls nicht.

Gut, manche Politiker mögen dann einwenden, dass ja auch viele unter Facebook alle möglichen und unmöglichen Details von sich preis geben. Das stimmt zwar soweit, aber ist noch lange kein Grund, jetzt jeden zu bespitzeln, auch wenn gar kein Verdacht auf Straftaten besteht. Damit werden dann wohl alle Internet-Nutzer unter Generalverdacht gestellt - gleichzeitig haben aber die Internet-Verweigerer schlechtere Chancen im Berufsleben, weil sie sich den neuen Technologien und Kommunikationsmedien verschließen. Diesen Widerspruch verstehe, wer will. Er kann höchstens so zu erklären sein, dass man über Internet-Verweigerer ja auch nichts rausbekommen kann, dass man in irgendeiner Form gegen sie verwenden könnte, höhö.

Es ist Arbeitgebern zwar mittlerweile offiziell untersagt, über Bewerber im Netz zu recherchieren, aber ob sich da alle Personaler dran halten, darf getrost bezweifelt werden. Dabei können nicht nur wirklich kompromittierende Inhalte das Aus bedeuten (Nacktfotos, intime Bekenntnisse der Marke "Ich schieb mir beim Onanieren ne Gurke rein." oder Fotos, die jemanden sturzbesoffen bei einer Feier zeigen), oft greift auch da bei seriöseren und harmloseren Inhalten das Prinzip des großen Interpretationsspielraums. Selbst bei seriösen Online-Artikeln, die niemanden diskrimieren, diffamieren oder sonstwas in der Art, kann ein Bewerber aussortiert werden, weil er in dem Artikel u. U. nicht die Firmenphilosophie, religiöse oder politische Überzeugung des Arbeitgebers vertritt.

Hinzu kommt, dass von einem privaten Schnappschuss nicht immer auf das Arbeits- und Sozialverhalten eines Bewerbers im Betrieb geschlossen werden kann. Vielleicht ist derjenige, der sich da vergnügt mit nem Glas Bier mit nacktem Oberkörper in einem Strandcafé aalt, unter der Woche ein penibler, korrekt gekleideter Buchhalter, der wegen seiner Fach- und Sozialkompetenz von seinen Kollegen geschätzt und anerkannt wird - manche würden demjenigen wohl eher Freizügigkeit, eventuell ein Alkoholproblem, mangelnde Integrität usw. unterstellen.

Und wenn wirklich kompromittierende Fotos im Netz stehen, ist auch nicht immer gesagt, dass der User selbst sie auf Facebook oder sonstwo eingestellt hat - das kann auch ein abgewiesener bzw. verflossener Lover, eine missliebige Kollegin oder sonst ein bösartiger Zeitgenosse gewesen sein, da Cyber-Mobbing ja gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen Volkssport zu sein scheint. Das kann man aber notfalls auch klären, doch das setzt Denken voraus - genauso wie ein viel rigideres Eingreifen bei Cyber-Mobbing, das manchmal auch nicht ernst genug genommen wird bzw. bei dem häufig das Unrechtsbewusstsein bei den Tätern fehlt, weil sie nicht in der Lage sind, sich in ihr Opfer reinzuversetzen. "Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu." - die Anwendung dieses Mottos könnte vielleicht einiges in der Richtung verhindern. Und wenn ich jemanden nicht leiden kann, lasse ich denjenigen einfach links liegen - sowohl im realen Leben als auch im Netz - und denke mir meinen Teil anstatt denjenigen da gezielt zu vernichten. Eigentlich ist ein soziales Netzwerk ja zur Kontaktpflege da und nicht, um den eigenen Unmut in der Anonymität des Netzes an Dritten zu kühlen. Solche Leute haben wohl sonst keine Hobbys oder meinen, im Internet können sie vorgeben, das zu sein, was sie in Wirklichkeit gar nicht sind. Meinungsfreiheit zu Sendungen, Politik, gesellschaftlichen Entwicklungen ja - aber keine Missinterpretation der Meinungsfreiheit, indem man andere verbal verletzt, beleidigt, diffamiert, diskriminiert usw.

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