Montag, 24. Oktober 2011

Oh je, immer diese anonymen Stellungnahmen...

Gerade eben stieß ich auf einen mehrere Monate alten Kommentar zu einem meiner Artikel betreffend Arbeitsproben, wobei das Thema "Urheberrecht" kurz anklang. Gut, jeder hat das Recht, seinen Unmut kund zu tun, wenn ihm was nicht passt, aber es ist immer noch ne Frage des Stils - rumnöhlen und anklagen ohne Verbesserungsvorschläge kann jeder. Das käme bestimmt total super an, wenn ich meinen Kunden zwar sage, was in Ihren Unterlagen nicht stimmt, aber keine Verbesserungsvorschläge anbieten würde. Das Thema "Urheberrecht" war auch nicht Schwerpunktthema des Artikels, sondern die Beifügung von Arbeitsproben und wie es ist, wenn man Arbeitsproben einer Bewerbung beifügt, für die die Rechte bei Dritten liegen, z. B. weil der Bewerber als Co-Autor oder Ghostwriter aufgetreten ist.

Ganz knuffig sind immer diese Stellungnahmen mit nichtssagenden Unterschriften wie "Ein besorgter Leser" - wenn ich schon was zu nöhlen habe und meine, ich bin der allwissende Nabel der Welt, dann auch bitte mit Name und nicht mit so lustigen anonymen Unterschriften. Anonym im Netz rumnöhlen kann auch jeder, wobei ich bei manchen Leserkommentaren - wohlgemerkt nicht bei allen - ohnehin das Gefühl habe, dass selbige nur verfasst werden, um mal wieder was gesagt zu haben, denn: es wurde ja schon alles gesagt, nur noch nicht von mir.

Und bevor der anonyme besorgte Leser sein moralisches Mütchen zu kühlen versucht, indem er die Hände überm Kopf zusammen schlägt, sollte er das doch mit Namen und fundierten Stellungnahmen tun anstatt mit so nem hohlen Gewäsch. Wie ich allerdings von einigen Autorenkollegen von Suite101.de weiß, wurden die teilweise auch schon schräg angeschossen bzw. teilweise schon belästigt, weil da jemand ganz anderer Meinung war als der Autor, es einen Verriss über den Lieblingsstar gab usw. Manche Leser haben sich ja sogar die "Mühe" gemacht, den Autoren privat zu kontaktieren - sei es übers Telefon oder sogar im eigenen Hausflur. Wenn manche dafür noch Zeit haben, nur weil sie mit gefährlichem Halbwissen und dummem Rumgenöhle glänzen wollen bzw. weil sie meinen, ihr Lieblingsstar wurde nicht ausreichend in einem Artikel gewürdigt, dann kann es ja alles so schlimm noch nicht sein in diesem Land. Das bewegt ja auch die Welt und ganz schlimme Folgen für alle, wenn ein Kollege z. B. eine negative Kritik über einen Soap-Star schreibt, den der Leser aber zufällig gut findet...immerhin kann man diesen Zeitgenossen aber noch zugute halten, dass sie sich offen zu erkennen geben anstatt anonym rumzumeckern.

Renate ist es tatsächlich mal passiert, dass sie abends einen anonymen Anruf bekam mit dem Hinweis, dass man gesehen hätte, sie hätte Besuch von einer gehbehinderten Dame bekommen und dass das in diesem Viertel nicht erwünscht sei. Als sie nach dem Namen des Anrufers fragte und zudem mal besorgte Erkundigungen über dessen Geisteszustand einzuholen versuchte, wurde ganz schnell aufgelegt. Mutig, mutig - bestimmt so n toller Alt-Nazi, der meint, er hätte die Macht zu entscheiden, wer in "seinem" Viertel rumlaufen darf und wer nicht. Vor allem ist es uns bis heute ein Rätsel, wie der Anrufer sehen konnte, dass Renate Besuch von ihrer gehbehinderten Freundin bekommen hat, denn immerhin wohnt sie ja im fünften Stock und Bus- und Bahnhaltestelle liegen fast vor der Haustür, also kann Renates Freundin ja keine weite Gehstrecke zurück gelegt haben. Und selbst wenn: In Renates Haus wohnen noch viele andere Parteien, woher wusste der Vollhorst dann, dass sie Besuch von der gehbehinderten Dame bekommen hat? Renate hatte vorher keine Plakate mit nem entsprechenden Hinweis überall in D'dorf geklebt...:o).

Wie handhabt der anonyme besorgte Leser es denn mit dem Urheberrecht? Verwendet er fremde Texte oder Werke - vorzugsweise aus den anonymen Tiefen des Internets -  indem er diese nicht als solche deklariert und hofft dann, es fällt nicht auf? Vielleicht findet er es auch überbewertet, den Urheber um Erlaubnis zu fragen? Man weiß es nicht. Auf jeden Fall liebe ich immer Stellungnahmen der Marke "Ich will ja nichts gesagt haben, aber..." :o). Im Übrigen hätte der anonyme besorgte Leser dann auch mal das Lektorat ganz besorgt schräg anschießen müssen, denn die gucken normalerweise über die Texte drüber, bevor sie der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden - und wenn da ganz großer Blödsinn drin stünde, gingen die gar nicht erst online bzw. dann würde der Autor mit der Bitte um Nachbesserung kontaktiert. Und bevor ich den Kopf über die Ausführungen anderer zusammen schlage, ohne essentielle Verbesserungsvorschläge zu machen, würde ich erst mal die Hände überm Kopf wegen mir selbst zusammen schlagen wegen fehlenden Rückgrats bzw. der Feigheit, sich offen mit Namen zu etwas zu bekennen.

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