Samstag, 5. März 2016

Spießigkeit, lass nach...!! (Oder besser: Hirnlosigkeit, lass nach!)

Ich beziehe mich dabei auf einen Artikel, den +Sven Krämer heute gepostet hatte aus der Online-Ausgabe von WAZ/NRZ, derwesten.de. Die ZoZ-Gruppe, eine Firma aus dem Kreis Olpe im Sauerland, will Schüler einladen, um sie für Berufe zu begeistern - aber bitte keine mit bunten Haaren, Blech im Gesicht (also Piercings) und Tattoos...da hat der Verantwortliche der ZoZ-Gruppe, der die Einladungen an Schulen verschickt hat, aber ein bisschen viel Blech geschrieben. Über den sollte er sich auch eher aufregen als über Jugendliche, die Blech in Form von Piercings im Gesicht haben. Übrigens haben auch einige Schulleiter aus der Region sehr befremdet auf diese Einladung reagiert.

Sorry, ob jemand bunte Haare hat, tätowiert ist oder Piercings trägt, sagt über denjenigen und seine Begabungen doch überhaupt nix aus, aber zu unserer heutigen Spießbürgerlichkeit und ängstlicher Bemühung um Anpassung passt solch eine schwachsinnige Argumentation einer Firma. Okay, dann hat die ZoZ-Gruppe wohl lieber große Flaschen in ihren eigenen Reihen, Hauptsache, sie ziehen sich brav angepasst mit Blüschen/Hemd mit Krawatte und Kostümchen/Anzug an, auch wenn da vielleicht einige richtige Honks dabei sind - das Outfit muss schließlich stimmen, nicht etwa Begabung, Intelligenz und Persönlichkeit.

Zum Glück habe ich ja beruflich nix mit dem Kreis Olpe zu tun und arbeite sozialpädagogisch eher mit Erwachsenen als mit Jugendlichen, aber wenn ich als Sozialpädagogin im Sauerland für die Jugendberufshilfe tätig wäre, würde ich dem Laden bestimmt keine Azubis von meinen Jugendlichen schicken, denn soviel Spießigkeit und Engstirnigkeit würde ich nicht auch noch unterstützen. Wenn jemand gerne Anzug bzw. Kostümchen trägt, kann er das gerne tun - aber leider habe ich oft festgestellt, dass gerade die, die soviel Wert auf Äußerlichkeiten legen, die Substanz einer verschossenen Patronenhülse haben, nämlich gar keine. Manche kaschieren nämlich ihre innere Hässlichkeit nur durch ein angepasstes, ansprechendes Äußeres.

Ich arbeite in meiner Eigenschaft als Diplom-Pädagogin hauptsächlich mit langzeitarbeitslosen Erwachsenen, die schon länger im ALG II-Bezug sind - und ich trage meist Jeans und Sweat- oder Kapuzenshirt auf der Arbeit anstatt mich da im Kostümchen hinzustellen, denn damit würde ich mich, wenn ich da wie so ne Bürotussi rumlaufen würde, über meine Kunden stellen, so nach dem Motto "Guckt mal - ich kann mir ein Kostümchen leisten und ihr nicht!". So muss man es nämlich auch mal sehen. Nicht zu jedem Beruf passt ein spießbürgerliches Aussehen, so wie manch ein oberflächlicher Personaler sich das mit seinem begrenzten Horizont vorstellt. Es käme auch reichlich komisch, wenn ein Streetworker da in Anzug und Krawatte seine Klientel auf der Straße aufsuchen würde. Ich finde diese Sichtweise wie von dem Herrn der ZoZ-Gruppe jedenfalls reichlich oberflächlich, zumal damit viele begabte, aber eben halt ausgeflippte Jugendliche durchs Raster fallen.

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