Gestern fand ich per Zufall im Internet einen kritischen, bisweilen komischen Kommentar zu BoD-Veröffentlichungen einer Autorin, die in einem „herkömmlichen“ Verlag veröffentlicht hat. Da ich selbst sowohl bei BoD als auch in einem herkömmlichen Verlag veröffentlicht habe, möchte ich dazu differenziert Stellung nehmen.
Selbst als BoD-Autorin fand ich den Kommentar meiner Autorenkollegin nicht ganz unberechtigt. Sie führte einige schöne Beispiele für schreckliche Formulierungen und Fehler an wie beispielsweise „Ein riesiger Falter zerschellte an der Windschutzscheibe.“ oder „Das Radio erhöhte die Zahl der Orkanmeldungen auf zwölf.“ Bei solchen Sätzen läuft es mir eiskalt den Rücken runter, wobei insbesondere der erste Satz sogar eine gewisse Komik beinhaltet, die mich schmunzeln ließ. Ich musste dabei unweigerlich an eine Überschrift in der BILD-Zeitung denken, die lauten könnte: „Riesenfalter zerschellte an Windschutzscheibe eines Kleinwagens! BILD sprach zuerst mit dem havarierten Tier“. Ich weiß sehr wohl, dass Schiffe an Felsen zerschellen können, aber Falter pflegen eigentlich eher gegen Windschutzscheiben zu klatschen. Natürlich könnte man den Falter jetzt auch wegen Sachbeschädigung verklagen oder den Fahrer wegen Körperverletzung, um die Melodramatik des Vorfalls wenigstens noch zu steigern ;o).
Selbstverständlich gibt es keine 100 %-ige Fehlerfreiheit – selbst bei dreimaligem Lesen können immer noch letzte Tippfehler zurück bleiben und davor ist noch nicht mal ein professionelles Lektorat gefeit. Es ist jedoch ein Unterschied, ob Tippfehler wie z. B. Buchstabendreher drin sind oder ob der Autor sichtlich keine Ahnung von Zeichensetzung, Rechtschreibung und Grammatik hat. Neulich habe ich auf www.suchbuch.de eine sehr schöne Leseprobe gefunden, die u. a. folgenden Satz beinhaltete:
„Wenn Sie Tod war, würde Sie frei sein, absolut frei.“
Mein Kollege Bernd kommentierte dies mit den ironischen Worten „Schönes Ding“, denn zum Einen ist der Satz mindestens so melodramatisch und trivial wie der o. g. Satz mit dem Riesenfalter, der an einer Windschutzscheibe zerschellt, zum Anderen aber auch mit zwei Rechtschreibfehlern gespickt. Erstens würde „Sie“ (die Protagonistin) klein geschrieben, immerhin handelt es sich ja um keine Anrede, sondern um ein Personalpronomen und zweitens schreibt sich das Adjektiv „tot“, im Gegensatz zum Substantiv „Tod“. Oder wollte uns der Autor damit sagen, dass sie der Tod war? Würde mich jetzt wundern – eigentlich ist der Tod männlich (deshalb: der Tod), deswegen heißt es ja auch Sensemann oder der Schnitter ;o).
Gut gefiel mir auch der Satz „Es war keine Minute in diesem kalten Gemäuer vergangen, an denen Sie nicht an ihm gedacht hatte.“ (AUA!) Erst spricht er von einer Minute, setzt den Satz dann aber nach dem Komma im Plural fort und wenn schon heißt es nicht „an“, sondern „in“. Auf das falsch geschriebene „Sie“ gehe ich an dieser Stelle nicht mehr ein wegen siehe oben. Schön, dass sie an ihm denkt – wie hieß doch noch ein bekannter Buchtitel? „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“…
Dieses Meisterwerk deutscher Sprache ist ebenfalls bei BoD erschienen und angesichts solcher schwülstigen Ausführungen, Ansammlung von Fehlern etc. wundert es nicht, dass BoD-Autoren vielfach kritisiert werden und man dort veröffentlichte Bücher häufig für den letzten Scheiß hält. In solchen Fällen wäre es angebracht, die Rechtschreibprüfung in Word-Dokumenten zu bemühen (die ohnehin meist voreingestellt ist und merkwürdige Wörter rot unterschlängelt, z. T. leider auch Eigennamen, sofern sie nicht ins eigene Wörterbuch aufgenommen wurden) oder zumindest mal einen Blick in einen Duden zu werfen. Auf den Inhalt selbst hat so was keinen großen Einfluss, jedoch wenigstens einen positiven auf Rechtschreibung und Grammatik, so dass damit wenigstens schon einmal Pluspunkte bei Lesern, Autorenkollegen etc. gesammelt werden könnten.
Peinlich wird es jedoch, wenn der besagte Autor sich noch nicht mal an Vorgaben für Rezensionen und die eigene Autorenvita hält. Als Beispiele für eine Autorenvita müssten lediglich mal Klappentexte von anderen, gerne auch bekannten Autoren betrachtet werden, um eine Vorstellung davon zu haben, wie so etwas professionell aussieht und bei Rezensionen hätte er sich an anderen Werken auf suchbuch.de orientieren können, denn dort haben einige Autoren zu ihren Büchern wirklich gelungene Beispiele für Rezensionen hinterlegt, die meist aus der Presse oder von einem Verleger stammen. Es stellt sich die Frage, was das mit einer Rezension zu tun hat, wenn ich – selbstverständlich in einem grauenhaften Stil mit tausend Fehlern gespickt – schreibe, dass dieses Buch alles enthält, was ich je geschrieben habe („Diese Anthologie enthält erstmals alle Kurzgeschichten, die ich jemals geschrieben habe, von Horror, bis hin zu Kindergeschichten, Dramen und Schicksalsschlägen die teiweise sogar auf wahren Begebenheite beruhen ist hier wirklich alles enthalten.“ – die Fehler habe ich bewusst nicht korrigiert). Ich denke jedoch, dass eine derartige Rezension nicht wirklich zum Kauf animiert und schon gar nicht, wenn dann eine Selbstbeweihräucherung folgt, in der Mr. Wong (an dieser Stelle freundlicherweise als M. Wong deklariert, einem englischsprachigen Literaturprofessor der Uni Liverpool) sagt, dass unser Möchtegern-Autor mit guten Kenntnissen der deutschen Sprache der neue Stern am Literaturhimmel ist. Bei narzisstischen Persönlichkeitsstörungen und Größenwahn wenden Sie sich besser an einen Therapeuten Ihres Vertrauens…;o).
Offensichtlich scheint an unserem neuen Stern am Literaturhimmel auch komplett vorbeigegangen zu sein, dass eine Autorenvita nicht in der ersten Person Singular verfasst wird, sondern in der dritten Person Singular (bzw. Plural, wenn es sich um mehrere Autoren handelt, die ein Werk gemeinschaftlich verfasst haben). Natürlich ist es nicht einfach, über sich selbst in der dritten Person zu schreiben, aber es ist möglich, wenn man sich vorher einmal an anderen Autoren orientiert hat und wenn man selbst gerne viel liest, ist das ohnehin kein allzu großes Problem. Die Autorenvita auf meinem im Marco Neumann erscheinenden Werk „Wenn es Nacht wird im Pott“ habe ich selbst verfasst und selbige wurde auch so von meinem Verleger übernommen:
Alexandra Döll, Jahrgang 1974, schreibt schon seit ihrer Schulzeit Kurzgeschichten, meist mit humoristischem und/oder romantischem Hintergrund. Nach ihrem Erstlingswerk „Mitten aus’m Pott“, einer Sammlung von makaberen, humorvollen und erotischen Geschichten, folgt nun die nicht weniger makabere, humorvolle und erotische Fortsetzung. Die Diplom-Pädagogin lebt und arbeitet als Management Assistentin in ihrem Geburtsort Essen.
Damit habe ich alles Wesentliche über mich gesagt, was in eine Autorenvita gehört – Name, Geburtsjahr, kurzer Abriss des literarischen Schaffens, berufliche Tätigkeit und Qualifikation, Wohnort. Unser neuer Stern am Literaturhimmel hatte von einer Autorenvita jedoch ganz eigene Vorstellungen:
Abgesehen von dem Wort „Ich“, das an dieser Stelle absolut unangebracht ist, weist er uns darauf hin, dass er im Ahauser Krankenhaus geboren wurde. Die Info, dass er in Ahaus das Licht der Welt erblickt hat, hätte es selbstverständlich auch getan – ich denke nicht, dass es für den potentiellen Leser von Interesse ist zu erfahren, ob der Autor, dessen Werk er gerade in seinen Händen hält, im Ahauser Krankenhaus, neben einer Ansammlung Fliegenpilze im Schellenberger Wald, als Hausgeburt auf einem Bauernhof bei Arnsberg oder neben einem Taschenkrebs am Nordseestrand zur Welt gekommen ist. Auch über den beruflichen Werdegang unseres neuen Sterns werden wir genauestens in Kenntnis gesetzt (Nach einem Berufsförderungslehrgang F1 [was immer das sein mag] in einem Berufsbildungswerk, Abschluss zur Bürokraft im Jahr 2005). Es stellt sich die Frage, was das für ein Abschluss sein soll – Bürokräfte gibt es schließlich viele wie z. B. Bürogehilfen, Industriekaufleute, Bürokaufleute, Kaufleute für Bürokommunikation, Sekretärinnen etc. Ein kurzer Hinweis darauf, wo er als was tätig ist, wäre selbstverständlich auch ausreichend gewesen. Bis zu diesem Zeitpunkt, als mir diese Autorenvita in die Hände fiel, habe ich noch nichts Vergleichbares von irgendeinem Autor gefunden; selbst Menschen mit akademischer Ausbildung weisen kurz darauf hin, welches Fach/welche Fächer sie studiert haben, manchmal noch unter Angabe der Hochschule; erklären uns aber nicht, ob sie ihr Abi auf dem ersten oder zweiten Bildungsweg erworben haben, warum sie möglicherweise zwischenzeitlich mal die Uni gewechselt haben etc. Immerhin handelt es sich hier um einen kurzen Überblick und nicht um einen vollständigen Lebenslauf bei einer Bewerbung in einem Betrieb, wobei die Frage ist, ob der Lebenslauf in dieser Form einen Personalchef erfreuen würde.
Zum Schluss erfolgt der Hinweis, dass er seit Ende seiner Ausbildung in der Schule des Schreibens ist, die er voraussichtlich Ende des Jahres mit Erfolg abschließen wird. Ich kenne die Schule des Schreibens nicht näher (außer von deren Homepage, die auf den ersten Blick einen guten Eindruck macht) und möchte mir deshalb kein finales Urteil hierzu erlauben, fest steht jedenfalls, dass unser neuer Stern am Literaturhimmel entweder nichts aus dem angebotenen Fernunterricht mitgenommen hat oder dass er sich gegenüber möglicher Kritik von Lehrkräften eher uneinsichtig gezeigt hat; ansonsten würde ich nämlich stark an der Qualität der Unterrichtsleistungen der Schule zweifeln.
Jedenfalls macht er mit der Aufmachung seines Werkes und der Darstellung seiner Person keine gute Werbung für sich, für BoD bzw. deren Autoren und natürlich auch nicht für die Schule des Schreibens. So wie es sich auf suchbuch.de darstellt, hat er das Angebot BoD Fun in Anspruch genommen, über das komplett kostenlos veröffentlicht werden kann (eine ISBN zum Buch scheint es jedenfalls nicht zu geben, die gibt es erst ab BoD Classic für 39 €) und an dieser Stelle werden sicherlich viele Menschen sagen „Was nix kostet, ist auch nix.“ Leider wird dies auch noch mit fehlergespickten Werken i. V. m. narzisstischen Selbstdarstellungen des Autors untermauert, was wirklich schade ist für Autoren, die stilistisch, grammatisch und orthographisch einwandfrei schreiben und BoD als Sprungbrett zu renommierten Verlagshäusern und zwecks Erreichung eines größeren Bekanntheitsgrades nutzen.
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