Nun gibt es eine kleine Zeitreise ins Jahr 1983! Damals habe ich noch in Essen-Schönebeck auf der Herbrüggenstraße gewohnt. Den Durchbruch zwischen Heidbusch und Herbrüggenstraße gab es noch nicht, stattdessen endete der Heidbusch in einer Sackgasse und von der Herbrüggenstraße aus führte neben Haus Nr. 106 eine kleine unbefestigte Straße zu einigen Garagen hinter den Gärten. Auch die AWO-Kindertagesstätte auf der Ecke Herbrüggenstraße/Heidbusch gab es noch nicht, stattdessen spielte ich mit den Kindern aus der Nachbarschaft auf Schlacke, die sich zwischen Pollerbecks Brink, Heidbusch und Herbrüggenstraße 120 erstreckte. Dort gab es immer etwas zu entdecken - Teile von alten Zechengebäuden unter der roten Erde, Fliegenpilze, einen Birkenhain, undefinierbare Pflanzen in Hülle und Fülle. Ich habe bis heute nicht herausgefunden, wie diese grünen, schlanken Pflanzen hießen, deren Stängel rot gesprenkelt waren und deren Blätter denen einer Efeutute ähnelten. Wenn man sie aufschnitt, waren die Stängel innen markig und feucht. Die Teile wuchsen massenweise auf der Schlacke und konnten bis zu 80 cm hoch werden.
Auf dem Gelände der Schlacke und auch auf den umliegenden Straßen befand sich die Zeche Wolfsbank, nach der sogar zwei Straßen in Borbeck benannt wurden. Deshalb haben wir als kindliche Hobby-Archäologen auch noch jede Menge Gebäudeteile gefunden ;o). Erst zwischen 1989 und 1993 wurde ein Teil der Schlacke abgetragen, um dort den Durchbruch zwischen Heidbusch und Herbrüggenstraße sowie diverse Wohnhäuser und die AWO-Kita zu errichten.
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Sommer 1983! Marina, Steffi, Alex, Renate und Uli lungern gemeinsam mit Ulis Hund Herkules auf der Schlacke im Süden Essen-Schönebecks herum. Herkules hebt an jeder Birke im Birkenhain sein Beinchen, denn das Revier ist definitiv seins! Steffi sitzt im hohen verwilderten Gras und katalogisiert ihre Aufkleber. Marina betrachtet interessiert einige Flecken Elfensperma, die sich zwischen den Birken befinden und herzt nebenbei ihren kleinen blauen Knuffelbunt namens Bengelchen. Alex analysiert eine Ansammlung von Fliegenpilzen und sucht nach Schlümpfen, die aber zu dem Zeitpunkt alle ausgeflogen sind. Sammy und Ecki sitzen neben ihr, wobei Sammy rumnöhlt, weil es so warm ist und die Schlümpfe nicht zu sehen ist. Ecki erzählt Renate von seinen besten Freunden Skippy Skorpion und Oliver Oppossum. Renate hört interessiert zu und kaut ein Wrigley's Spear Mint. Uli spielt ein wenig mit Herkules und liest dabei die neueste Ausgabe der Zeitschrift Wendy.
Alle sehen natürlich entsprechend nach 80er Jahre aus - alle tragen Shorts mit Paspeln, T-Shirts in bunten Farben und Turnschuhe. Der Ghetto-Blaster dudelt "Sunshine Reggae".
Plötzlich betreten Thorsten, Tim und Thomas die Szene. Sie sehen die Mädels nicht, die sich mal eben in die Büsche geschlagen haben und gucken, was die drei Jungs denn jetzt vorhaben. Klaro, alle packen ihre Pipimänner aus und pullern. Tim hat ne Schoko-Zigarette im Mundwinkel. Steffi echauffiert sich leise darüber, dass Jungs im Stehen pinkeln und anschließend auch noch ausschlackern. Das ist zuviel für Marina und Bengelchen: Marina schüttelt ihn, weil sie grinsen muss und Bengelchen kichert albern. Die drei Jungs schrecken hoch und Thomas klemmt sich fast seinen Pipimann im Reißverschluss ein. Steffi kann schon gar nicht mehr hinsehen und betrachtet lieber wieder ihre Aufkleber. Thorsten setzt sich wieder die Hörer von seinem Walkman auf und fragt nur "War was?" Tim bietet den Mädels auch eine Schoko-Zigarette an, aber den meisten ist es viel zu warm für Schokolade. Sie beschließen, gemeinsam zur Bude zu latschen, die sich auf der Ecke Herbrüggenstraße und einer Sackgasse gleichen Namens mit den Hausnummern 103 - 111 befindet, und dort Eis zu kaufen. Marina hat zwar schon zwei Split weg, aber sie isst nun mal gerne Eis. Steffi plant schon wieder, sich die nächsten Aufkleber zu kaufen, denn dafür reichen 50 Pfennig auf jeden Fall.
An der Bude kauft Thorsten noch ein kleines Monchhichi mit rotem Gesicht. Uli macht sich Sorgen, weil das kleine Wesen ein rotes Gesicht hat. Alex erklärt zur allgemeinen Erheiterung, dass das arme Monchhichi Durchblutungsstörungen hat oder einfach sehr schüchtern ist. Thomas dreht unentschlossene Pirouetten, weil er noch nicht weiß, welches Eis er nehmen soll - Ed von Schleck? Split? Mini-Milk? Erdbeer-Cocktail? Schließlich nimmt er doch einen Braunen Bär. Marina rät ihm, sich einen Flutschfinger zu kaufen, weil das so gut zu Braunen Bären passt, doch Thomas versteht gar nicht, warum Alex, Thorsten, Tim, Renate und Uli darüber so lachen müssen. Er jammert und dreht schon wieder eine Pirouette. Tim murmelt nur: "Blödmann!" Renate langweilt sich, weil Thomas so lange für seine Auswahl benötigt, und klebt heimlich ihr Kaugummi an den nächsten Laternenmast. Herkules bekommt ein Stück Bifi.
Nachdem die großen Kinder ihren Einkauf an der Bude beendet haben, pilgern sie mitsamt ihren Stofftieren, Aufklebern und Knuffelwesen runter zum Spielplatz an der Heißener Straße, wo sie echte Kinder zum Plärren bringen, die sich von den Erwachsenen, die sich aber wie Kinder benehmen, von Sandkasten, Tischtennisplatte und Rutsche verdrängt fühlen. Steffi macht es sich auf einer Tischtennisplatte im Schatten gemütlich und betreut ihre neuesten Aufkleber. Gesellschaft hat sie dabei von Marinas Bengelchen, den sie ab und zu liebevoll bürstet und anfreundelt. Thorsten als ehemaliger Kunstturner turnt an den bunten Eisenstangen herum, die einen Barren darstellen sollen. Leider ist er dafür etwas zu groß, sodass er von der roten Asche auf dem Spielplatz ein unfreiwilliges Haarwurzel-Peeling bekommt. Er beschließt danach, lieber mit Alex an der Rutsche zu spielen. Selbige versucht gerade, Thomas zu einem Bauchfletscher zu überreden, doch der dreht oben auf der Rutsche nur komische Pirouetten und sagt in jammerndem Tonfall: "Ja, hm, ich weiß nicht...Alex!" Tim ist genervt, denn auch er will rutschen und Thomas blockiert alles. Schließlich gibt er ihm einen Stoß von hinten, sodass Thomas endlich die Rutsche runtersegelt. Danach ist das Gejammer noch größer als vorher. Tim rutscht einfach und hat dabei Ecki auf dem Schoß. Sammy beginnt, gemeinsam mit Thorstens Monchhichi, ihrer Mutti und Thorsten selbst eine Sandburg zu bauen. Thomas setzt sich Daumen lutschend auf eine Bank im Schatten. Uli tollt nebenan mit Herkules auf dem Sportplatz herum und Renate leitet kleine Kinder pädagogisch an, wie sie die Mini-Rutsche am besten benutzen, denn schließlich ist sie ja schon ein großes Kind! Das Ende vom Lied: Sie sieht traurige Gesichter langsam vorüber schweben, bevor die Pänze verstört im Sand aufschlagen...
Als die Sandburg fertig ist, fragt Sammy alle, ob sie einen Sandkuchen möchten - außer ihrem Brüderchen, Thorsten Monchhichi und Bengelchen lehnen aber alle dankend ab. Marina sucht im Gebüsch wieder nach Elfensperma, findet diesmal aber nix. Vielleicht treiben sich die kleinen Wesen auf dem angrenzenden Terrassenfriedhof rum? Thomas schreit nach einem Malbuch, damit er alles rot anmalen kann und somit die Blessuren nach seinem unfreiwilligen Bauchfletscher psychologisch (Renate nennt es immer "püschologisch") viel besser verarbeiten kann. Tim murmelt nur: "Vollidiot!" Marina kann sich gerade noch beherrschen, Thomas ne Plastik-Schaufel auf den Kopf zu hauen. Steffi kichert und beschließt, niemals Thomas zu heiraten, wenn sie groß ist.
Kurz nach 18 Uhr gehen alle nach Hause und verabreden sich für den nächsten Tag, um dann mit dem 186er Richtung Bottrop ZOB nach Hesse (Freibad Dellwig) an der Kanalbrücke zu fahren. Renate hat sogar schon die Kinderfahrscheine für alle organisiert, denn wenn sie mal groß ist, will sie beim VRR arbeiten. Herkules muss dann allerdings zuhause bleiben, wird jedoch auf sämtliche Stofftiere und Knuddelwesen von Frauchen und deren Freunden aufpassen.
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