Samstag, 30. Juli 2011

Reha oder Geschlossene?

Nächsten Donnerstag habe ich meine Reha hinter mich gebracht, wobei viele Anwendungen wirklich gut und nützlich waren, auch wenn ich mich manchmal etwas überanstrengt fühlte, vor allem, wenn Mucki-Bude, Ergometer und Sport direkt hintereinander folgten *schwitz*.

Ganz skurril ist neben dem Verhalten und der Diagnosestellung einiger Ärzte auch das Verhalten vieler Mitpatienten. Zum Glück habe ich ne nette, kleine Damenriege um mich gescharrt, mit der ich meine freie Zeit zwischen den Anwendungen verbringe, aber sonst hab ich manchmal das Gefühl, ich bin in Asi-Hausen und/oder im Puff gelandet bzw. dass die Geschlossene mal wieder Ausgang hat. Hm, eigentlich gehe ich in die Reha, um wieder fit zu werden, aber manche Männer denken da wirklich nur ans Vögeln. Zwei eindeutige Angebote habe ich auch schon abgewimmelt - sorry, die meisten Typen da sind so bekloppt und asi, dass ich sie noch nicht mal mit der Kneifzange und Gummihandschuhen anfassen würde. Außerdem gehe ich nicht zum Vögeln in die Reha, sondern um gesund zu werden und die Typen da appealen mich auch wie gesagt nicht aufgrund von mangelndem Sozialverhalten. Ich mag Männer mit Herz, Hirn, Humor und Niveau und keine notgeilen Vollpfosten, die alles rammeln, was nicht bei Drei auf den Bäumen ist. Meine Mitstreiterinnen und ich wundern uns manchmal jedenfalls nur noch über viele Herren, die ihr Hirn offenbar in der Hose haben, genau wie ihr Niveau. Einige Frauen sind allerdings auch nicht besser - Corinna und ich haben schon gesagt, dass man sich angesichts des Benehmens mancher Weiber auch schämen müsste, ne Frau zu sein.

Neben niveaulosem Asi-Gelaber gibt es natürlich auch das andere Extrem, denn manche sind so arrogant, dass sie noch nicht mal einen Gruß zustande bringen und man von Glück reden kann, dass sie sich überhaupt mal selbst begegnet sind. Tja, Arroganz ist für manche ein probates Mittel, um die eigene Dummheit zu kaschieren. Und dann gibt's auch noch die Fraktion, die weder asi noch arrogant ist, aber trotzdem irgendwie verstrahlt. Da blockieren manche stundenlang den Ordner mit den Therapieplänen, um erst mal den eigenen Plan zu buchstabieren und alles noch ins iPhone einzugeben, andere nehmen ihren Therapieplan erst gar nicht mit und wundern sich dann, wenn sie zur falschen Zeit in der falschen Anwendung sind, manchen möchte man nen Schuss mit dem Betäubungsgewehr verpassen und andere kommentieren alles ungefragt bzw. müssen erst mal alles ausdiskutieren und kommen sich dann noch so cool vor, dass sie Eiswürfel pinkeln. Wer überall seinen Senf dazu gibt, gerät leicht in den Verdacht, ein Würstchen zu sein, aber das ist bei manchen noch nicht angekommen. Die normalen Durchschnittstypen, die weder notgeil noch arrogant noch verstrahlt sind, sind in Kettwig leider eher in der Minderheit :o(.

Gestern hat meine Mitpatientin Michaela mir neue Bedeutungen der Abkürzung BMW beigebracht, hihi, die ich auch noch nicht kannte. BMW steht demnach für Bums Mal Wieder oder Brett mit Warzen *gröl*.

Michaela hat schon einige Gehirntumore, nen Schlaganfall und drei Aneurysmen hinter sich, wobei eins genietet ist, das zweite demnächst operiert wird und das dritte leider nicht operabel ist, sodass sie praktisch immer auf ner tickenden Zeitbombe sitzt. Trotzdem hat sie immer noch Humor und nen absolut gesunden Menschenverstand - davon könnten sich manche Vollpfosten, die ja schon jammern, weil sie mal zwei Wochen am Stock gehen müssen, echt mal ne Scheibe abschneiden. Es behauptet niemand, dass chronische Krankheiten oder Dinge wie Krebs schön sind und man das alles mit ner Engelsgeduld ertragen muss, aber es wird auch nicht besser dadurch, wenn einer ständig den Kopf in den Sand steckt und ein Gesicht zieht, als wenn das ganze Leben eine Strafe wäre. Wenn man nur noch das Negative sieht oder sich fragt, was alles nächstes für ne Katastrophe auf einen zukommen könnte, dann hat man irgendwann keine Lebensqualität mehr. Ich würde mich auch freuen, wenn mein Antiphospholipid-Syndrom mal endlich Ruhe geben würde, aber ich renne auch nicht ständig mit Leichenbittermiene durch die Gegend und fürchte mich, ob ich demnächst nen Herzinfarkt, Schlaganfall oder was auch immer bekommen könnte, denn wie gesagt: Meine Lebensqualität möchte ich auch weiterhin gerne behalten und man lernt auch, mit der Krankheit zu leben, auch wenn sie nicht so schöne Begleiterscheinungen hat. Ohne meinen Humor und ne positive Grundeinstellung würde ich das so auch nicht durchstehen - deshalb muss ich mir das Leben nicht noch schwerer machen, indem ich auf Horror-Szenarien warte, das Lachen verlerne, anderen ständig die Ohren volljammere und in meinem eigenen Selbstmitleid ertrinke. Das hilft nicht weiter, eher im Gegenteil.

Es ist verständlich, dass man ab und zu mal eine gewisse Wut auf seine Krankheit hat, aber Selbstmitleid im Stile von "Warum gerade ich?" u. ä. ist mir ein Gräuel. Auf solche Leute kriege ich auch in Krankenhäusern und Kliniken nen echten Blutsturz. Es gibt nur eins: Man lernt, mit seiner Krankheit zu leben und behält seine Lebensqualität, auch wenn gewisse Symptome ziemlich nervig sein können. Auch wenn ich mal Schmerzen habe, nervt mich das zwar, aber trotzdem lebe ich mein Leben wie viele andere auch - ich lache, liebe, gehe mit Freunden aus, unternehme etwas, bin kreativ. Und wen meine Narbe am linken Oberschenkel stört: Der kann ja, wenn er sie sieht und ich gerade ne kurze Hose oder nen Badeanzug trage, woanders hinschauen, hehe.

Keine Kommentare: