Mittwoch, 30. November 2011

Beratung am falschen Ende

Soeben bekam ich eine Mail von einem Personalconsultant-Büro, bei dem ich meinen Lebenslauf in aktualisierter Form hinterlegt habe. Dieses Unternehmen bietet mir nun einen Check meiner Unterlagen und miener Karriereplanung an, denn - ACHTUNG - wenn Ihre Bewerbungen mit dem Vermerk Absage zurückkommen, haben Sie garantiert etwas verkehrt gemacht! Hmmmm....

Hm, abgesehen davon, dass meine Bewerbungsunterlagen mit einer kleinen Anregung zur Verbesserung gestern noch von zwei Experten in einem Gespräch mit sehr gut bewertet wurden und ich ohnehin seit über drei Jahren täglich mit Bewerbungsunterlagen zu tun habe, ist das Angebot für mich schon mal überflüssig. Was ich aber noch ätzender finde, ist der etwas kindlich anmutende Hinweis, dass Absagen fast ausschließlich auf fehlerhaften Unterlagen beruhen.

Selbstverständlich gibt es Bewerbungsmappen, die einen total veralteten Stil aufweisen, weil sich jemand nach 30 Jahren Dauerbeschäftigung beim gleichen Unternehmen gezwungenermaßen erneut bewerben muss im Rahmen von Restrukturierungsmaßnahmen - und das ohne Unterstützung von Bewerbungs-Profis - oder die so schlecht und lieblos aufbereitet sind, dass einem als Leser wirklich nur schlecht werden kann, aber die Regel ist es nicht bzw. Pauschalierungen sind bei Absagen fehl am Platz. Die Gründe für Absagen können trotz gut aufbereiteter, akurater Unterlagen auch ganz woanders liegen, z. B.:

  • Bewerber wird als über- oder unterqualifiziert für eine Stelle angesehen
  • Bewerber wird als zu alt/zu jung für eine Stelle angesehen
  • Vermeintliche "Randgruppen" auf dem Arbeitsmarkt wie etwa die Generation 50plus, Bewerber mit Migrationshintergrund und/oder Schwerbehinderung bzw. anderen gesundheitlichen Einschränkungen wandern vielfach auch auf den Absagestapel, auch wenn formal in vielen Ausschreibungen der Hinweis steht, dass Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen erwünscht und sogar bevorzugt berücksichtigt werden - Papier ist bekanntlich geduldig
  • Fingierte Stellenangebote, sodass Absagen ohnehin pauschal erfolgen, unabhängig von der Qualität der eingereichten Unterlagen
  • Nase des Bewerbers passt dem Personaler aus irgendwelchen Gründen nicht oder auch frühere Arbeitgeber, Hobbys, ehrenamtliche Tätigkeiten usw. nicht
  • Wenn auf eine Stelle mehrere hundert Bewerbungen eingehen, wird es irgendwann zum Lotteriespiel, ob man zu einem Gespräch eingeladen wird oder auch nicht
  • Aus den Unterlagen wird schon erkennbar, dass der Bewerber gar nicht in die vorherrschende Unternehmenskultur passt
  • Zu wenig Branchenkenntnis des Bewerbers - ob das nun stimmt oder nicht bzw. ob es überhaupt relevant ist oder nicht
  • überzogene/untertriebene Gehaltsvorstellungen
  • angemessene Gehaltsvorstellungen, aber das Unternehmen sucht ne eierlegende Wollmilchsau, die für 5 Euro die Stunde arbeiten geht.
Aus der Auflistung, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, wird schon deutlich, dass Absagen - auch mehrere - nicht immer an schlecht aufbereiteten Unterlagen liegen müssen, auch wenn es immer wieder Consultants gibt, die mit gefährlichem Halbwissen glänzen wollen und/oder den Bewerber so weit verbiegen möchten, dass er auch in jede genormte Schublade und jedes vermeintlich hippe Weltbild passt. Nein, danke!

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