Niemand streitet ab, dass es Arbeitgeber - egal, ob Personaldienstleister aller Art oder Unternehmen, die direkt fest anstellen - gibt, die es an notwendiger Höflichkeit bei eingehenden Bewerbungen, einem guten Betriebsklima und/oder einer angemessenen Bezahlung fehlen lassen. Die gibt es in jedem Fall. Allerdings finde ich die Reaktionen mancher Arbeitnehmer - natürlich bevorzugt anonym im Internet - auf manche Dinge ebenso hanebüchen wie Unternehmen, die Mobbing aktiv fördern, schlecht bezahlen oder total bescheuert bis gar nicht auf Bewerbungen reagieren.
Da schreibt ein Arbeitnehmer mit akademischem Grad, dass er bei einem Personaldienstleister 1.700 EUR netto verdient - und schon wird auf den armen Mann verbal eingedroschen, dass er ein getarnter Mitarbeiter einer Zeitarbeitsfirma ist, dass das Ganze sowieso nur gefaked ist oder dass er sein Bruttogehalt einfach als Nettogehalt umdeklariert. Okay, 1.700 EUR netto habe ich bislang über Personaldienstleister auch noch nicht verdient, aber ich habe schon mehrfach bei Zeitarbeitsfirmen Nettoverdienste von mehr als 1.500 EUR erzielt, was also brutto 2.300 - 2.500 EUR entspricht.
Sorry, da wird dann nicht nur verbal schräg geschossen und der Nettoverdienst von 1.700 EUR als Fake abgetan - nein, da wird dann auch rumgeheult, dass manche Leute trotz entsprechender Qualifikation und Berufserfahrung nur Stundenlöhne zwischen 8,00 und 10,00 EUR bekommen. Hm...ich weiß, dass es Zeitarbeitsfirmen gibt, die einen ohne Fahrtkostenzuschuss und Verpflegungsmehraufwendungen für solche Stundenlöhne auf die Bretter schicken wollen, aber auch als Bewerber habe ich immer noch die Möglichkeit, solche Dumping-Löhne abzulehnen und mich ggf. nach einem Personaldienstleister umzusehen, der besser zahlt. Da macht auch die Arbeitsagentur kein Theater, wenn man das Angebot einer Zeitarbeitsfirma ablehnt, die einem Stundenlöhne von weit unter 10 EUR anbieten. Nee, aber anstatt nach besseren Alternativen zu suchen, werden dann solche Arbeitsverträge mit solch geringen Stundensätzen unterschrieben und dann wird anonym im Internet rumgeheult, dass man ja ach so wenig verdient bei der Zeitarbeit. Niemand ist gezwungen, für 8 oder 9 EUR/Std. arbeiten zu gehen, aber Hauptsache, ich hab mal wieder rumgeheult, nachdem ich mich hab runterhandeln lassen. Mich wollte Ende April auch eine Zeitarbeitsfirma in Bochum für 9 EUR/Std. anstellen für eine ziemlich anspruchsvolle Stelle - darauf habe ich mich gar nicht erst eingelassen und dementsprechend auch keinen Vertrag dort unterschrieben. Genauso, wie der Arbeitgeber einen Bewerber ablehnen kann, kann auch der Arbeitnehmer "Nein" sagen, wenn ihm ein Vertrag zu nicht tragbaren Konditionen angeboten wird.
Dann wird rumgeheult, dass man angeblich wegen zwei Tagen Krankheit sofort gekündigt wurde - ich möchte in keinem Fall ausschließen, dass es nicht auch solche Arbeitgeber gibt, aber manche Arbeitnehmer vergessen leider auch zu erzählen, dass das schon der dritte Zwei-Tages-Gilb binnen sechs Wochen ist oder dass sie sich schon krank gemeldet haben, wenn das Thermometer nahe der Null Grad-Marke rumkrebste, auch wenn sie gar nix Ernsthaftes hatten. Solche Bratbirnen bringen dann jedenfalls auch alle anderen ehrlichen Arbeitnehmer und Arbeitsuchenden in Verruf, die sich wirklich nur krank melden, wenn sie Fieber haben, sich übergeben müssen, sich was gebrochen haben usw.
Ich sag ja: Es gibt total bescheuerte Arbeitgeber, aber auch sehr viele nette - und neben vielen netten Bewerbern gibt's auch ganz schön bekloppte Exemplare unter dieser Spezies. Derzeit sitze ich wieder auf der Arbeitgeberseite und ich hab auch in meiner Zeit bei Oscar Winzen häufiger die Arbeitgeberseite repräsentiert, aber manche Bewerber haben leider auch ganz schön einen an der Waffel. Wenn ich in 100 Bewerbungen an die 100 Mal als Einstieg lesen muss "Hiermit bewerbe ich mich..." oder "Mit großem Interesse habe ich Ihre Stellenanzeige gelesen.", fällt mir auch nix mehr ein außer einem gelangweilten Gähnen. Das steht in sämtlichen Bewerbungsratgebern, dass ein solcher Einstieg heute nicht mehr gefragt ist und Personaler langweilt, aber manche können offenbar nicht aus ihrer Haut und stellen damit eher mangelnde Kreativität und nicht vorhandenes eigenständiges Denken unter Beweis. Ähnlich wie mit solchen abgedroschenen, phantasielosen Einstiegen in Bewerbungsanschreiben ist es auch mit abgedroschenen Aufzählungen und Plattitüden der Marke "Ich bin flexibel und belastbar.", "Ich bin kommunikationsstark, flexibel und initiativ, wobei ich stets die Zielerreichung der Aufgabenstellung im Auge behalte.", "Neben Freundlichkeit bringe ich analytisches Denken und Flexibilität mit." usw. Auch das kann bald kein Personaler mehr lesen - außer natürlich die ganz großen Flachzangen, die das auch noch für hohe Poesie halten...
In meiner Zeit bei Oscar Winzen hatten wir Ende 2008/Anfang 2009 zwei weitere Assistentinnen gesucht - eine für Essen, eine für Düsseldorf. Tja, was soll ich sagen? Abgesehen von den netten, zuverlässigen Bewerberinnen waren da aber auch ne ganze Menge Damen dabei, die gar nicht erst zum vereinbarten Vorstellungstermin erschienen sind und fortan nicht mehr fürs Unternehmen erreichbar waren, weder per Mail noch per Telefon, einige gaben gelangweilt zu, sich ja nur beworben zu haben, weil die Arbeitsagentur oder das Job-Center ihnen die Stelle vorgeschlagen hätten, manche haben Fragen im Vorstellungsgespräch nur mit "Ja, nö, vielleicht..." beantwortet u. v. m. Das ist leider vielfach die traurige Realität, mit der sich Arbeitgeber rumschlagen müssen - solche Bewerber, die nur mal ihre Unterlagen schicken, um keine Sanktionen durch Arbeitsagentur und Job-Center befürchten zu müssen, bringen dann aber leider die, die ernsthaft an einer neuen Anstellung interessiert sind und nicht nur Alibi-Bewerbungen versenden, gleich mit in Verruf. Toll, echt.
Gut, manchmal schicken Arbeitsagentur oder Job-Center wirklich total unpassende Angebote, aber da kann ich als Bewerber immer noch einen Hörer in die Hand nehmen und mit meinem Arbeitsvermittler darüber sprechen, aber manche nisten sich lieber in ihrer eigenen Bequemlichkeit und ihrem eigenen Selbstmitleid ein, damit sie wieder anonym rumnöhlen können. Das ist ja leider ne ganz große Mode im Internet.
Ich konnte auch bisher nie sagen, wenn ich über einen Personaldienstleister beschäftigt war, dass ich mich dauernd als Arbeitnehmerin zweiter Klasse gefühlt hätte, denn 99,5 % der Kollegen haben mich von Anfang an integriert und mich genauso behandelt wie festangestellte Kollegen auch - und das trifft auch zu 100 % auf meinen aktuellen Einsatz zu. Ich habe weder im Umgang mit meinem Chef noch mit meinen Kolleginnen/Kollegen das Gefühl, da nur als Übergangslösung geduldet zu sein, ganz im Gegenteil. Natürlich hängt das auch vom Entleihunternehmen ab, aber ich kann in dem Punkt bis dato wirklich nicht von schlechten Erfahrungen berichten.
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