Dienstag, 31. August 2010

Ärgerliche Risiken und Nebenwirkungen

Von der Unsitte, im Internet andere Menschen teilweise hinterrücks zu dissen, hatte ich ja schon vor einigen Tagen gebloggt. Nun gibt es aus aktuellem Anlass noch einen Beitrag zum Thema.

Marina erzählte mir von einer Bekannten, die sich aus einer Online-Community zurückzieht, da sie wohl von einigen Usern mit nicht gerade freundlichen, bisweilen unmöglichen Kommentaren überzogen worden ist. Es ist schade, wenn nette Menschen sich aus einer Community zurückziehen, nur weil manche Leute es wohl nicht auf die Kette bekommen, mögliche Kritik angemessen und vernünftig auszudrücken und sich dann möglicherweise noch hinter irgendeinem Nickname verstecken. Einen ähnlichen Bericht über ein wissenschaftliches Forum hatte ich auch schon mal bei einem meiner Autoren-Kollegen im Suite101-Autorenforum gelesen. Endeffekt war, dass manche Wissenschaftler sich auch zurückgezogen haben, weil sie von einigen Usern dort ziemlich hart und unsachlich angegangen wurden.

Erstens stellt sich mir die Frage, ob ich wirklich alles, aber auch wirklich alles kommentieren muss, was ich im World Wide Web lese. Ebenso wie unsachliche und diffamierende Bemerkungen nerven auch diejenigen, die belangloses Bla-Bla hinterlassen wie "Ganz meine Meinung" oder "Kann ich mich mit identifzieren." Es ist eigentlich schon alles gesagt worden, nur eben nicht von jedem...wenn mir etwas unwichtig, banal oder nicht interessant erscheint, muss ich den Urheber da auch nicht gleich dumm anmachen, sondern kann auch einfach mal meine Klappe halten und mir meinen Teil denken.

Zweitens macht auch der Ton die Musik. Natürlich ist Kritik erlaubt, sofern sie konstruktiv ist, aber wenn manche Nutzer anfangen, andere als blöd, hässlich, dumm, untalentiert etc. zu diffamieren, hat das nichts mehr mit konstruktiver Kritik zu tun, dann ist es einfach nur noch peinlich und taktlos. Mir reichen manchmal schon die Kommentare einiger Nutzer eines Verbraucherschutz-Portals, die Ratsuchende dann schräg anmachen wie "Selbst Schuld!", "Wer ist denn auch schon so blöd...?", "Lernen Sie erst mal Deutsch" und solche Scherze. Klar gibt's Beiträge, die wirklich im schlechtesten Deutsch abgefasst sind, aber das gilt nicht nur für Ausländer, sondern auch für viele Deutsche, die alles in Kleinbuchstaben ins Netz hämmern, von Zeichensetzung keine Ahnung haben usw. Trotzdem muss ich das nicht kommentieren, ich sehe mich nämlich nicht als Deutschlehrerin und Moralapostel der Nation, wie beispielsweise Sarrazin und Frau Hermann mit ihren rechtspopulistischen Auswüchsen, die auch kein Mensch braucht.

Bei manchen, wohlgemerkt nicht bei allen Internet-Nutzern habe ich den Eindruck, als wenn sie das Internet nutzen, um scheinbar anonym hinter einem Nickname ihren Frust an anderen auszulassen, weil sie in der realen Welt mit sich und ihren Mitmenschen nicht klar kommen. Im Internet scheinen sie dann das Gefühl zu haben, plötzlich wer zu sein, wenn sie hinterrücks jemanden dissen oder beleidigen - wenn sie schon in der Realität sonst keiner für voll nimmt, dann doch wenigstens in der Anonymität des World Wide Web, wo man sich problemlos hinter Nicknames, Avataren und gefaketen Online-Profilen verstecken kann. Ehrlich gesagt: Ich habe zwar auch Kontakt zu anderen Menschen übers Internet oder per Mail, aber am schönsten sind die Kontakte in der realen Welt - egal, ob per Telefon oder von Angesicht zu Angesicht. Das Web ist sicherlich eine Ergänzung oder Bereicherung in mancherlei Hinsicht, ersetzt jedoch nicht das persönliche Gespräch mit anderen. Allerdings: im persönlichen Kontakt zu anderen kann ich mich auch nicht verstecken oder besser machen als ich eigentlich bin - und das scheint für manche ein echtes Problem zu sein. Besser wird es aber auch nicht dadurch, wenn jemand sich ständig durch Beleidigung und Diskrimierung anderer in der Anonymität hervor tut.

Wesentlich lieber sind mir da die, die auch unter ihrem richtigen Namen Artikel, Geschichten, Kunstwerke oder was auch immer veröffentlichen und die damit auch mit ihrem Gesicht und ihrem Namen für ihre Werke einstehen. Sich dann aber von Dritten auf blödem Niveau anreden zu lassen, nur weil irgendjemandem was nicht gefällt oder Sprüche abzulaichen der Marke "Hauptsache, ich hab mal irgendwas gepostet", ist nun wirklich nicht mein Ding und das vieler anderer Menschen, die im Netz tätig sind, auch nicht. Dass sich da manche nach einer ausreichenden Anzahl schlechter Erfahrungen lieber zurückziehen, kann ich gut nachvollziehen - schade ist nur, dass dann die die Oberhand zu gewinnen scheinen, die weder Niveau noch Rückgrat besitzen und meinen, im Netz wirklich alles von sich geben zu können, was sie im wahren Leben nie offen sagen würden, weil sie von Angesicht zu Angesicht Gefahr laufen, dass das entsprechend sanktioniert wird.

Ich erinnere mich da mal an einen Kommentar vor einigen Jahren, wo mir jemand in einer Online-Community textete: "Wenn ich dich sehe, fällt mir alles aus'm Schädel!" Dazu fiel mir nur noch eins ein: "Wo nix drin ist, kann auch nix rausfallen!" :o) Im Allgemeinen gilt für mich sowohl im persönlichen Kontakt mit anderen als auch im Netz der Grundsatz: "Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu!"

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