Leider wird durch diese Art der Werbung der Eindruck vermittelt, als wenn Medikamente eher zu den üblichen Ge- und Verbrauchsgütern gehören wie Lebensmittel, Getränke, Waschmittel usw. In dem Zusammenhang fand ich den Artikel in der ADAC-Motorwelt (Ausgabe 3/2011) sehr interessant, der auf die völlig unterschätzte Wirkung von Medikamenten(-Abhängigkeit) im Straßenverkehr hinwies, insbesondere wenn eine Medikamenteneinnahme nicht aus gesundheitlichen Gründen angezeigt ist, sondern Tabletten und andere Arzneien rein prophylaktisch und/oder zur Leistungssteigerung eingeworfen werden.
Neben der nervigen Werbung für Schlankheitsmittelchen aller Art - insbesondere Formoline 112 - in der dem Verbraucher suggeriert wird, dass Nahrungsfette prinzipiell schlecht seien und dass Tabletten sogar zur Freundin werden können (AUA!), geht mir auch die Werbung für angeblich frei verkäufliche Beruhigungsmittel wie Neurexan ziemlich auf den Keks. Eigentlich ist es traurig, wenn jemand seinen Alltag nicht mehr ohne die Einnahme von solchen Mittelchen auf die Kette bekommt. Mittlerweile hat sich ein vergleichbares Produkt dazu gesellt, dessen Name mir leider nicht einfällt - der Spot lief gestern auf Sat1. Schauspielerin Sandra Speichert wirbt für dieses Mittelchen und wirkt dabei schon so benebelt und leidenschaftslos, dass man ihr zurufen möchte: "Egal, was du nimmst: Nimm weniger!"
Allerdings, und das ist sicherlich auch ein gesamtgesellschaftliches Problem, wird jedoch auch der Eindruck erweckt, dass Menschen mit geringerer Leistungsfähigkeit in der Leistungsgesellschaft, die sich scheinbar nur noch über Arbeit, Geld, Äußerlichkeiten und andere Status-Symbole definieren kann, nicht als vollwertig angesehen werden - es gibt ja Unternehmensberatungen, bei denen sind Angestellte, die nicht mindestens 60 Std. die Woche arbeiten, schon Minderleister. Die schätzenswerten Persönlichkeitseigenschaften wie Hilfsbereitschaft, praktisches Geschick, Einfühlungsvermögen etc. eines Menschen bleiben bei dieser Definition jedenfalls auf der Strecke. Vor dem Hintergrund verwundert es auch nicht, dass viele Arbeitslose mit der Zeit zu Depressionen neigen - abgesehen davon, dass sie das Gefühl haben, nicht gebraucht zu werden, werden sie häufig pauschal als faule Sozialschmarotzer abgestempelt (Hartz IV und die Westerwelle lassen grüßen...) und leiden zunehmend auch an materiellen Einbußen, sodass sie vielfach als wertlos angesehen werden, weil sie weder Kohle für Status-Symbole haben noch arbeiten. Ich denke, den meisten Arbeitslosen wäre es wesentlich lieber, wieder vernünftig entlohnte Arbeit zu haben anstatt erfolglos bei jeder neuen Bewerbung darauf zu hoffen, endlich einen Job zu bekommen. Natürlich gibt es auch die Sozialschmarotzer, die keinen Bock auf Arbeit haben, aber die sind nicht die Regel. Die Politik - und auch viele Menschen in der Ottonormalbevölkerung - schert jedoch alle Arbeitslosen mal pauschal über einen Kamm. Es ist doch wohl ein Unterschied, ob jemand 41 Jahre lang gearbeitet hat und dann arbeitslos wird, weil sein Arbeitsplatz aufgrund von Restrukturierungsmaßnahmen entfällt, oder ob jemand noch nie einem 8-Stunden-Job nachgegangen ist bzw. seine Arbeit in schöner Regelmäßigkeit alle paar Monate hingeschmissen hat, weil man es ihm nicht dauerhaft zumuten konnte, morgens früh aufzustehen oder mal ein paar Kilometer mit dem Auto bzw. Bus und Bahn zur Arbeit zu gondeln...In Deutschland besteht mittlerweile leider das Problem, dass Persönlichkeit und Charakter eher zweitrangig zu sein scheinen, sondern stattdessen Äußerlichkeiten, Arbeit und materieller Besitz im Vordergrund stehen.
Gleichwohl leben ja auch diverse TV-Formate vor, dass man nix können muss, auf dem Bildschirm rumprollen darf usw., aber dass man auch damit eine mediale Aufmerksamkeit erhält, die demjenigen eigentlich nicht zusteht - egal, ob in Talkshows der Privatsender (wobei da ja mittlerweile nur noch "Britt" in Sat1 aktiv ist), DSDS, Die Mädchengang usw. Wie sagt mein Vater immer so schön? - "Früher kamen die Irren inne Klappse, heute kommen sie ins Fernsehen!" Bei einigen Formaten trifft das 100 %-ig zu. Eine Zeit lang, als dieser Talkshow-Boom auf den Privatsendern vorherrschte mit Hans Meiser, Ilona Christen, Vera macht Mittag, Britt, Franklin, Bärbel Schäfer, konnte man sich nur noch über die hanebüchenen Themen wundern, die sich dann oft auch noch wiederholt haben wie z. B.
- Hilfe, ich habe mein Bad seit drei Jahren nicht geputzt, jetzt hab ich Schimmel am Duschvorhang!
- Meine Freundin betrügt mich mit einem XXL-Vibrator
- Du Schlampe! Mutti kocht bessere Linsensuppe als Du!
- Ich möchte aussehen wie Britney Spears - derzeit sehe ich aus wie Christina Aguilera
- Oh Gott, meine Piranhas vertilgen mehr als zwei Schnitzel am Tag!
- Warum mag mein Meerschweinchen keine Rollmöpse essen?
- Du Schlampe! Du hast meinen Freund drei Sekunden lang angeglotzt!
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