Donnerstag, 17. März 2011

Toleranz?

Gestern bekam ich wieder per Post die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift Metal Hammer geliefert, die ich dann auch direkt abends auf der Couch gelesen habe, zumal auch einige Fotos und ein kleiner Artikel über meine Lieblingsband Metallica drin waren. Ich lese auch immer ganz gerne die Leserbriefe zu Beginn des Heftes und wunderte mich doch etwas darüber, dass manche Leser sich darüber beschwert haben, dass ein mir persönlich nicht bekannter Metaller namens Burzum nicht in der Zeitschrift näher beleuchtet wird bzw. seine Musik nicht rezensiert wird - der Mensch vertritt offensichtlich rechtsradikales Gedankengut, das sich aber scheinbar nicht in seiner Musik niederschlägt. Egal, ob seine faschistischen Tendenzen nun in seiner Musik erkennbar werden oder nicht: Ich kann Chefredakteur Christof Leim, der diese Beschwerden auch mit einem eigenen Statement beantwortet hat, nur zustimmen, wenn er schreibt, dass Bands mit rechtsradikalem Gedankengut im Heft nicht behandelt und toleriert werden; egal, ob sich ihre faschistische Überzeugung nun in ihrer Musik widerspiegelt oder nicht. In der Beziehung bin ich auch für die Null-Toleranz-Grenze, zumal vielen Metallern ohnehin pauschal nachgesagt wird, auch wenn es für einen Großteil nicht zutrifft, dass sie entweder todessehnsüchtige, gewaltbereite Satanisten mit Alkoholproblem sind und/oder rechtsradikales Gedankengut vertreten. Das sind dann wiederum die Vorurteile, die den Metal-Fans häufig entgegen gebracht werden und wenn dann noch tolerant damit umgegangen wird, dass einige Bands leider rechts sind, fühlen sich manche Leute ja noch in ihren Stereotypien bestätigt.

Was ist das überhaupt für ein Argument? "Okay, der Typ ist rechts, aber der macht ja so tolle Musik..." Gute Musik hin oder her - ich bin auch nicht dafür, dass Leuten mit rechtsradikalem Hintergrund unter Umständen auch noch ein Forum geboten wird, indem man diesen Aspekt komplett ausblendet. Ich frage mich auch, ob die Leute, die meinen, dass man die faschistischen Tendenzen von Burzum mal eben ignorieren kann, auch so tolerant und vermeintlich weltoffen wären, wenn es sich nicht um einen Menschen mit rechter Gesinnung handeln würde, sondern stattdessen um jemanden, der radikal-islamistische Tendenzen vertritt oder der als Pädophiler bekannt ist. Würde das dann auch völlig los gelöst vom künstlerischen Schaffen des betreffenden Musikers gesehen werden? Vermutlich nicht. Dann wäre das Geschrei nämlich groß, aber bei Rechtsradikalismus scheinen einige eine übertriebene Toleranz an den Tag zu legen - auch wenn sie sich selbst von solchen Tendenzen abgrenzen mögen.

Irgendwie scheint es in einigen Köpfen noch nicht angekommen zu sein, dass Hitler und seine Schergen während der NS-Zeit nicht nur Rückenwind von glühenden Anhängern ihrer Ideologie bekamen, sondern auch von denen, die stillschweigend weggeschaut oder die Diskriminierung/Tötung von vermeintlichen Randgruppen billigend in Kauf genommen haben. Von den Konzentrationslagern wollten viele Deutsche nichts gewusst haben, aber die Diskriminierung der jüdischen Mitbürger muss sogar selbst dem ignorantesten Zeitgenossen aufgefallen sein, zumal die Juden in der NS-Zeit ja dazu verdonnert wurden, einen Juden-Stern an ihrer Kleidung zu tragen und in den Schaufenstern jüdischer Geschäfte ja oft genug Aufforderungen von den Nazis prangten, als Deutscher dort ja nicht einzukaufen. DAS kann normalerweise keinem Deutschen zwischen 1933 und 1945 verborgen geblieben sein, mit welchem Ausmaß antisemitische Diskriminierung in der Zeit erfolgt ist. Manche haben  offensichtlich gar nix aus der deutschen Geschichte gelernt.

Vor dem Hintergrund finde ich es auch vollkommen legitim und richtig, dass rechtsradikalen Musikern nicht auch noch ein Forum geboten wird - auch wenn sich ihre rassistische Ideologie nicht in ihrer Musik niederschlägt, was ich im konkreten Fall nicht beurteilen kann, da ich Burzum nicht kenne und sie angesichts rechtsradikalen Gedankenguts auch nicht näher kennen lernen möchte. Und - wie bereits gesagt: An radikalem Gedankengut sind nicht nur die Schuld, die es aktiv umsetzen durch Aufmärsche, Parolen und Diskriminierung von Randgruppen (in diesem Fall Ausländer), sondern auch die, die sich dem nicht entgegen stellen und es stillschweigend tolerieren, nur weil jemand angeblich gute Musik macht.

Ebenso nervt mich auch - losgelöst von der Frage nach rechtsradikalem Gedankengut - die Diskriminierung und das Dissen mancher Metaller untereinander. Die Metaller, die sich als "true" bezeichnen, definieren aber sehr genau, welche Bands man hören darf und wie man sich kleiden muss, um als "true" durchzugehen - wenn jemand aber auch Bands hört, die von den selbst ernannten true Metallern als "untrue" abqualifiziert werden oder gar Songs, die aus einer anderen Musikrichtung stammen (Pop, Schlager, Techno etc.), gut findet, dann ist es mit der Toleranz der vermeintlichen true Metaller, die sich als besonders weltoffen und tolerant definieren, aber auch ganz schnell vorbei. Ich höre zwar gerne Metallica, Iron Maiden, Judas Priest, Dio, Slayer, Gary Moore, Rammstein, In Extremo und noch anderes, was dem Hard Rock- und Metal-Bereich zuzuordnen ist, ich habe aber kein Problem damit, auch zu sagen, dass ich auch andere Musik außer Metal gerne mag - z. B. Pop der 80er Jahre und auch teilweise Pop-Musik der heutigen Zeit, wenn auch nicht in vielen Fällen. Ich mag umgekehrt auch nicht jeden Metal-Song, selbst von meiner Lieblingsband Metallica mag ich nicht alle Lieder, obwohl ich Fan von ihnen bin. Okay, dann bin ich eben untrue, weil ich neben Metal auch Pop höre und nicht jeden Song meiner Lieblingsband mag :o).

Sorry, Leute, leider kann ich auch nicht mit Nietenarmband und Metallica-T-Shirt meine Kunden empfangen und betreuen - ich glaube, davon wären auch nicht alle Kunden begeistert; egal, wie gut ich meinen Job auch sonst mache,  wie zufrieden meine Klienten auch mit den von mir lektorierten und korrigierten Bewerbungsunterlagen sind und wie sympathisch ich ihnen als Mensch bin. Das Einzige, was ich mir erlaube, ist, hier schon mal ganz in Schwarz aufzulaufen, aber da hauptsächlich Banker aus allen Hierarchiestufen unsere Kunden sind, kann ich hier nicht mal eben rumlaufen, als wenn ich gleich auf ein Metallica-Konzert wollte. Ebenso deplatziert wäre dieses Outfit auch, wenn ich als Steuerberaterin, Verkäuferin in einer Parfümerie oder Edel-Boutique usw. arbeiten würde. Umgekehrt würde ein Banker, der in Anzug und Krawatte zum Metallica-Konzert kommt, ebenso deplatziert wirken. Soviel zum Thema "Toleranz".

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