Freitag, 4. März 2011

Rauchen ist uncool - Saufen aber scheinbar nicht

Die Zahl der militanten Nichtraucher ist in den letzten Jahren, nachdem Raucher immer mehr verbannt und bisweilen schon fast kriminalisiert wurden (man denke nur mal an die Anzeige gegen unseren rauchenden Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt, weil er in der Gegenwart einer Person geraucht hatte...), signifikant angestiegen. Online-Medien sind ebenso voll über die negativen Konsequenzen des Rauchens wie auch Print-Medien. Manche Leserbriefe in Programmzeitschriften singen ja schon Klagelieder darüber, wenn in Fernsehserien geraucht wird. Wenn wir sonst keine Probleme auf diesem Planeten haben...

Klar, dass Rauchen nicht gesund ist und im ungünstigsten Fall auch eine Reihe von ernstzunehmenden Erkrankungen auslösen kann, steht außer Frage. Allerdings fällt auf, dass die gleichen strengen Maßstäbe, die beim blauen Dunst angewandt werden, offenbar nicht beim Alkohol angelegt werden - die Alkoholindustrie weigert sich seit Jahren, auf den Flaschen analog zu Zigarettenschachteln Warnhinweise anzubringen, Alkohol-Werbung gibt es auch nach wie vor und ist im Gegensatz zur Zigaretten-Werbung nicht verboten.

Wenn jemand eine angebotene Zigarette auf einer Party ablehnt, ist dies kein Problem und wird von manchen militanten Nichtrauchern schon als fast auszeichnungswürdig angesehen, aber wenn jemand auf einer Party ein alkoholhaltiges Getränk ablehnt, ohne dass da ein tieferer Sinn hintersteckt, kommen sofort Klischeefragen wie "Bist du trockener Alkoholiker?", "Hat deine Frau dir verboten zu trinken?", "Musst du noch fahren? Nimm doch ein Taxi!" Da sind dann auch plötzlich die millitanten Nichtraucher ganz schnell  mit irgendwelchen Klischees und Vorurteilen dabei - es soll jedoch auch Leute geben, die keinen Alkohol mögen, obwohl sie weder fahren müssen noch trockene Alkis sind.

Ich trinke auch eher selten Alkohol mittlerweile - früher habe ich schon mal ganz gerne Wein, Sekt oder ein Likörchen getrunken, wenn auch nicht exzessiv, aber wenn ich vorher ne Schmerztablette eingeworfen habe, wirkt Alkohol da nicht gerade förderlich; also trinke ich keinen Tropfen, wenn ich vorher ne Tablette genommen habe. Das letzte Mal, dass ich Alkohol zu mir genommen habe, war im September 2010, als Timo uns Reissdorfer Kölsch zum probieren mitgebracht hat :o). Auch die Weinflaschen, die ich häufig als Dankeschön für Nachbarschaftshilfe, nette Restaurantkritiken u. ä. geschenkt bekomme, rühre ich nicht immer sofort an aus den vorgenannten Gründen.

Okay, es wird häufiger über das Koma-Saufen bei Jugendlichen in den Massenmedien berichtet, aber an dem Ganzen ändert es nichts. In der Werbung wird nach wie vor suggeriert, dass jemand, der Alkohol trinkt, gut drauf und bei allen beliebt ist - ähnlich, wie es früher auch bei Zigaretten der Fall war. Allerdings, und das ist mal in einem Online-Forum in Bezug auf das Thema eingewandt worden, ist es noch nie in der Praxis vorgekommen, dass eine Familie am Rauchen zerbrochen ist; am Alkohol jedoch schon, da Alkohol auch die Persönlichkeit und das Sozialverhalten eines Menschen komplett ins Negative verändert. Eigentlich ist Alkohol die gefährlichste Droge von allen - und sie ist erlaubt und wird sogar noch eifrig beworben. Dagegen ist auch im Prinzip nix einzuwenden, da jeder normalerweise vom Verstand her selbst entscheiden kann, ob, wann und wie viel er trinkt, aber wenn schon beim Rauchen so ne total überzogene Hysterie veranstaltet wird, warum dann nicht auch beim Trinken? Raucher pöbeln nach ner Zigarette nicht in der Gegend rum, sie lallen nicht, kotzen nicht irgendwo hin oder werden regelrecht aggressiv - was bei manchen Besoffskis durchaus mal häufiger vorkommen kann. Auch hat es noch nie einen Fall von Koma-Rauchen gegeben :o).

Ich bin auf jeden Fall dafür, dass Raucher auf Nichtraucher Rücksicht nehmen - ich muss nicht allen Leuten meinen Qualm ins Gesicht pusten, mir auf ner überfüllten Tanzfläche ne Kippe anstecken und den anderen die Klamotten damit verkokeln oder in Nichtraucher-Wohnungen gehe ich grundsätzlich zum Rauchen auf den Balkon (was ich übrigens auch in meiner neuen Wohnung tun werde, die ja auch einen Balkon hat) - aber diese Hysterie und dieser Lobbyismus nerven allmählich. Ich habe weder was gegen Nichtraucher noch gegen Vegetarier oder Veganer - nur, wenn mich jemand bekehren will auf ne ganz militante Art, kriege ich nen Anfall. Steffi z. B. ist auch Vegetarierin, macht aber keinen Heckmeck und hält keine Bekehrungslitaneien, wenn Timo und ich auf unserer Pizza Fleischzutaten haben oder uns im Restaurant ein Steak bestellen. Diese Einstellung finde ich auch vollkommen okay so - wir akzeptieren problemlos, dass Steffi Vegetarierin ist, umgekehrt akzeptiert sie aber auch problemlos, dass wir Fleischfresser sind.

Dass Rauchen negative gesundheitliche Konsequenzen haben kann, ist unumstritten, aber merkwürdigerweise gibt es Leute, die trotz jahrzehntelangem Nikotinabusus (wie es im medizinischen Fachjargon so schön heißt), über 90 werden - wie unser Alt-Bundeskanzler und seine Frau Loki (Gott hab sie selig). Dafür sterben andere mit 30 an Lungenkrebs, obwohl sie nie geraucht haben - weder aktiv noch passiv. Es werden auch stets Zahlen über die raucherbedingten Todesfälle veröffentlicht, beim Alkohol - egal, ob der Tod damit in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang steht - existieren solche Vergleichswerte jedoch nicht. Es gibt zwar mittlerweile Werbungen mit dem Titel "Alkohol macht mehr kaputt als du denkst", was auch im Prinzip richtig ist, aber im Vergleich zu den Anti-Rauch-Kampagnen ist das eher ein Tropfen auf dem heißen Stein. Dieses Lobbyisten-Geseier geht sogar mittlerweile vielen Nichtrauchern auf den Keks - den militanten natürlich nicht. Wenn die schon als Neujahrswunsch haben "Verbesserung des Nichtraucherschutzes" anstatt sich Gesundheit, Zufriedenheit im Beruf, eine glückliche Partnerschaft u. ä. zu wünschen, dann weiß ich es auch nicht mehr.

Vor einigen Jahren existierte mal eine Präsentation, die per E-Mail kursierte und diese Warnaufkleber auf Zigarettenschachteln aufs Korn nahm. Man kann alles missbrauchen, deshalb wurden satirischerweise u. a. folgende Ideen vorgeschlagen:

  • Warnhinweis auf einem Fahrzeugbrief/-schein: Rasen kann tödlich sein
  • Warnhinweis auf einer Tafel Ritter Sport: Sind Sie nicht schon fett genug?
Das lässt sich im Prinzip auf alle möglichen anderen Lebensbereiche und Ge- bzw. Verbrauchsgüter übertragen:

  • Warnhinweis auf Medikamenten: Medikamenteneinnahme kann süchtig machen und zu schweren Erkrankungen bis hin zum Tod führen
  • Warnhinweis auf Treppen: Unsachgemäßes Treppensteigen kann zu Verstauchungen, Prellungen, Knochenbrüchen und sogar zu tödlichen Genickbrüchen führen
  • Warnhinweis auf Produkten, die erhitzt bzw. gekocht werden müssen: Schützen Sie Ihre Kinder - lassen Sie sie nicht an den heißen Topf fassen!
  • Warnhinweis auf Farben und Lacken: Das Trinken dieses Produkts kann tödlich sein.
Der Schwachsinn erinnert mich wiederum an die Aufkleber an einigen amerikanischen Produkten für ganz Gehirnamputierte, worüber auch mal ne Satire im Internet kursierte :o). Ich meine, wer bügelt schon seine Hemden, während er sie am Körper trägt...?!

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