Viele Nutzer beklagen sich in Foren wie z. B. Drehscheibe Online-Foren darüber, dass der Schienenverkehr in Essen seit Mitte der 1980er Jahre immer mehr ausgedünnt wurde, zumal einige Stadtteile heute nur noch mit dem Bus erreichbar sind, wie z. B. Kray. Auch unsere Nachbarstadt Bottrop war bis Mitte der 60er Jahre noch mit der Straßenbahn erreichbar, m. W. mit der Linie 116, die es heute gar nicht mehr gibt, aber seit Bottrop sein Straßenbahnnetz komplett gegen Buslinien eingetauscht hat, fährt heute nur noch der 186 bis Bottrop ZOB. Bis in die 90er Jahre hinein ist sogar noch die Buslinie 166 bis Bottrop gefahren, doch dies ist schon seit 1997 nicht mehr der Fall. Die Endstelle des 166 liegt heute am Bahnhof Dellwig.
Vor dem Hintergrund freuen sich viele Menschen über Fotos des früheren Essener Streckennetzes und der alten Straßenbahnwagen:
Linie 103 an der Schleife Dellwig-Wertstraße - (c) tramfan239, Drehscheibe Online-Foren.de
Das Foto muss laut Angaben des Fotografen 1986 entstanden sein.
Eins stimmt: In den letzten Jahrzehnten sind viele Straßenbahnlinien eingemottet bzw. abgeschafft worden - die 115, die zuletzt zwischen Borbeck-Germaniaplatz und Zeche Ludwig in Rellinghausen pendelte, die 116, die 135, die 104 fährt heute nur noch zwischen Abzweig Akienstraße in Essen-Schönebeck bzw. Grenze Borbeck und Mülheim-Flughafen, die 114 fährt auf Essener Stadtgebiet gar nicht mehr.
Als ich zwischen 1984 und 1993 das B. M. V.-Gymnasium in Essen-Holsterhausen besuchte, bin ich sehr viel mit der Straßenbahn gefahren und habe in der Zeit schon miterlebt, wie oft die Fahrwege mancher Linien geändert wurden. Die 103 fuhr eine Zeit lang nur zwischen Dellwig-Wertstraße und Volkshochschule (in der Nähe des Hauptbahnhofs), heute fährt sie sogar bis zum Steeler S-Bahnhof, genau wie die 109, die ihre Tour in Frohnhausen-Breilsort direkt an der Stadtgrenze zu Mülheim/Ruhr startet. Die 105 fuhr eine Zeit lang lediglich ab Frintrop-Unterstraße bzw. Frintroper Höhe bis Essen Hbf, heute fährt sie wieder bis Rellinghausen-Finefraustraße. Die 114 startete in Mülheim am Hauptfriedhof und fuhr dann bis zur Essener Volkshochschule, heute fährt sie auf Essener Stadtgebiet gar nicht mehr. Wie bereits erwähnt, ist auch der Fahrweg der Linie 104 auf Mülheimer Stadtgebiet zwar verlängert worden, nämlich vom Hauptfriedhof bis zum Flughafen Essen/Mülheim, dafür fährt sie auf Essener Stadtgebiet nur noch bis Abzweig Aktienstraße, während sie in den 80ern und bis in die 90er hinein sogar bis Rellinghausen gefahren ist.
In den 80ern gab es außer der U17 und der U18 noch kein richtiges U-Bahn-Netz hier in Essen. Immer, wenn ich mich nachmittags in der Stadt mit Freundinnen getroffen habe, bin ich an der Heißener Straße in die Linien 104 oder 105 gestiegen und bis Essen Hbf gefahren - bis Viehofer Platz fuhren die Bahnen allerdings komplett oberirdisch, erst kurz vor dem Porscheplatz ging es unterirdisch weiter. Die heutige Haltestelle Krupp-Hauptverwaltung an der Altendorfer Straße hieß damals noch Haupteingang. Heute sind ja die Haltestellen Berliner Platz und Viehofer Platz/Rheinischer Platz ebenfalls unterirdisch.
Der U-Bahn-Abschnitt Richtung Altenessen/Karnap ist zwar der neueste unterirdische Streckenabschnitt im Essener Schienennetz, aber leider gibt es auch da die meisten Zwischenfälle, wie z. B. Kabelbrände, meist kurz hinterm Bahnhof Altenessen. Auf der Altenessener Straße fährt die 106, die früher bis Karnap-Alte Landstraße bzw. Gelsenkirchen-Schloss Horst fuhr, immer noch oberirdisch, macht allerdings am Bahnhof Altenessen Schicht. Die U11 ab Messe-Ost fährt bis Karlsplatz, die U17 startet in der Margarethenhöhe und fährt bis Karnap bzw. Gelsenkirchen-Horst. Aufgrund der Mega-Maulwurfs-Arena entlang der Altenessener Straße, die durch den Bau der U-Bahn bedingt war, sind dort viele Menschen weggezogen, zumal sich der Bau des Tunnels Richtung Essener Norden mehr als zehn Jahre hingezogen hat.
Mitte der 90er Jahre war sogar mal im Gespräch, den Stadtteil Breilsort direkt an der Stadtgrenze zu Mülheim vom Straßenbahnnetz zu trennen, sodass die Menschen, die am Ende der Frohnhauser Straße und den angrenzenden Seitenstraßen wohnten, erst mal mindestens 500 m hätten laufen müssen, um die 109 bzw. die Buslinie 161 am Rüdesheimer Platz zu erreichen. Diese Pläne waren zwar recht schnell wieder vom Tisch, aber bei einer solchen Planung dürfen sich die Verantwortlichen nicht wundern, dass viele Essener ihren eigenen Pkw/ihr Zweirad dem ÖPNV in der Stadt vorziehen.
Zum Betriebshof Schweriner Straße in Frohnhausen, in dessen Nähe ich ja zwischen Januar 2006 und Mai 2011 gewohnt habe, führen zwar immer noch Schienen, aber dort sind meist Party-Trams stationiert, also ältere Wagen, die von Essener Bürgern gegen eine gewisse Gebühr für Privatfeiern gebucht werden können. Bis Mitte der 80er befand sich lt. Auskunft meiner früheren Nachbarn sogar eine Straßenbahnhaltestelle auf der Ecke Schweriner Straße/Adelkampstraße. Als ich dort gewohnt habe, musste ich immer ca. 350 m bis zur U-Bahn-Haltestelle Wickenburgstraße laufen, um mit der U18 in die City zu kommen, wobei an der Wickenburgstraße auch die Buslinien 145 und 147 halten. Mein Opa Fritz hat zwischen 1967 und seiner schweren Krebserkrankung im Juni 1975 als Schneider auf der Kleiderkammer der EVAG am Betriebshof Schweriner Straße gearbeitet, aber damals gab es ja noch eine einfachere Möglichkeit, direkt bis zum Betriebshof zu fahren. Wenn ich heute mit dem ÖPNV ab Dellwig zum Betriebshof Schweriner Straße wollte, müsste ich mindestens einmal umsteigen - mit der 103 würde ich ab Reuenberg bis Berliner Platz fahren und dann in die U18 Richtung Mülheim Hbf umsteigen, um dann von der Haltestelle Wickenburgstraße etwa 450 m bis zum Betriebshof zu latschen.
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