Gestern habe ich zwar mal wieder eine freundliche Eingangsbestätigung auf eine Bewerbung aus Gelsenkirchen bekommen, aber das nützt alles nix, denn ob es zum Vorstellungsgespräch bzw. einer Einstellung kommt, steht ja wie immer in den Sternen - und von den Antworten bzw. Nichtreaktionen mancher Arbeitgeber will ich gar nicht erst reden, denn dazu hatte ich ja erst neulich was geschrieben.
Zum Glück habe ich ja eine Reihe von Menschen um mich herum, die sich Gedanken um mich und mein berufliches Fortkommen machen. Vorgestern hatte Groupie Thomas mir in einer Mail einen Link zum Transition Coaching des Landes NRW geschickt und eine Google+-Freundin gab mir gestern in einem Kommentar auf einen Blog-Eintrag den Tipp, mich doch mal an die Wirtschaftsförderung zu wenden wegen Existenzgründung. Abgesehen davon, dass ich mich bei beiden für den Link bzw. den Tipp herzlich bedanke, habe ich heute telefonisch Kontakt zur Essener Wirtschaftsförderung aufgenommen und einen Beratungstermin für Anfang August vereinbart. Ich möchte nämlich Nägel mit Köpfen machen anstatt meine Begabungen, Qualifikationen und persönlichen Qualitäten manchen Arbeitgebern (oder das, was sich so nennt) zum Fraß vorzuwerfen und mich dann noch wie eine lästige Fliege ignorieren zu lassen. Ich habe mittlerweile etwa 70 Bewerbungen verschickt und davon sind etwa 45 komplett unbeantwortet geblieben. Nein danke, brauche ich nicht mehr.
Darauf habe ich keinen Bock mehr. Ich konnte schon bei meinen früheren Kunden gut verstehen, wenn die nachher frustriert waren, vor allem, wenn sie sich über mehr als zehn Jahre nirgendwo mehr beworben hatten, haben die beim Umgang mancher Arbeitgeber mit ihren Bewerbern einen regelrechten Kulturschock erlebt, denn manches war an Unverschämtheit, Dreistigkeit und Desinteresse kaum noch zu überbieten. Manche Arbeitgeber neigten sogar zur unfreiwilligen Komik, wie am Beispiel einer Kundin, die sich bei der Sparkasse Essen beworben hatte, deutlich wird. Die Dame hatte Bürokauffrau gelernt, war zum damaligen Zeitpunkt etwa 40 und verfügte über viele Jahre Erfahrung als Privatkundenberaterin. Ich erinnere mich noch wie heute an ihren geschockten Anruf, nachdem sie eine Absage von der Spaßkasse bekommen hatte. Als sie mir den Absagetext am Telefon vorlas, musste ich lachen, und sie im Grunde genommen auch. Die humorbegabte Spaßkasse hatte einer Dame mit Mittlerer Reife, kaufmännischer Ausbildung und Berufserfahrung Folgendes geschrieben:
"[...] Leider haben wir keine Stelle zu besetzen, die Ihren hohen Qualifikationen entspricht." :o))) *gröl*
Also, entweder wünscht sich die Sparkasse keine gut qualifizierten Mitarbeiter/-innen oder da hat der Verfasser des Schreibens einfach einen Standard-Text verwendet, egal ob der nun im Einzelfall passt oder nicht. Natürlich verfügte meine Kundin über Qualifikationen und Berufserfahrung, aber der Text hörte sich eher so an, als wenn die Absage für einen Akademiker gedacht wäre *kicher*.
Das war ja wenigstens noch ein lustiges Beispiel, über das man immerhin schmunzeln konnte, aber eine frühere Kundin von mir aus Hannover, die aus der ehemaligen DDR stammte, aber schon drei Jahre vor dem Mauerfall in den Westen übergesiedelt war, durfte folgenden Text in einer Absage lesen:
"...vielen Dank für den Einblick in Ihr bewegtes Leben. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir Ihre Bewerbung nicht weiter berücksichtigen möchten."
AUA! - Da ist aber jemand ganz mit Vorurteilen behaftet, was unsere ostdeutschen Mitbürger betrifft und vermutlich auch noch geistig ein bisschen beschränkt, denn anders kann so ein pseudofreundlicher Schmu - den ersten Satz würde ich eher zynisch nennen - nicht zu erklären sein.
Das waren jetzt nur zwei Beispiele für hanebüchene Absagen, aber solche Dinge sind leider noch viel häufiger vorgekommen, sodass es immer an Marina, Steffi und/oder mir lag, die Motivation unserer Kunden dauerhaft aufrecht zu erhalten, denn spätestens nach der zehnten Absage in dem Stil schwand selbst bei hoch motivierten, sympathischen und gut qualifizierten Bewerbern die Motivation, was angesichts solcher Reaktionen sogar verständlich ist.
Das Drama "Keine Antwort ist auch eine Antwort." haben auch zig meiner Kundinnen und Kunden miterleben müssen. Einer hoch qualifizierten, sympathischen Führungskraft, die Marina und ich zusammen betreut hatten, ist es sogar passiert, dass von 70 Bewerbungen gerade mal fünf mit einer Absage "belohnt" wurden, den anderen 65 Arbeitgebern war unser Kunde nicht mal eine Absage wert, obwohl er alles an menschlicher und fachlicher Qualifikation mitbrachte, was man braucht. Das sagt viel über das Arbeits- und Sozialverhalten der jeweiligen Unternehmen aus. Er hat sich schließlich zusammen mit einigen älteren Kollegen, denen bzw. deren Bewerbungen ein ähnliches Schicksal wie ihm selbst widerfuhr, selbstständig gemacht und, soweit mir bekannt ist, läuft das Geschäft gut.
Politik und Wirtschaft heulen rum wegen angeblichem Fachkräftemangel. In manchen Bereichen mag es sicherlich so sein, dass es zu wenig Fachkräfte gibt, aber in den meisten Bereichen glaube ich eher, dass zwar hierzulande genug Fachkräfte vorhanden sind, die dann aber durch unhöfliches, asoziales Benehmen mancher Unternehmen vergrault werden. Ich glaube, solche Firmen bedenken nicht, dass sie damit negative Eigenwerbung für ihren Laden und somit auch geschäftsschädigendes Verhalten betreiben, denn die Mund-zu-Mund-Propaganda ist nicht zu unterschätzen. Jeder Bewerber hat Freunde, Bekannte und Familie, denen er sicherlich von seinen Erfahrungen mit dem einen oder anderen Unternehmen berichten wird - und eben diese Freunde, Bekannten und Familienmitglieder haben auch Freunde und Bekannte, sodass ein solches Benehmen bzw. ein solcher Umgang mit Bewerbern schnell große Kreise ziehen kann. Der Image-Schaden ist dann irgendwann da, aber soweit denken viele Firmen offenbar nicht, sondern tun eher so, als wenn sie im luftleeren Raum leben, in dem sie ganz nach Gutdünken Bewerber abwerten, diskriminieren, lächerlich machen oder ignorieren können. Damit das dann nicht so auffällt, spielen solchen Läden ja auch noch vermeintliche Personalberater mit Scheuklappen in die Hände, die dann in Zeitungen oder im Internet nur von unhöflichen, demotivierten und dumm-dreisten Bewerbern berichten. Die gibt es zwar, aber komischerweise wird die andere Seite der unhöflichen, demotivierenden Arbeitgeber leider nur selten beleuchtet.
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