Mich nervt seit geraumer Zeit der Umgang mit Arbeitslosen, insbesondere Hartz IV-Empfängern von Seiten der Politik und der zuständigen Behörden, deshalb möchte ich jetzt einfach mal eine Lanze für alle Hartz IV-Empfänger brechen.
Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich weiß, dass es Hartz IV-Empfänger gibt, die keinen Bock auf Arbeit haben (wie etwa Mallorca-Rolf oder Arno Dübel) oder die das System in irgendeiner Form ausnutzen, aber solche Leute wie die genannten Negativ-Beispiele stellen eine Minderheit dar, auch wenn populistische Medienberichte gerne etwas anderes behaupten. Es wird nämlich immer stets vergessen, dass viele Hartz IV-Empfänger nicht nur mit dem Problem der Arbeitslosigkeit an sich zu kämpfen haben - egal, wie viele Jahre sie vorher in Brot und Arbeit standen - sondern auch mit Vorurteilen, Stigmatisierungen und Diskriminierungen, gerade durch die für sie zuständigen Jobcenter.
Meinen Fall, in dem das Jobcenter immer wieder fadenscheinige Gründe fand, sich total bekloppt zu benehmen oder Zahlungen auch schon mal verspätet anzuweisen, habe ich hier im Blog ausführlich geschildert, deshalb wiederhole ich das alles jetzt nicht. Allerdings weiß ich, dass es in ganz Deutschland Menschen gibt, die von Hartz IV leben müssen, und ähnliche bzw. noch schlimmere Erfahrungen gemacht haben.
Offenbar werden alle Hartz IV-Empfänger unter Generalverdacht gestellt, vor allem, wenn sie sich als Freiberufler/Selbstständige verdingen, um irgendwann nicht mehr vom Staat abhängig zu sein. Leider werden dann aber Behauptungen aufgestellt wie "Manche Selbstständige rechnen sich arm, damit sie weiter ALG II abgreifen können.". Hallo??? Jeder halbwegs normale Mensch ist froh, wenn er nicht vom Staat abhängig ist und seine Einkünfte noch zusätzlich mit Hartz IV aufstocken muss, so wie es bei vielen in der Vergangenheit vor Zeiten der Arbeitslosigkeit der Fall war, aber mit solchen Äußerungen wird Freiberuflern und Selbstständigen per se unterstellt, dass sie alle kriminell sind und obwohl sie 6.000 EUR brutto jeden Monat verdienen, zusätzlich noch Unterstützung vom Staat abgreifen möchten. Das wird wohl kaum einer tun, denn man muss dem Jobcenter ja über jede Einnahme und Ausgabe Rechenschaft ablegen - und ich schätze, die meisten sind froh, wenn sie ausreichend verdienen, um nicht mehr von der Willkür-Behörde Jobcenter abhängig zu sein und dort wirklich jeden Pups rechtfertigen müssen. Das gilt analog auch für Arbeitnehmer, die aufgrund einer viel zu niedrigen Entlohnung aufstocken müssen. Normalerweise sollte jeder unabhängig von staatlichen Leistungen von seinem Gehalt leben können, egal ob er abhängig Beschäftigter oder Selbstständiger ist.
Manche Besser-Menschen in diesem Land haben wohl die ziemlich bekloppte Vorstellung, dass 399 EUR im Monat (für Alleinstehende) vollkommen ausreichend sind - klar, solange ich in meiner heilen Ignoranten-Welt für Nettogehälter von mindestens 1.400 EUR in meinen Ohrensessel furzen kann, kann ich auch große Fresse haben und von Dingen schwafeln, von denen ich keine Ahnung habe. Gleichzeitig haben manche Besser-Menschen auch die Vorstellung, dass jeder Selbstständige soviel verdient, dass er sich locker eine Luxusvilla, einen Zweitwohnsitz auf Mallorca und noch mehrere Protzkarren leisten kann. Dem ist aber leider nicht so - viele Selbstständige krebsen vor sich hin trotz entsprechendem Fleiß und Engagement - aber Klischee-Wiederkäuer sind ja kaum in der Lage, über den Tellerrand ihrer Promi-Glitzer-Welt hinaus zu blicken.
Natürlich kann man vom Jobcenter bei Vorliegen eines Business-Plans Einstiegsgeld bekommen - liegt zwischen 200 und 400 EUR pro Monat - aber empfehlenswert ist das nicht, wenn nicht noch ein gewisses Eigenkapital vorhanden ist. Jeder Unternehmer weiß, dass bei einer Firmengründung zunächst gewisse Investitionen für Inventar, Werbung usw. notwendig sind, und dafür haben Hartz IV-Empfänger trotz dem zusätzlichen Einstiegsgeld oft nicht die Kohle, auch wenn es in das begrenzte Hirn mancher Besser-Menschen nicht rein will. Streng genommen werden all jene auch noch bestraft, die versuchen, aus ihrer Misere rauszukommen.
Vor allem ist es schon sehr merkwürdig, dass jeder Arbeitslose noch vor Zeiten der Agenda 2010 in die sog. Ich-AG gedrängt wurde, um die Arbeitslosenstatistik zu schönen, aber jetzt, wo der ganze Babel Hartz IV heißt, verteufeln Arbeitsagenturen und Jobcenter plötzlich das, was sie selbst erst los getreten haben.
Für die komische Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik in diesem Land kann kein Arbeitsloser der Welt etwas, egal wie gut qualifiziert und motiviert er auch ist. Solange die Wirtschaft nur noch manipulierbaren Marionetten lechzt, die sich gerne für weniger als den Stundenlohn verheizen lassen - deshalb sollen die Flüchtlinge ja nach dem kranken Willen unserer Bundeskanzlerin auch hauptsächlich im Niedriglohnsektor untergebracht werden, was dann wohl noch mehr schlecht vergütete deutsche Arbeitnehmer arbeitslos macht - die noch nicht mal über großartige Qualifikationen verfügen, wird sich die Lage für die Arbeitslosen hier in Deutschland nicht verbessern. Ehrlich gesagt weiß ich dann nur nicht, warum teilweise ein Geschiss um Schulnoten und eine abgeschlossene Berufsausbildung gemacht wird, dann reicht es doch, wenn die Leute direkt nach der Schule arbeiten gehen für nen Appel und n Ei anstatt erst eine Ausbildung bzw. ein Studium abzuschließen. Für all das kann kein Arbeitsloser etwas, da müssten sich manche mal an Politik und Wirtschaft wenden anstatt nerviges Hartz IV-Empfänger-Bashing zu betreiben. Ich denke, die meisten Arbeitslosen würden lieber heute als morgen wieder von ihrer eigenen Hände Arbeit leben, und zwar, ohne noch zusätzlich auf den Staat angewiesen zu sein, aber leider gibt's ja noch genug Verstrahlte, die die Politik in diesem Land okay finden und Frau Merkel für toll halten (igitt!) und stattdessen lieber auf Arbeitslose einprügeln, die in ihren Augen eh alle nur faul, dumm, alkoholkrank und/oder schlecht qualifiziert sind.
Schön wäre auch, wenn auf den Jobcentern besser qualifiziertes, sowohl fachlich als auch menschlich, Personal tätig wäre anstatt weltfremde Herrschaften, die sich womöglich noch über die Notlage ihrer "Kunden" (ein grausiges Wort im Zusammenhang mit Arbeitslosigkeit) lustig machen und die alles abwatschen, was ihnen vor den Tresen kommt. Besonders schlimm daran ist, dass viele der dort tätigen Menschen nicht einmal die notwendige fachliche und menschliche Kompetenz besitzen, sich dann aber plötzlich als Nabel der Welt fühlen, wenn Arbeitslose vor ihnen stehen und sie die einfach wieder wegschicken können, egal wie berechtigt deren Ansprüche in dem Moment sein mögen. Sorry, mit dem Verhalten wären solche Leute in der freien Wirtschaft schon lange gefeuert worden und zwar wegen geschäftsschädigenden Verhaltens.
Natürlich gibt's auch nette, sehr bemühte Sachbearbeiter/innen auf Jobcentern, aber viele von ihnen werden leider nicht durch die ach so bösen Hartz IV-Empfänger mürbe gemacht, sondern eher durch ihre Kollegen, die zwar nicht viel taugen, aber meinen, weil sie Macht über drei Akten haben, jetzt sind sie plötzlich wer. Tja, Arroganz und Dummheit gehen leider öfter Hand in Hand.
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