Sonntag, 22. Januar 2012

Hartz IV müsste eigentlich Schröder IV heißen

Neulich kam abends im Spätprogramm - m. E. im NDR- ein Interview mit Peter Hartz, dem vermeintlichen Urheber der Hartz IV-Reformen bzw. deren Namensgeber. Erst habe ich es mir nur widerwillig angeschaut, zumal ich von Hartz IV überhaupt nix halte, auch wenn ich's zum Glück noch nie in Anspruch genommen habe, aber seine Ausführungen zum Thema waren sehr interessant: Eigentlich hatte er die Arbeitsmarktreformen ursprünglich ganz anders gedacht, aber leider nicht mit der Skrupellosigkeit von Gerhard Schröder und der SPD gerechnet, sodass die Reform zwar seinen Namen trägt, er aber in keinster Weise hinter deren Umsetzung steht. Peter Hartz hatte als Regelsatz für Hartz IV-Empfänger mal 571 Euro angesetzt, Gerhard Schröder und seine pseudosoziale Partei haben den Betrag jedoch bekanntermaßen bei 359 Euro angesetzt, wobei ja mittlerweile 5 Euro drauf gelegt wurden (diese Massen...). Bei den Montagsdemos war Peter Hartz natürlich der Buh-Mann der Nation - verständlicherweise, ich hatte es bis dato ähnlich gesehen - aber eigentlich hat das ja unser ehemaliger Bundeskanzler mit seiner Partei und dem damaligen Koalitionspartner Die Grünen zu verantworten.

Es ist zwar gut, dass da mal ne Richtigstellung erfolgt ist und man den vermeintlichen Urheber des ganzen Blödsinns selbst hat zu Wort kommen lassen, aber da die Hartz IV-Reformen seit sieben Jahren in Kraft sind und sich erst nach der langen Zeit rausstellt, dass da eigentlich Schröder für dieses menschenverachtende System verantwortlich war, ist der blanke Hohn. Ebenso schade ist auch, dass dieser Beitrag im Spätprogramm untergebracht wurde, wenn nur noch wenige Menschen vor der Flimmerkiste hocken und somit überhaupt nicht bekannt werden kann, dass das ursprünglich gut gedachte Konzept von Schröder und seiner Partei ad absurdum geführt wurde.

Auf jeden Fall hat sich bei der unseligen Arbeitsmarktreform keine der so genannten Volksparteien mit Ruhm bekleckert - die CDU hätte es zurücknehmen können, nachdem Schröder nicht mehr Kanzler war, hat's aber nicht getan. Die SPD hat sich mit diesem Vorgehen als Arbeitnehmerverräter profiliert, sodass der erhobene Zeigefinger der SPD in Bezug auf die Causa Wulff nur noch als der blanke Hohn gesehen werden kann (wer im Glashaus sitzt...) und die Grünen, die dann auch mal endlich in der Koalition mit der SPD die Macht geschnuppert hatten, haben das Ganze auch noch durchgewunken. Die FDP bzw. deren damaliger Vorsitzender Guido Westerwelle faselte ja Anfang 2010 was von spätrömischer Dekadenz in Bezug auf Hartz IV-Empfänger. Wie man mit 359 bzw. jetzt 364 Euro pro Monat einen spätrömisch-dekadenten Lebensstil führen kann, soll er mir mal erklären angesichts seiner wesentlich höheren Bezüge.

Und was die Causa Wulff betrifft: Ich bin auch dafür, dass unser Bundespräsident zurücktritt, weil er seine Glaubwürdigkeit einfach eingebüßt hat, aber die anderen Spitzenpolitiker sollen mal nicht so tun, als wenn diese Form der Vorteilsnahme nur durch Herrn Wulff praktiziert worden wäre. Ich glaube, es wäre egal, bei welchem Bundespolitiker man da nachforschen würde - da könnte vermutlich der gesamte Bundestag wegen Vorteilsnahme und Bestechung zurücktreten.

Auch die Journaille hat wieder gut aufgepasst: Wie schon gesagt, ist es kontraproduktiv, eine Richtigstellung des vermeintlichen Urhebers von Hartz IV im Spätprogramm und dann noch sieben Jahre nach Inkrafttreten der Reformen in einem dritten Programm zu bringen, zumal viele ja lieber Primitiv-TV der Marke DSDS, Dschungelcamp, Messie-Alarm u. ä. gucken und sich weniger mit wirklich wichtigen Dingen beschäftigen. Ebenso schleierhaft ist es, warum Peter Hartz erst nach sieben Jahren die Möglichkeit zur Richtigstellung gegeben wurde - ist da vorher kein Journalist drauf gekommen, dass die ursprünglich angedachte Reform von unserem ehemaligen Bundeskanzler verballhornt wurde? Als ich neulich "quer" im Bayrischen Rundfunk anschaute, hat Moderator Christoph Süß mal einige der Fragen vorgelesen, die in Bezug auf die Causa Wulff an ihn bzw. seine Anwälte gestellt wurden. Eine der beklopptesten Fragen der Journaille lautete: "Haben Christian und Bettina Wulff bei einem Urlaubsflug im Flieger mal die Plätze getauscht?" - Na, so ein Schwachsinn hat mit der Sache an sich überhaupt nix zu tun und ob die beiden mal im Flieger die Plätze getauscht haben, ist unerheblich - wichtig wäre viel mehr gewesen, ob ihnen der Flug komplett von einer dritten Person bezahlt wurde bzw. ob sie ihn wesentlich günstiger bekommen haben als andere Passagiere, die in der gleichen Maschine waren.

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