Freitag, 27. Januar 2012

Rote Karten

Heute wurden sowohl in Essen als auch in Düsseldorf rote Karten gegen unsere Landesregierung verteilt, weil diese plant, sich ihre Diäten für die Altersvorsorge eigenmächtig um 500 Euro zu erhöhen. Angesichts der Vielzahl prekärer Arbeitsverhältnisse, immer weiteren Sozialkürzungen, Lohn-Dumping usw. ist das nicht nur unsensibel, sondern egoistisch und vollkommen an der Realität vorbei. In den meisten Branchen meckern die Arbeitgeber schon bei ner Lohnerhöhung von 2 oder 3 Prozent - nur unsere Politiker machen sich weiter die Taschen voll, auch wenn zunehmend immer mehr Menschen auf die Tafeln angewiesen sind; auch Rentner, die ihr Leben lang gearbeitet haben, Arbeitslose, Familien mit Kindern...offensichtlich vertritt die Politik das Volk nicht mehr, sondern regiert nur noch den eigenen schnöden Mammon. Einen dramatischen Gehaltssprung von 500 Euro habe ich jedenfalls in der regulären Arbeitswelt noch nicht erlebt, zumindest nicht bei normal sterblichen Arbeitnehmern (Vorstände mal ausgenommen).

Frau von der Leyen redet sich die Zahlen schön, weil ja angeblich weniger Kinder auf Hartz IV angewiesen sind. Zum Einen gibt es weniger Kinder, weil manche Paare sich angesichts der Lage hierzulande mehr als dreimal überlegen, ob sie wirklich noch ein Kind bekommen sollen und zum Anderen fängt Armut nicht unbedingt erst bei Hartz IV an - viele Eltern bekommen sicherlich kein Hartz IV und müssen aufgrund von schlechter Entlohnung trotzdem knäppern, möchten aber kein Hartz IV in Anspruch nehmen, haha.

Ab und an reden die Politiker mal von Sozialneid innerhalb der Bevölkerung. Hm, was ist daran sozialneidisch, wenn ne Sekretärin, die über die Zeitarbeit beschäftigt ist, mit derselben Qualifikation und Berufserfahrung und gleicher Arbeitsleistung bis zu 700 Euro brutto weniger bekommt als ihre festangestellte Kollegin? Die Leiharbeiterin wird ihrer festangestellten Kollegin sicherlich ihren Verdienst gönnen, den Gehaltsunterschied aber berechtigterweise trotzdem als ungerecht empfinden. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, so sollte es eigentlich sein, aber manche Arbeitgeber nutzen die Zeitarbeit ja nicht, um Auftragsspitzen oder längerfristige Erkrankungen ihrer Mitarbeiter aufzufangen, sondern um den Kündigungsschutz aufzuweichen (Hire or Fire-Mentalität) - Lohndumping inklusive. Natürlich gibt es Personaldienstleister, die ihre Zeitarbeiter fair bezahlen, aber die schwarzen Schafe der Branche neigen leider dazu, auch gut qualifizierten Kräften Stundenlöhne zwischen 5 und unter 10 Euro anzubieten. Und wenn die FDP das so in Ordnung findet bzw. gegen flächendeckende Mindestlöhne ist - wie Herr Rösler ja immer wieder betont - können deren Mitglieder ja mal für 6 Euro die Stunde arbeiten gehen und locker auf ne Diätenerhöhung verzichten. Dann wäre das Geschrei nämlich groß, aber dem Stimmvieh kann man das ja wohl offenbar zumuten. Kein Wunder, dass die FDP bei diesen unsozialen Gedanken nur noch bei 2 % vor sich hin dümpelt.

Die Banken bekommen auch wieder ihre Rettungspakete - ein Ottonormalbürger, der unverschuldet in Not geraten ist, bekommt auch kein Rettungspaket vom Staat, sondern muss gucken, wie er da raus kommt bzw. wird dann teilweise noch als Sozialschmarotzer beschimpft, auch wenn er viele Jahre zuvor ununterbrochen und vernünftig entlohnt gearbeitet hat.

Nach der Bankenkrise wurden auch nicht die Verantwortlichen rausgeschmissen - oh, nein! Es mussten wieder die kleinen Angestellten dafür bluten, die mit der Geldgeilheit ihrer Bonzen überhaupt nix zu tun hatten, weil sie z. B. in der Verwaltung, Poststelle oder in der Privatkundenberatung gearbeitet haben.

Und der ganz große Hohn ist, dass jetzt einige europäische Staaten in der finanziellen Schieflage Deutschland auch noch auffordern, noch mehr Geld für den Rettungsschirm aufzuwenden; da hat sich ja ein Herr aus Spanien gestern richtig mit Ruhm bekleckert. Sorry, das deutsche Volk ist nicht die Melkkuh Europas, auch wenn die Pleite-Staaten das gerne so hätten, damit sie aus der Verantwortung raus sind.

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