Eine meiner Leserinnen unter experto.de, die ich schon häufiger zu Fragen im Bewerbungsprozess beraten hatte, hat endlich eine neue Stelle gefunden *freu*. Das freut mich sehr für meine Leserin, denn es hat ja auch lang genug gedauert. Besonders nett fand ich ihre Danksagung, die sie mir heute früh geschickt hatte, denn ein Dankeschön für geleistete Arbeit ist ja leider nicht immer selbstverständlich - ich berate zwar gerne Menschen, aber eine positive Rückmeldung und ein Dankeschön ist umso schöner. Für manche ist ja alles selbstverständlich und die kennen die Worte "Bitte" und "Danke" überhaupt nicht.
Ansonsten hatte sie mir noch ein Anschreiben ihrer Schwester mitgeschickt und mich dort auch um Lektorierung bzw. die Klärung von zwei Fragen gebeten. Auch das habe ich gerne getan :o). In jedem Fall habe ich ihre E-Mail freundlich beantwortet und ihr viel Erfolg und Freude bei der neuen Stelle gewünscht.
Ansonsten kriege ich jedesmal nen Brechreiz auf schön popoulistische, einseitige Berichterstattung der Medien - der Begriff "gleichgeschaltet" trifft es leider in vielen Fällen sehr gut. N24 tönt auf Google+ rum, dass die Reallöhne angeblich gestiegen seien - komisch, dieser Aufschwung ist bei Ottonormalarbeitnehmer aber nicht angekommen, wie auch die Kommentare zu diesem populistischen Blödsinn zeigen - und der WDR meint, was Neues aufgedeckt zu haben, weil ausländische Arbeitskräfte hier in Deutschland vielfach ausgebeutet werden. Das ist so, keine Frage - aber leider gibt es auch genug deutsche Arbeitnehmer, die ausgebeutet werden, doch dazu schweigen unsere Massenmedien dann lieber, um der Politik und Wirtschaft nicht vor den Kopf zu stoßen.
Im Propaganda-Blättchen des Ruhrgebiets, der WAZ, lese ich im Stellenteil auch oft genug klischeehaften Schwachsinn und einseitige Berichterstattung. Es ist echt komisch, dass die Medien immer nur darauf rumreiten, wenn Bewerber sich im Vorstellungsgespräch nicht benehmen können, viel zu spät oder gar nicht zum Vorstellungstermin erscheinen usw., aber eins lese ich nie in den Zeitungen oder im Internet: Der Umgang mancher Unternehmen mit ihren Bewerbern. Viele Firmen verlangen alles Mögliche von ihren Kandidaten - umfassende Berufserfahrung, gute Qualifikation, Benehmen, ansprechendes Äußeres, Zuverlässigkeit etc. - vergessen aber vielfach leider, die gleichen Maßstäbe, die sie bei ihren Bewerbern anlegen, auf sich selbst anzuwenden. Anders kann es ja nicht zu erklären sein, dass viele Bewerber ihre Unterlagen nur nach mehrmaligem Nachfragen zurückgesandt bekommen (wenn überhaupt) bzw. dann die Unterlagen eines anderen Bewerbers erhalten oder dass der Stil in vielen Absagen gar keinen hat, haha (ordentliche Mappen, die vor Rücksendung im Misthaufen gewälzt wurden, kommentarlose Rücksendung von Bewerbungsunterlagen nach dem Motto "Der/die merkt schon, dass wir kein Interesse an ihm/ihr haben", gar keine Antwort auf Bewerbungen...). Ebenso wenig wird in den Medien erwähnt, dass viele Arbeitsuchende sich zunächst freuen, einen Arbeitsvertrag unterschreiben zu können, aber dass der Vertrag dann plötzlich doch nicht zustande kommt aufgrund von Unzuverlässigkeit des Unternehmens oder weil sie jemanden gefunden haben, der für noch weniger als wenig arbeiten geht - nee, es sind immer nur die bösen Bewerber, die alles falsch machen. Den Eindruck könnte man bekommen, wenn man die gleichgeschalteten Klischee-Artikel in vielen Medien liest.
Angeblich haben nur geringqualifizierte Arbeitskräfte schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt, wenn man den Medien glauben darf. Warum dann viele Akademiker und andere gut qualifizierte Fachkräfte mehr als sechs Monate nach einer neuen Stelle suchen und sich von manchem Asi, der sich merkwürdigerweise in eine Personalabteilung verirrt hat, zu verstehen geben lassen dürfen, dass man mit ihnen nix anfangen kann und es eine Unverschämtheit ist, dass sich der- oder diejenige überhaupt in dem Laden beworben hat und warum es Arbeitslosen-Initiativen für Akademiker gibt, dazu schweigen die Medien auch, denn: es kann ja nicht sein, was nicht sein darf bzw. Eigenrecherche scheint heute bei der Journaille verpöhnt zu sein. Natürlich, es ist doch viel bequemer, jedes schlechte Klischee nachzuplappern, was einem vom großen Boss vorgegeben wird.
Ich habe schon auf beiden Seiten des Tisches gesessen, also sowohl auf der Arbeitnehmer- als auch auf der Arbeitgeberseite, und neben vielen netten Bewerbern gibt es auch die wenig motivierten, bekloppten Kandidaten, keine Frage. Umgekehrt habe ich jedoch auch festgestellt, dass es neben netten Arbeitgebern auch ganz schön verstrahlte Subjekte unter dieser Spezies gibt. Allerdings frage ich mich auch immer, wenn Unternehmen rumheulen, dass viele ihrer Bewerber nicht zum Gespräch erscheinen oder sich dort benehmen wie ne offene Hose, warum sie dann ausgerechnet immer solche Bratbirnen einladen. Auf manche Stelle gehen doch z. T. mehr als 100 Bewerbungen ein und da kann mir keiner erzählen, dass von diesen 100 Bewerbungen alle 100 Schrott sind. Allerdings kommt es auch immer sehr darauf an, wer die Unterlagen liest und beurteilt - der beste Bewerber zieht unweigerlich den Kürzeren, wenn seine Unterlagen bei einer unterbelichteten Truse mit wenig Benehmen und IQ auf dem Schreibtisch landen, die dann womöglich noch vor Neid erblasst, weil sie nur durch Vitamin B an ihren Job gekommen ist. Das trifft zwar nicht auf alle Personaler zu, es gibt auch noch die vom alten Schlag - wenn die leider auch vom Aussterben bedroht sind - aber wenn man sich manche Absage durchliest, sieht man, dass das mit gutem Benehmen gegenüber Bewerbern nix mehr zu tun hat. Viele Absagen sind genauso bekloppt wie die Unsitte, Bewerbungen gar nicht erst zu beantworten.
Im Outplacement habe ich ja auch einige Personaler betreut, wobei die trotz guter Qualifikation, jeder Menge Berufserfahrung und einer sympathischen Art genug Schwierigkeiten hatten, eine neue Stelle zu finden, da viele ihrer Kernkompetenzen wie Zuverlässigkeit, Benehmen und unvoreingenommene Prüfung von Bewerbungsunterlagen wohl vielfach nicht mehr gefragt zu sein scheinen.
Wer sich jetzt ggf. im negativen Sinne angesprochen fühlt und den Beitrag total empöööörend findet: Jeder zieht sich den Schuh an, der ihm passt.
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