Donnerstag, 4. Dezember 2014

Bewerbungen, Bewerbungen...

So, heute morgen war ich auf dem Job-Center in Essen, um den Antrag auf ALG II vorsorglich einzureichen, denn derzeit steht ja noch in den Sternen, ob ich für die Stelle genommen werde, auf die ich mich gestern in einem Vorstellungsgespräch beworben hatte. Mit der Antwort ist morgen, spätestens Montag zu rechnen - und solange nix spruchreif ist, sollte man da auch nix einfach schluren lassen und auf ein Wunder hoffen. Wenn ich genommen werde, freue ich mich, zumal ich es mir sehr gut vorstellen kann, in der Firma tätig zu werden - hatte ich ja gestern schon geschrieben - aber eine Zusage habe ich halt noch nicht, zumal ja heute noch zwei weitere Kandidatinnen kommen und ich natürlich nicht weiß, wie die Damen drauf sind.  

Nach der allgemeinen Antragsannahme ging es weiter zur Arbeitsvermittlung, wobei ich das Glück zu haben scheine, eine sehr nette, kompetente Dame erwischt zu haben, die nicht auf den üblichen Klischees rumreitet ("Wer arbeiten will, findet Arbeit!" oder "Hartz IV-Empfänger sind eh alle faule Schmarotzer!") und die mir auch noch mal sagte, dass ich bei meiner Qualifikation und Berufserfahrung nun wirklich nicht zu weit runter gehen müsste - falls mir einer lediglich den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 EUR anbieten sollte (ist mir bis dato noch nicht passiert, aber frau weiß ja nie), kann ich das getrost ohne weitere Sanktionen ablehnen, denn der Mindestlohn gilt für Anlern- und Hilfskräfte, nicht aber für gut qualifizierte Fachkräfte. Zwei Stellenangebote hatten wir auch schon zusammen aus dem Rechner gefischt, auf die ich mich vor einer guten halben Stunde auch beworben habe - ein drittes Angebot kam heute Morgen über stepstone.de rein und auch da habe ich die Bewerbung bereits verschickt. Vier Stück haben in dieser Woche bereits meinen Account bzw. meinen Briefkasten verlassen, denn mein Arbeitsvermittler auf der Arbeitsagentur hatte mir letzte Woche noch ein Angebot geschickt, auf das ich mich auch beworben habe, allerdings schon am Montag.

Abgesehen von der Tatsache, dass es mich ohnehin kirre macht, bei meiner Qualifikation und Berufserfahrung zum Jobcenter latschen zu müssen, weil hier in Deutschland leider vielfach "Halbfachkräfte" zu geringem Entgelt gesucht werden, machen mich aber nicht die Sachbearbeiter auf dem Jobcenter kirre, sondern vielfach andere Menschen, die Hartz IV beantragen müssen. Es ist verständlich, dass man den Ablauf noch nicht wissen kann, wenn man zum ersten Mal ALG II beantragen muss, aber dieses hysterische Gezicke mancher Damen, die sich standhaft weigern, sich bei den Herren am Empfangstischchen eine Wartemarke geben zu lassen, was aber nicht nur auf dem Jobcenter, sondern auch auf vielen anderen Behörden üblich ist, nervt viel mehr - manche erwarten offenbar, dass sie Vorrang vor allen anderen haben und dass sie deshalb als Einziger kein Wartemärkchen benötigen :o). Ebenso nerven auch Leute, die morgens um acht Uhr mit ner halb ausgetrunkenen Pulle Bier reinkommen (lecker Bierduft am Morgen *urgh*) und die dann noch trotz entsprechendem Schild an der Eingangstür rummaulen, weil sie keine Glasflaschen mit ins Jobcenter bringen dürfen. Abgesehen davon, dass es ohnehin ziemlich fragwürdig ist, mit Alkohol auf einer Behörde aufzukreuzen - für die Hartz IV-Basher ist das ja nur wieder Wasser auf die Mühlen - frage ich mich auch, warum zu manchen immer noch nicht durchgedrungen ist, dass in vielen Institutionen und auch in öffentlichen Verkehrsmitteln mittlerweile Glasflaschenverbot herrscht. Ich könnte eher die Leute treten, die auch noch jedes schlechte Klischee erfüllen, das leider über ALG II-Empfänger kursiert...

Als ich im Herbst 1998 mit einer Klientin, die aus der Haft entlassen wurde, am Tag ihrer Entlassung die ganzen Behördengänge (Kontobeantragung bei der Sparkasse, Antrag auf Mitgliedschaft bei einer gesetzlichen Krankenkasse, Beantragung neuer Personalausweis im Rathaus, Besuch beim Arbeitsamt) gemacht habe, wollte sie sich auch zur Feier des Tages einen Jägermeister kippen :o). Ich habe ihr gesagt, dass sie das gerne tun dürfte, aber erst, wenn wir alle Behördengänge hinter uns gebracht haben, denn sie wüsste ja, wie Leute auf Behörden und in anderen Institutionen reagieren, wenn jemand mit dem leisesten Hauch einer Alkoholfahne bei ihnen aufschlägt - und dann gerade noch frisch aus dem Gefängnis entlassen. Meine Klientin hat das zum Glück eingesehen und auf den Jägermeister verzichtet - nach unserem letzten Termin auf dem Arbeitsamt habe ich ihr aber gestattet, ihre neu gewonnene Freiheit mit einem Jägermeister zu begießen :o).

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