...oder wie sonst ist es zu erklären, dass sich in unseren Massenmedien neuerdings nur noch mit Pillepalle oder Nebenkriegsschauplätzen beschäftigt wird? Das gilt u. a. für die Tatsache, dass der neue griechische Ministerpräsident Tzirkas sein Hemd aus der Hose trägt (meine Güte, wie weltbewegend! Das war ja sogar Gegenstand der Berichterstattung auf mehreren Sendern...), dass die leider andauernde Krise bei Borussia Dortmund der WAZ jetzt schon zwei volle Seiten wert ist, während es dringendere Probleme wie z. B. Pegida, IS, den Ukraine-Konflikt etc. gibt und eine zugegebenermaßen missverständliche Äußerung von Papst Franziskus zum Thema "Kindererziehung" jetzt aufgebauscht wird, als wenn gerade ein Atomkrieg ausgebrochen wäre. Offensichtlich stehen jetzt nicht mehr politische Dinge im Vordergrund, sondern Oberflächlichkeiten (wie bei Herrn Tzirkas oder der leider sehr tiefe Tabellenstand des BVB) oder die Förderung des kleingeistigen Gutmenschentums in Bezug auf die Äußerung von Papst Franziskus zum Thema Schläge bei Kindern.
Ich glaube kaum, dass Papst Franziskus mit seinen missverständlichen Äußerungen gemeint hat, dass man seine Kinder einer andauernden Prügelei unterziehen soll, es geht wohl eher um den kleinen Klaps auf den Hintern. Damit jetzt keine Missverständnisse aufkommen: Ich bin gegen Gewalt gegen Kinder in jedweder Form - egal, ob man Kinder verhungern oder verdursten lässt, sie mit der Faust oder sogar Gegenständen (Gürtel, Telefonkabel etc.) verprügelt oder sie sexuell missbraucht, aber bei dem Klaps auf den Hintern sehe ich keine Gewalt, sorry. Ich kann mir aus meiner Kindheit und Jugend bei beiden Elternteilen jeweils an einer Hand abzählen, wann ich überhaupt mal einen Klaps auf den Hintern bekommen habe - und wenn, dann hatte ich ihn auch verdient. Manche Eltern schlagen ihre Kinder ja, weil sie mit sich selbst überfordert sind, schlecht geschissen haben oder ihre Aggressionen an Schwächeren auslassen wollen und das kann ich und ich denke, auch viele andere mit gutem Gewissen von ihren Eltern sagen, dass sie den kleinen Klaps lediglich bekommen haben, wenn sie es auch verdient hatten, weil verbale Ermahnungen nichts genützt haben. Da wird wieder mit Kanonen auf Spatzen geschossen.
Auch die Kommentare einiger selbsternannter Gutmenschen (sollte ich lieber Schwachköpfe und Stammtischanführer sagen?) zu den Äußerungen des Papstes lassen nicht gerade auf hohen geistigen Intellekt schließen. Wer Kinder schlägt, ist kriminell - natürlich, wer Kinder misshandelt oder missbraucht, der ist auf jeden Fall kriminell, das steht außer Frage, aber ich halte sehr wenig davon, gute Eltern zu kriminalisieren, wenn sie ihrem Sprössling einmal aus gegebenem Anlass einen kleinen Klaps auf den Windelhintern gegeben haben.
Als ich gestern den Kommentar einer Dame in der Aktuellen Stunde im WDR zum Thema las, ist mir fast das Essen aus dem Gesicht gefallen, denn da habe ich mich eher gefragt, ob mit deren heute erwachsener Tochter alles in Ordnung ist. Sie hat wohl vor 35 Jahren (!) ihrer Tochter einen Klaps gegeben und ihre Tochter denkt heute noch daran - da scheint die Tochter entweder einfach nur sehr selbstverliebt zu sein, wenn sie nach 35 Jahren immer noch an einen einzigen Klaps denkt, oder hat weder Freunde noch Arbeit noch Hobbies, wenn sie sich nach so einer langen Zeit immer noch Gedanken über einen einzigen Klaps ihrer Mutter in der Kindheit macht. Auf jeden Fall war es mal wieder erfreulich, dass sich die Dauerneurotiker und Gutmenschen wieder mit schlecht durchdachtem Schwachsinn zu Wort gemeldet haben.
Ich glaube, viele Gutmenschen verwechseln gewaltfreie Erziehung mit straffreier Erziehung - und damit meine ich nicht nur Eltern, sondern auch hauptamtliche Pädagogen. Für viele Kinder ist es weitaus schlimmer, wenn ihre Eltern beispielsweise wegen einer schlechten Schulnote tagelang nicht mehr mit ihnen reden anstatt einmal einen Klaps zu bekommen - durch tagelanges Schweigen und Ignorieren des Kindes üben solche Eltern zwar keine körperliche Gewalt aus, aber doch seelische, und die kann genauso schlimm sein für ein Kind. Darüber haben unsere Super-Pädagogen und manche Stammtischparolen-Widerkäuer noch nie nachgedacht, oder? Die erzählen dann vermutlich ganz stolz und beflissen beim Elternabend, dass sie ihrem Kind noch nie einen Klaps gegeben haben, wenn es frech war, vergessen aber ganz zu erzählen, dass sie ihr Kind drei Tage lang mit dem A... nicht mehr angeguckt haben, und das ist für viele Kinder schlimmer als eine verbale Auseinandersetzung oder ein Klaps auf den Hintern.
Wenn doch angeblich alle so dermaßen sensibilisiert sind für das Thema "Schlagen von Kindern", frage ich mich nur, warum immer noch Kinder zu Tode kommen, weil ihre Eltern oder ein Elternteil sie zu Tode misshandelt hat oder sie einfach verhungern oder verdursten ließ, und dann hat niemand was mitbekommen - noch nicht mal das zuständige Jugendamt, auch wenn vielleicht schon Hinweise aus der Nachbarschaft vorlagen. Offenbar ist die Sensibilisierung für das Thema ja dann wohl doch nicht so groß, denn jedes tote Kind ist ein totes Kind zuviel, wenn es von den Eltern durch Misshandlung, Missbrauch oder Vernachlässigung getötet worden ist.
Manche Gutmenschen kommen ja auch mit dem Argument, dass Eltern, die als Kinder geschlagen wurden, ebenfalls ihre Kinder schlagen. Das ist auch wieder so ein Stammtischparolen- und "Ich-hab-Ahnung-von-allem-aber-nur-mit-meinem-Mundwerk"-Gelaber. Mein Vater wurde als Kind von seinen Eltern teilweise wegen nichtiger Anlässe geschlagen (zu spät oder dreckig vom Spielen nach Hause gekommen, mochte seine Graupensuppe nicht essen), und das leider teilweise auch mit Gürtel, Teppichklopfer und Telefonkabel, aber er hat es geschafft, die Fehler, die seine Eltern bei ihm gemacht haben, bei mir nicht zu wiederholen - ich habe von meinem Papa in meiner ganzen Kindheit und Jugend vielleicht viermal einen Klaps auf den Hintern bekommen und wenn, aus gegebenem Anlass. Mit Gegenständen geschlagen hat er mich nie und er hat mich auch nie gezwungen, etwas aufzuessen, was ich nicht mochte. Mit ein bisschen Intelligenz geht's also auch anstatt einfach nur unreflektiert als Erwachsener das zu wiederholen, was mir als Kind von meinen Eltern angetan wurde - solch dummes Gelaber ist eher was für die, die für ihr eigenes Fehlverhalten immer andere verantwortlich machen (Eltern, Erziehung, Lehrer oder wer auch immer).
Ebenso nervt mich die teilweise bekloppte Berichterstattung zu dem Verhalten eines Busfahrers des EVAG vergangene Woche Freitag, als es ziemlich glatt auf den Straßen war. Der Busfahrer hat wohl in Höhe der Haltestelle Windmühlenstraße dauerhaft angehalten, weil er mit seinem Bus nicht mehr weiter kam, und die Fahrgäste gebeten auszusteigen, darunter auch drei Kinder im Alter von acht bis elf Jahren. Dass der Busfahrer sich falsch verhalten hat, sehe ich durchaus auch so - er hätte die Kinder auch im Bus warten lassen können anstatt sie raus in den Schneeregen zu jagen bzw. es wäre auch schön gewesen, wenn er den Kindern gesagt hätte, wo sie gerade sind und wie es jetzt weitergeht, aber das Geheule einer Mutter des Geschwisterpaars in der WAZ (die Kinder waren acht und zehn Jahre alt) fand ich ziemlich überzogen. Mit acht oder zehn Jahren sollte man eigentlich in der Lage sein, sich selbst in einer solchen Situation zu helfen, zumal beide Kinder offenbar auch Mobiltelefone dabei hatten, aber jetzt wollen die armen Kinder nie wieder alleine mit dem Bus zur Schule fahren. Na, das kann ja noch heiter werden - später in der Lehre guckt ihr Ausbilder sie einmal schief an und am nächsten Tag weigern sie sich dann, künftig alleine zu ihrem Ausbildungsplatz zu gehen aus Angst, ihr Ausbilder guckt sie wieder schief an *kopfschüttel*. Die beiden waren ja nicht erst fünf oder sechs Jahre alt und haben die Strecke ja offenbar schon häufiger gemeinsam mit ihrer Mutter im Bus zurückgelegt, also sollte man eigentlich auch erwarten können, dass die Kids den Weg gekannt hätten oder zumindest in der Lage gewesen wären, mit der sicherlich nicht schönen Situation angemessen umgehen zu können. Da hat mir der Vater des elfjährigen Mädchens, das ebenfalls von dem nicht gerade freundlichen Busfahrer im Schneeregen zurückgelassen wurde (Unfreundlichkeit scheint bei manchen EVAG-Mitarbeitern Einstellungsvoraussetzung gewesen zu sein?) und der in der Aktuellen Stunde zu Wort kam, besser gefallen - er hat zwar auch richtigerweise gesagt, dass er das Verhalten des Busfahrers nicht gut fand, wo ich ihm Recht gebe, aber er hat da kein beklopptes Helikopter-Eltern-Geschiss gemacht im Sinne von "Mein armes Kind hat jetzt ein lebenslanges Trauma und kann noch nicht mal mehr alleine auf die Toilette gehen."
Wie ich schon mal geschrieben hatte: Als ich und viele andere von der Grundschule aufs Gymnasium gewechselt sind, mussten wir auch vielfach den Schulweg mit Busssen und Bahnen der EVAG zurücklegen, und da waren wir auch gerade mal erst zehn oder maximal elf Jahre alt. Wir hatten damals keine Handys und mussten im Bedarfsfall auch schauen, wie wir anderweitig nach Hause bzw. zur Schule kamen, wenn mal eine Bahn oder ein Bus aus etwaigen Gründen ausgefallen ist, aber das haben wir auch immer hinbekommen, zumal es in vielen Fällen ja auch Alternativen gab - wenn ich z. B. Richtung Borbeck wollte und die Buslinien 160/161 Richtung Bockmühle kamen partout nicht, bin ich halt zur Straßenbahnhaltestelle rübergelaufen und mit der 106 bis zur Helenenstraße gefahren, wo ich dann in die 103, 104 oder 105 Richtung Borbeck/Mülheim/Frintrop umgestiegen bin. Allerdings wurden wir ja nicht nur verhätschelt und vertätschelt bis Ultimo und uns wurde auch kein Trauma eingeredet, wenn uns mal ein Erwachsener - egal, ob Straßenbahn- oder Busfahrer, andere Fahrgäste oder wer auch immer - nicht so nett behandelt hat. Man kann aber Unselbstständigkeit genauso fördern wie die Selbstständigkeit von Kindern. Es wäre nett von der Mutter gewesen, ihren Kindern zwar Recht zu geben, dass das Verhalten des Busfahrers nicht gut war, aber ihnen trotzdem klar zu machen, dass es immer mal passieren kann, dass sie auf einen derartig stieseligen Zeitgenossen treffen, der nicht so freundlich und hilfsbereit zu ihnen ist wie die eigenen Eltern. Nee, stattdessen wird aus einem unschönen Erlebnis direkt ein Superdrama gemacht.
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