Dienstag, 7. Juli 2015

Wenn der Fremdschämfaktor um einige Nuancen überschritten wird

Ich bin wahrlich kein großer Fan von Jobcentern und generell nicht von Hartz IV, zumal mittlerweile nicht nur gering qualifizierte Kräfte, sondern auch gut ausgebildete Menschen mit langjähriger Berufserfahrung betroffen sind (Vielen Dank auch an die deutsche Politik, insbesondere an die SPD!), aber heute Vormittag war ich auf dem Jobcenter in Borbeck, um noch einige Unterlagen dort abzugeben. Das Gespräch mit dem Fachanwalt gestern war jedenfalls sehr hilfreich und hat mir geholfen, die Dinge gelassener zu sehen und auch einige Hintergründe zu verstehen - im Grunde genommen meinen Sachbearbeiter/innen, wenn sie Euch in etwas harscherem Ton anschreiben, nämlich gar nicht Euch persönlich, aber leider gibt's ja auch die Menschen, die mauern, sobald sie Post vom Jobcenter bekommen und sich gar nicht rühren. Für solche Fälle ist ein energischer Tonfall schon angebracht, wobei es bisweilen natürlich störend ist, wenn manche Sachbearbeiter nicht zwischen Menschen differenzieren können, die unverschuldet in Not geraten sind und den echten Schmarotzern, für die Arbeit keine Option ist und die es auch noch cool finden, von der Stütze zu leben. Da kann ich mir jedenfalls was weitaus besseres vorstellen und so geht es wohl auch etwa 90 % aller Hartz IV-Empfänger.

Wenn es etwas zu wehren gibt, dann solltet Ihr das auch in jedem Fall tun, aber das heißt natürlich nicht, dass Ihr alles wohlwollend ignorieren könnt, was vom Jobcenter kommt. Natürlich hatte ich es auch schon mit etwas verstrahlten Sachbearbeiterinnen zu tun, das steht außer Frage und darüber hatte ich ja auch hier berichtet, aber das heißt ja nicht, dass man einfach alles ignorieren kann, was von dort kommt, zumal es auch auf der anderen Seite des Schreibtischs nette Menschen gibt, die ihren Job verstehen. Es gibt auf beiden Seiten halt solche und solche.

Meist sehe ich auf dem Jobcenter ganz nette, normale Menschen wie mich selbst, die unverschuldet in Not geraten sind und die jetzt unfreiwillig auf das Jobcenter angewiesen sind, aber natürlich gibt's leider auch immer wieder die Vorzeige-Hartz-IV-Empfänger, die uns in den Medien so gerne gezeigt werden, damit auch wirklich jeder leicht manipulierbare Geist denkt, Arbeitslose sind alle so - faul, prollig, dümmlich...ich sage ja: auf 90 % trifft keins der genannten Attribute zu, aber heute hatte ich leider das eher fragwürdige Vergnügen, einen Teil der restlichen 10 % kennen zu lernen :o/.

Es war friedlich und still im Wartebereich des Jobcenters, alle warteten ruhig darauf, dass ihre Nummer aufgerufen wird, damit sie ihr Anliegen am Empfang klären bzw. Unterlagen abgeben können - bis...

...Familie Pommespanzer auftauchte! Dabei handelte es sich um Mutter und Tochter nebst Kleinkind, die mit ihrem asozialen Gelaber und Rumgebrüll ("Boa, ey, jetzt sitz ich schon wieder auf dem Scheiß-Jobcenter!") vermutlich nicht nur die komplette zweite Etage, sondern auch noch den Rest des Jobcenters unterhalten hat. Eine Dame, die vor mir dran kam, hatte das eher fragwürdige Vergnügen, direkt neben Familie Pommespanzer sitzen zu dürfen und schaute peinlich berührt aus der Wäsche, was ich gut verstehen konnte, denn dieses Rumgeprolle und asoziale Gebrüll überstieg auch meinen Fremdschämfaktor um einige Nuancen. Während sich die meisten anderen im Wartebereich für diese prollige Familie fremdgeschämt haben, wären die wohl für viele Medienvertreter ein gefundenes Fressen gewesen, so nach dem Motto "Siehste, Hartz-IV-Empfänger sind alle dummbackige Prollos!" Na, vielen Dank auch...

Ich war jedenfalls auch froh, dass ich nach zehn Minuten Dauer-Ey-Boa-ey-Scheiß-Jobcenter-Gelaber aufgerufen wurde und meine Unterlagen gegen Empfangsbestätigung beim Empfang abgeben konnte :o).

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