Noch ist Sommer - zumindest kalendarisch - wobei die Nächte natürlich mittlerweile entsprechend kühl sind. Dennoch entschließen sich die Männergärtnerinnen, zusammen mit ihren Schützlingen eine Nacht auf dem Golzheimer Friedhof zu verbringen. Bevor es los geht, erhalten die Schützlinge eine Liste mit Dingen, die sie zur Übernachtung mitbringen sollen, um sich nicht zu erkälten - Schlafsack, Trainingsanzug, warme Kleidung, Socken. Stinki ist so nett und lässt sich von Alex überreden, diese Liste für ES in die französische Sprache zu übersetzen.
An einem sonnigen Freitagnachmittag ist es soweit - Alex macht sich zusammen mit ihren Schützlingen vom Essener Hbf mit der S6 auf den Weg Richtung Düsseldorf. Da Steffi und Renate ja ohnehin in Düsseldorf wohnen, machen die beiden natürlich keinen Abstecher mehr nach Essen, sondern fahren direkt mit dem Fahrrad bzw. dem ÖPNV zum alten Friedhof Golzheim.
Noch bevor die S6 sich auf ihren Weg nach Düsseldorf bzw. Köln macht, ertönt durch die Lautsprecher folgende Durchsage des Lokführers: "Verehrte Fahrgäste, hier spricht Ihr Lokführer! Ich freue mich, Sie an Bord der S6 Richtung Köln-Hansaring begrüßen zu dürfen. Unsere Fahrt führt uns über Essen-Süd, Essen-Hügel, Essen-Werden, Essen-Kettwig, Kettwig Stausee, Wülfrath, Ratingen, Düsseldorf Hbf, Leverkusen und Köln. Ich wünsche Ihnen eine gute Fahrt und einen schönen Aufenthalt!" Alex muss grinsen, denn an diese freundliche Durchsage kann sie sich noch erinnern, als sie noch kein eigenes Auto hatte und jeden Morgen ab Essen Hbf mit der S6 nach Düsseldorf zur Arbeit gefahren ist. Stinki ist etwas irritiert und mault: "Wat is'n mit dem Lokführer eigentlich los?!" - Er versteht offenbar nicht, dass ihnen die bevorstehende S-Bahn-Fahrt angepriesen wird wie eine Kreuzfahrt auf einem Luxusliner. Der Charmin Bear lächelt huldvoll und futtert Gummibärchen - bis Alex ihn bittet, seine Süßigkeiten doch auch mit ihr und den anderen Männergartenkindern zu teilen, denn ES hat schon wieder Pipi in den Augen; eine Plärr-Attacke könnte also folgen. Dem Charmin Bear passt das zwar nicht so ganz, gibt den anderen aber widerwillig etwas von seinen Süßigkeiten ab. Sammy lugt freundlich aus Alex' Rucksack, genau wie Mini-Monchhichi Bubi, von dem Alex schon wieder befürchtet, dass er böse Wörter in der S-Bahn ablaicht...zum Glück ist der Kleine friedlich auf der etwa 45-minütigen Fahrt zum Düsseldorfer Hauptbahnhof und kräht nur ab und zu "Hallo!".
In Düsseldorf angekommen, latscht Alex mit ihren Schützlingen runter in die U-Bahn, um mit ihnen die U78 Richtung Messe bzw. die U79 Richtung Duisburg zu nehmen. Wie auf's Stichwort steht unten auf dem Gleis eine U79 bereit, sodass Alex ihre Schützlinge ein wenig zur Eile antreibt. Stinki schnaubt genervt, denn er muss das großäugig guckende ES an der Hand hinter sich her zerren. Dem Charmin Bear bricht der Schweiß aus - jetzt müssen sie auch noch rennen! Zum Glück schaffen es alle rechtzeitig, bevor der U-Bahn-Fahrer die Türen schließt und seinen Weg zur Haltestelle Oststraße fortsetzt.
Nach gut fünf Minuten verlassen alle die U-Bahn an der Haltestelle Klever Straße/Victoriaplatz - und von dort aus ist es ja nur eine gute Gehminute rüber zum Golzheimer Friedhof. Der Charmin Bear seufzt erleichtert, als er auf der Ecke Klever Straße Steffi und Renate freundlich grinsend winken sieht. Was ihm und auch ES weniger behagt, ist die Tatsache, dass die Sonne den westlichen Horizont bereits stark rot färbt, während im Osten der Vollmond wie ein in ein Leichentuch gehülltes Gespenst aus dem Abenddunst hervor kommt. ES starrt den Mond unsicher an und ruft: "Mr. Dole, look at me!", doch Alex ist gerade damit beschäftigt, ihre Freundinnen Steffi und Renate freundlich zu begrüßen. Sammy lugt mal wieder aus dem Rucksack ihrer Mutti und freut sich, weil es aus dem Dunst heraus möndelt. Bubi sitzt auf Sammys Haarschleife, wirft einen Blick auf Stinki und kräht fröhlich: "Herr U*****!" Stinki weiß nicht so recht, ob er sich über das Mini-Monchhichi freuen soll, das ihn alle Nase lang anspricht und schwankt zwischen verhaltenem Lächeln und grimmigem Gesichtsausdruck.
Unweit des Eingangs zum nördlichen Teil des Golzheimer Friedhofs suchen sich die Männergärtnerinnen und ihre Schützlinge einen Schlafplatz auf einer Wiese, auf der ein mit einem niedrigen Metallzaun eingefasstes Grabmal in Form eines Kreuzes steht. In den Bäumen am Eingang des Friedhofs krächzen mehrere Raben. Die Sonne ist bereits fast untergegangen, als alle ihre Schlafsäcke ausbreiten und sich ein Plätzchen für die Nacht suchen. Auf einem der alten Grabmale praktisch fast am Eingang sitzt ein Käuzchen und ruft. Der Charmin Bear steckt zur Sicherheit ein kleines Kreuz in die Erde neben seinem Schlafsack, um vor bösen Mächten geschützt zu sein. Der Mond beginnt zu leuchten. Noch ist einiges los auf den Straßen, die den Friedhof umgeben - also Klever Straße, Fischerstraße und B1 - aber das ändert sich in den späteren Abendstunden. Renate bleibt bei den großen männlichen Schützlingen, während Alex und Steffi in Sammys Begleitung das Abendessen in einem nahe gelegenen Restaurant organisieren. Bubi kräht: "Hallo!"
Der Charmin Bear seufzt erleichtert, als Alex und Steffi nach gut zwanzig Minuten mit lecker Schmackofatz wieder auftauchen, denn so kann er wenigstens vergessen, dass mit der zunehmenden Dunkelheit und dem immer helleren Mondlicht die Atmosphäre immer gruseliger wird. Die Äste der Bäume werfen geheimnisvolle Schatten auf den Friedhof. Die Raben im Baum direkt am Eingang zum nördlichen Teil des Friedhofs sind mittlerweile ruhig, dafür ruft das Käuzchen nach wie vor von dem nicht weit entfernt gelegenen Grabmal. Sammy nöhlt und schiebt sich ein Käseküchelchen zwischen die Kiemen.
Nach 22 Uhr sind die umliegenden Straßen bis auf ein paar vereinzelte Fahrzeuge so gut wie ausgestorben. Mit der Ruhe um sie herum wächst aber auch die Unruhe bei ES und beim Charmin Bear. Alex versucht die beiden zu beruhigen, indem sie ihnen erklärt, dass die Geisterstunde erst in zwei Stunden beginnt, aber dieser Hinweis hilft nicht wirklich. Der leuchtende, weiße Mond blickt auf die Gesellschaft auf dem alten Friedhof herab, aber außer Sammy, Alex und Renate freut sich niemand über den Vollmond. Bubi krabbelt durchs Gras und kräht: "Hallo!", sodass Stinki ihn aufhalten muss, damit das Mini-Monchhichi nicht womöglich auf Nimmerwiedersehen auf die B1 hinter dem Friedhof verschwindet.
Nach 23 Uhr haben sich alle in ihre Schlafsäcke gelegt, um ihre Nachtruhe anzutreten. Bubi liegt natürlich bei Stinki im Schlafsack, wobei der das kleine Monchhichi bittet, nicht alle Nase lang "Herr U*****" zu rufen. Bubi antwortet: "Bubi lieb!" ES starrt großäugig zum Kreuz hinüber. Der Charmin Bear liegt mit tellergroßen Augen im Mondlicht und findet keine Ruhe, deshalb murmelt er leise ein Vaterunser in das vom Bodennebel feuchte Gras neben seinem Schlafsack. Im Gebüsch rascheln kleine Tiere. Thorsten pupst lautstark, was den Stationsarzt fast sofort in Tiefschlaf fallen lässt. Stinki ranzt: "Wat is'n mit dir eigentlich los?!" Steffi macht das betretene Gesicht, während Renate und Alex lächelnd den Kopf schütteln. Thorsten kichert albern, möchte wenig später aber am liebsten vor sich selbst und seinem Gestank flüchten, denn der Pups hatte die Duftnote "Verwesung anno 1780".
Obwohl einige davon überzeugt sind, auf dem alten, unheimlichen Friedhof kein Auge zuzumachen, liegen bereits nach halb zwölf alle in festem Schlaf. Das Käuzchen hat mittlerweile auf dem Querbalken des Kreuzes Platz genommen und fragt sich, wat denn in der Nacht auf dem Friedhof eigentlich los ist. Bubi liegt neben Stinkis Ohr und schnarcht ihm in selbiges, doch da Stinki selbst leise schnarcht, stört ihn das Geschnarche des kleinen Monchhichis nicht. Sammy liegt mit breitem Grinsen bei ihrer Mutti im Schlafsack und murmelt im Schlaf ab und zu: "Es möndelt!"
Mitternacht! Der Bodennebel ist so dicht geworden, dass man die nächtlichen Gäste unter der dichten Nebeldecke gar nicht mehr sehen kann. Eine leichte Brise weht über den Friedhof, auf dem zum letzten Mal im Jahr 1897 Menschen beerdigt wurden. Das Käuzchen käckelt, genau auf den Schlafsack des Stationsarztes, doch der bekommt davon nix mit.
Dafür erheben sich nun wie von Geisterhand der Charmin Bear und auch Sammy, denn bei Vollmond kann es schon mal vorkommen, dass die beiden schlafwandeln. Sammy springt zum Charmin Bear auf die Schulter. Der mittlerweile erwachte Bubi entfernt sich heimlich von Stinkis Ohr und setzt sich zum langsam schlurfenden Charmin Bear, dessen Augen starr nach vorne gerichtet sind, auf den linken Fuß. Bubi kräht: "Hallo!", als plötzlich ein Toter einen Schritt auf den Charmin Bear zu macht und ihn anspricht. "Hasse ma Feuer?", röchelt die verweste Leiche und findet es ziemlich unhöflich, keine Antwort zu bekommen. Gespenster wabern durch den Bodennebel und kichern. Ein toter Hund beginnt, an den Gräbern nach Knochen zu graben.
Zwischen den Bäumen am Eingang schwirren jede Menge kleine Mücken umher, doch der schlafwandelnde Charmin Bear mit der ebenfalls schlafwandelnden Sammy auf der Schulter bekommt nix davon mit, dass einige der Insekten ihn als Nahrungsquelle nutzen. Bubi sitzt immer noch auf dem Fuß des Charmin Bear und kräht: "Hallo!" - eine Antwort bekommt aber auch er nicht. Einige Gespenster kratzen sich irritiert am Kopf, dann winken sie dem Vollmond am Himmel zu. Das Käuzchen hat eine kleine Maus erbeutet und verspeist diese auf dem Querbalken des Kreuzes.
Der Charmin Bear wankt zusammen mit Sammy und Bubi hinaus auf die Klever Straße und überquert diese, um zum südlichen Teil des Golzheimer Friedhofs zu gelangen, der auf der anderen Straßenseite liegt. Ein 3er BMW mit einem jungen türkischen Mann namens Erkan am Steuer legt eine Vollbremsung hin, als er in die Klever Straße einbiegen will und vor seinem Fahrzeug ohne jedwede Reaktion der Charmin Bear mit zwei kleinen Stofftieren die Straße überquert. Erkan ruft bei seinem besten Kumpel an und brüllt in sein Handy: "Ey, Mustafa, komma Klever Straße! Hier is'n Alter mit zwei Stofftieren, der hier wie ferngesteuert rum latscht!" Mustafa versteht nur Bahnhof und bittet Erkan, künftig nicht mehr so oft an den Benzindämpfen seines 3er zu schnuppern, dann legt er genervt auf. Erkan seufzt und setzt seinen Weg auf die B1 fort. Der Charmin Bear ist mittlerweile auf der anderen Straßenseite und läuft wie paralysiert auf den südlichen Teil des Friedhofs. Der Mond am Himmel versteht die Welt nicht mehr.
Der tote Hund beschnuppert mittlerweile den schlafenden Stinki, doch der dreht sich nur auf die andere Seite und murmelt: "Wat is'n hier eigentlich los?!" ES ist erwacht und plärrt, als ES den toten, nach Fäulnis riechenden Hund neben sich und Stinki bemerkt. Der Hund hebt nur sein Beinchen und laicht ebenso schlecht riechenden Urin ab, was bei ES eine noch größere Heulattacke auslöst. Ein besonders hilfsbereites Gespenst, das ES kreischen lässt wie ein Mädchen, ist so nett und tupft ES' Schlafsack mit einem dreckigen Taschentuch, das ein Spaziergänger wohl dort verloren hatte, wieder trocken. Die anderen kriegen nix mit, genauso wenig wie der Charmin Bear mit der immer noch schlafenden Sammy und dem munteren Bubi, der einige Pilze am Wegesrand mit dem Wort "Hallo!" begrüßt.
Nach eins kehrt wieder Ruhe auf dem Friedhof ein, auch bei ES - der tote Hund ist weg, die Gespenster auch. Allerdings wundert sich Alex am nächsten Morgen, wo ihr Feuerzeug geblieben ist, denn sie kann ja nicht wissen, dass ihr selbiges von einer verwesten Leiche mit Schmacht gemopst wurde. Zum Glück gibt Stinki ihr Feuer. Der Charmin Bear hat sich schlafwandelnderweise mit Sammy und Bubi auf einer Bank niedergelassen, wo alle drei friedlich bis zum Sonnenaufgang ratzen. Auf dem nördlichen Teil des Friedhofs kriegen dafür die Männergärtnerinnen die Krise, als sie bemerken, dass sowohl der Charmin Bear als auch Bubi und Sammy fehlen. Umso erleichterter sind sie, als der Charmin Bear schließlich ziemlich verwirrt brabbelnd mit den beiden Stoffies über die Klever Straße läuft und sich an nix aus der vergangenen Nacht erinnern kann - auch nicht, wie er, Sammy und Bubi auf die Parkbank auf der anderen Seite der Straße gekommen sind. Die Raben im Baum krächzen vergnügt, während das Käuzchen irgendwo im Gebüsch schläft.
Golzheimer Friedhof mit Sturmschäden - (c) Alexandra Döll, Essen
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