Donnerstag, 18. September 2014

Oh Gott, oh Graus...

Ich sage ja nicht, dass unser Fernsehprogramm in allen Fällen niveauvoll und unterhaltsam ist, denn manches hat echt den Unterhaltungswert eingeschlafener Füße *schnarch*, wie z. B. die ganzen ach so tollen Promi-Magazine, bei denen der geneigte Zuschauer über Dinge informiert wird, die einen Toten interessieren - und den wahrscheinlich auch noch nicht mal. Auch manche im Vorfeld hochgelobte Spielfilme auf ARD und ZDF entlocken mir eher nur ein müdes Gähnen, weil an Einfallslosigkeit und Trivialität kaum noch zu überbieten.

Als ich gestern am späteren Abend im NDR jedoch nach "extra3" (übrigens meist unterhaltsam) noch das Medienmagazin "Zapp" anschaute, habe ich mich endgültig gefragt, ob das Niveau in den Medien noch weiter absinken kann - damit meine ich jetzt nicht "Zapp" selbst, sondern die fragwürdigen Medien, über die dort berichtet wurde. Ein Online-Kanal nennt sich wohl Jugend.tv (ich wusste bis dato gar nicht, dass es einen solchen Kanal gibt) und das, was dem jugendlichen Zuschauer dort von etwas schrägen anderen Jugendlichen und Kindern präsentiert wird, tut echt schon weh. Es ist erschreckend, wenn der Macher dieses Kanals rechtspopulistisches Gedankengut verbreitet, indem sein jugendlicher Moderator da ungeniert in die Kamera quasselt, dass Deutschland damals alles getan hätte, um den Zweiten Weltkrieg zu verhindern - hm, da haben wohl weder der Programmverantwortliche noch der Teenie im Geschichtsunterricht aufgepasst, denn dass der Zweite Weltkrieg damit los ging, dass die deutsche Wehrmacht Polen überfallen hat, sollte eigentlich jedem geläufig sein (außer den geneigten Zuschauern, die sich den ganzen Tag nur Promi-Magazine interessieren oder ein Burnout entwickeln, weil sie sich nicht entscheiden können, ob sie lieber "Berlin Tag & Nacht" oder "Unter uns" schauen sollen). Da fehlte echt nur noch die Auschwitz-Lüge *kopfschüttel*.

Ich streite ja nicht ab, dass viele Medien dem teilweise schlechten Mainstream hinterher hecheln, aber das Ganze dann in populistischer Weise umzumünzen und die Medien generell "Mainstream-Medien" zu nennen, grenzt doch schon eher an Idiotie und Verfolgungswahn. Da wird von Zensur durch die Hintertür gesprochen - sorry, Zensur ist, wenn jemand beispielsweise kritisch über unseriöse Jobangebote in Tageszeitungen berichtet und dieser Teil dann rausgekürzt und verfremdet wird, weil nicht sein kann, was nicht sein darf, aber wenn über etwas gar nicht berichtet wird, kann ich das nicht einfach Zensur durch die Hintertür nennen. Da wurden jedenfalls zwei Dinge schön populistisch miteinander vermengt. Es bleibt nur zu hoffen, dass nicht allzu viele sich diesen populistischen Schwachsinn auch noch reinziehen, denn damit öffnet ein solcher Sender jedem halbwegs Gestörten die Tür, der von sich sagen möchte, dass über ihn nur nicht berichtet wird, weil er angeblich nicht in den Mainstream passt - dass manche Sender sich aber weigern, geisteskrankes bis populistisches Geseier zu senden, auf die Idee kommen manche gar nicht, die sich ständig übervorteilt, diskriminiert oder was auch immer fühlen.

Unter Zensur fällt eher, wenn bis dato verdiente freie Mitarbeiter plötzlich rausgeschmissen oder kalt gestellt werden, weil sie über tatsächlich vorhandene Missstände kritisch berichtet haben - darum ging es nämlich im nachfolgenden Beitrag über die Deutsche Welle China. Sorry, manchen Zeitgenossen, die sich fragen, warum Deutschland nicht längst der 51. Bundesstaat der USA geworden ist oder eine neue chinesische Provinz, muss ich wirklich Recht geben, denn manche Medien und auch Politiker tun alles dafür, es sich ja nicht mit China und den USA zu verderben, wobei das jetzt nix mit Verschwörungstheorien zu tun hat. Nee, neuerdings ist ja der "böse Russe" der Sündenbock, wobei da aber von den Medien leider auch vielfach keine differenzierte Berichterstattung zugelassen wird - Interviews mit Gabriele Krone-Schmalz, die ja viele Jahre als ARD-Korrespondentin in Moskau tätig war, werden gerne im Internet versenkt oder dann gibt es leider auch eine Menge geistig minderbemittelte Nutzer, die zwar nix Essentielles zum Thema beizutragen haben, sich dafür über die Frisur von Frau Krone-Schmalz lustig machen, weil kritische Berichterstattung und reine Äußerlichkeiten nicht ins eigene beschränkte Weltbild passen. Wenn Frau Krone-Schmalz aussehen würde wie Heidi Klum, würden manche ganz vernagelte Zeitgenossen ihrer differenzierten Berichterstattung vermutlich sogar Recht geben, aber heute gilt leider vielfach: Du kannst klug sein wie du willst, aber wenn du nicht den äußerlichen Vorstellungen manch oberflächlicher Leute entsprichst, müssen wir das auch nicht senden - wenn du dagegen aussiehst wie Heidi Klum, dann ist alles toll, was du sagst, auch wenn es der letzte Schwachsinn ist.

Gabriele Krone-Schmalz hat jedenfalls differenziert erklärt, warum Putin sich so verhält, wie er sich verhält - und in dem Zusammenhang hat sie auch erklärt, dass es ihr auf den Keks geht, dass jeder, der Putin nicht sofort bis aufs Messer verteufelt, direkt für einen Sympathisanten des russischen Präsidenten gehalten wird. Darum geht es gar nicht, ich halte ihn auch nicht für einen lupenreinen Demokraten (das sind unsere Politiker allerdings auch nicht - egal, wie viele Bürger gegen etwas sind, die Politik setzt ihre Interessen auch gegen den Willen des Volkes durch), aber diese undifferenzierte Schwarz-Weiß-Malerei "Guter Ami - böser Russe" in vielen Medien nervt einfach.

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