Zum Großraum Borbeck gehören ja neben Borbeck selbst noch die nordwestlichen Essener Stadtteile Schönebeck, Bedingrade, Frintrop, Gerschede, Dellwig, Bochold und Bergeborbeck. Meine ersten drei Lebensjahre habe ich in Bochold gewohnt, danach fast 29 Jahre in Schönebeck und seit dreieinhalb Jahren wohne ich in Gerschede. Selbst in den etwas fünf Jahren, in denen ich in Frohnhausen gewohnt habe, hatte ich immer noch regelmäßigen Kontakt nach Borbeck - mein damaliger Hausarzt hatte dort seinen Sitz, meine frühere Zahnärztin ebenfalls, mein Friseur befindet sich auf der Rechtstraße und auch mein Optiker sitzt im Borbecker Ortskern.
Ich kenne Borbeck also seit frühester Kindheit und in den 1970er/1980er Jahren war das ein richtig schönes Städtchen in der Stadt :o) mit angenehmem Publikum. In den 90ern kriegte Borbeck zum ersten Mal den Namen "Prollbeck" oder "Boaaabeck", weil sich das Publikum und auch viele Anwohner dort leider zum Negativen verändert haben. Viele Geschäftsleute und auch Bürger monieren ja, dass in Borbeck nicht gerade viel für die Sauberkeit getan wird oder Schmuddelecken schön geredet werden - der Borbecker Bahnhof wurde zwar von innen restauriert, aber mit der Sauberkeit steht es immer noch nicht zum Besten, auch wenn die Verantwortlichen das anders sehen mögen.
Auch die Geschäftsstruktur lässt im Vergleich zu früher zu wünschen übrig: Als ich noch Kind war, gab es in Borbeck noch ein richtig gutes Bekleidungsgeschäft, das noch nicht mal exorbitant teuer war - nämlich Loosen. Loosen befand sich dort, wo heute das Prisma-Center steht. Heute besteht der Borbecker Ortskern fast komplett nur noch aus Billigläden, Telefonläden (Vodafone, ePlus, Debiltel und die Telekom geben sich auf der Rechtstraße fast die Klinke in die Hand), Friseuren und Apotheken - so viele Apotheken auf so wenig Fläche findet man nirgendwo sonst :o). Da wären am Neuen Markt in unmittelbarer Nähe des Borbecker Bahnhofs die Bahnhofs-Apotheke, gegenüber vom Busbahnhof Borbeck steht die Park-Apotheke auf der Fürstäbtissinstraße, auf der Marktstraße gibt es die Germania-Apotheke und direkt schräg gegenüber am Germaniaplatz die Barbara-Apotheke, die mit der ehemaligen Adler-Apotheke am alten Markt - also auch auf der Marktstraße - fusioniert hat. Auf der anderen Seite des Germaniaplatzes, also an der Hülsmannstraße schräg gegenüber vom Philippusstift, befindet sich die Apotheke am Philippusstift. Eine weitere Apotheke befindet sich noch im Kaufland, nämlich die Schloss-Apotheke, die früher mal auf der Gerichtsstraße ihren Sitz hatte.
Im Herbst 2012 hat dort Kaufland eröffnet - vorher stand dort bis 2010 eine Filiale von Karstadt bzw. ab 2006 Hertie. Auch dort wurde das Sortiment mit der Zeit immer schlechter. Früher konnte man gut bei Karstadt in Borbeck Kleidung, Kosmetikartikel, Bücher und Musik kaufen, aber das Angebot wurde immer mehr abgespeckt - es gab nur noch die Extreme "überteuert" oder "Billigramsch", der goldene Mittelweg, so wie es ihn früher gab, fehlte nachher komplett.
Kaufland hat Borbeck zwar wieder belebt, aber auch dort laufen teilweise ziemlich merkwürdige Gestalten rum. Selbstverständlich tummeln sich dort auch ganz normale Kunden, aber vielfach könnte man das Klientel leider auch als typisch für Prollbeck einstufen. "Ey boa ey!" oder "Ey, Alder!" ist dort der Satz, der am häufigsten fällt. Meine beiden Stoffies Lucky und Gary arbeiten zwar dort in der Lebensmittelabteilung, wundern sich aber auch häufiger über die etwas merkwürdige Kundschaft mit dem nicht vorhandenen Benehmen. Rollstuhlfahrer wie mein Papa sind dort vielfach überhaupt nicht willkommen - also den Verkäuferinnen schon, aber nicht den Kunden. Mein Papa wird, wenn er mit seinem Elektrorolli die Rolltreppe benutzt, von manchen mit einer Mischung aus Ekel und Empörung angestarrt und das nervt ihn auch ziemlich. So selten sind Rollstuhlfahrer eigentlich nicht, zumal es jeden morgen selbst treffen kann, egal ob nach einem plötzlichen Schlaganfall oder einem schweren Verkehrsunfall, aber soweit denken manche leider nicht. Ein Mann hat meinen Vater doch mal vor dem Kaufland gefragt, wie lange er denn in seinem Zustand noch leben wollte *kopfschüttel* - ich würde eher sagen, mein Papa ist trotz seines Rollis, den er nach seinem Schlaganfall im Dezember 2004 leider benötigt, in vielerlei Hinsicht besser drauf als manche Bessermenschen, die sich auf zwei Beinen durch die Welt bewegen und denen nicht bewusst ist, dass sie morgen selbst aus etwaigen Gründen behindert sein können. Auf diese blöde Frage, wie lange er denn noch in seinem Zustand leben wollte, hat mein Papa nur eiscool geantwortet: "Ich will mindestens noch 150 Jahre leben!" - tja, wer blöd fragt, kriegt eben dumme Antworten, hihi.
Markt am Borbecker Bahnhof - (c) Winkler, lokalkompass.de
Kaufland würde sich teilweise vom Publikum her gut für Skripted Reality Soaps oder beim Kinderfernsehen für widerwärtige Kinder ohne Erziehung eignen. Schön wären dann Dialoge wie "Ey, Alder, kumma, ich geh kaputt! Hier gibbet voll den Weißen Riesen!" - "Jo, Digger, ey boa ey, da hat meine Mudda schon früher immer mit gewaschen!" oder "Boa ey, voll die geile Alte auffe Rolltreppe! Ob ich die mal knallen kann?!" oder - fürs Kinderfernsehen - "Der kleine Klaus zeigt euch jetzt mal, wie man mit einem handelsüblichen Einkaufswagen Senioren-Bashing macht! Wenn sich einer beschweren tut und euch dat Senioren-Bashing verbietet, müsst ihr euch an RTL oder Pro7 wenden, um zu sagen, dass Kaufland nicht kinderfreundlich ist, denn diese Sender greifen dat sofort auf und tun euch helfen...!" :oD Gern genommen würde auch sicherlich eine Abhandlung zum Thema "Ich beschädige mit meinem Auto ein anderes im Parkhaus massiv und wie begehe ich danach am besten Fahrerflucht, ohne dass mich einer sieht?", hehe. Das ist nämlich leider bei Kaufland schon häufiger passiert - einem Clio Grandtour war mal die komplette Stoßstange im Parkhaus bei Kaufland abgefahren worden, aber vom Verursacher des Schadens fehlte jede Spur *nerv*. Manche Kaufland-Kunden gehen offenbar mit dem angesagten Trend der Fahrerflucht...
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