Donnerstag, 27. November 2014

Telefoninterview heute Morgen

Das Telefoninterview mit der Redakteurin des Magazins Unicum heute Morgen um zehn Uhr ist soweit gut gelaufen - es ging darum, welche Ansprüche Absolventen an ein Unternehmen stellen können (Gehalt, Work-Life-Balance etc.) und wie sie am besten herausfinden, welches Unternehmen am besten zu ihnen passt. Das Ganze dauerte etwa eine halbe Stunde. In den kommenden Tagen schickt mir die Dame noch mal eine schriftliche Zusammenfassung, damit wir die O-Töne für den Artikel abstimmen können.

Das Einzige, was mich gestört hat, war die Einleitung des Telefonats, denn die Dame machte sich Sorgen, weil ich doch derzeit selbst Arbeit suchend bin und wie sie das ihren Lesern verkauft. Na ja, sie muss darauf ja nicht hinweisen (tut sie ja auch nicht - sie stellt mich als Expertin für das Thema Bewerbungen unter experto.de vor) und ehrlich gesagt nervt es mich, dass ich jetzt auf meine Arbeitslosigkeit reduziert werden sollte *stöhn*. Sorry, ich habe über drei Jahre lang Menschen wieder in Brot und Arbeit gebracht, wobei unsere Vermittlungsquote je nach Projekt zwischen 88 und 94 % lag - das sind Quoten, da können viele private Arbeitsvermittler, so genannte Personalberater, Arbeitsagentur und Jobcenter nur von träumen und an diesen Quoten hatte auch ich einen entscheidenden Anteil. Wenn jetzt einer in seinem beschränkten Weltbild meinen sollte, dass ich für die Bewerbungsberatung ungeeignet bin, weil ich derzeit selbst auf Arbeitssuche bin, kann ich an deren beschränktem Weltbild nix ändern - ich kann aber auch nix für Arbeitgeber, die lieber ne kostengünstigere 25-jährige mit wenig Erfahrung wollen, die Bewerbungen gar nicht beantworten oder die es nicht so mit dem Sozialverhalten haben.

Hinzu kommt noch, dass ich schon einigen meiner Leser/-innen ebenfalls durch Lektorat/Korrektorat ihrer Unterlagen zu einer neuen Stelle verholfen habe - so schlecht können meine Leistungen auf dem Gebiet ja dann nicht sein :o). Das gilt auch für meine ehemaligen Kunden, auch wenn viele von denen erst nach mehr als sechs Monaten ein neues berufliches Glück gefunden haben, aber für manche Rahmenbedingungen kann kein Bewerber der Welt was. Es ist doch Fakt, dass Berufserfahrung und Qualifikation heute vielfach nicht mehr zu zählen scheinen - Leute über 50 sind vielfach doch schon für den deutschen Arbeitsmarkt so gut wie tot *reiher* und dann ist ja auch nicht zu vergessen, dass manche Arbeitgeber glauben, jüngere Arbeitnehmer sind noch verbiegbarer als ältere, wobei auch das nicht in allen Fällen stimmt.  Manche sind schon mit 25 Jahren gefestigte Persönlichkeiten, während manche sich noch mit über 40 biegen wie ein Fähnchen im Wind.

Wenn's rein nach Qualifikation und Berufserfahrung ginge, hätten viele meiner Kunden - und auch ich selbst - nicht einen Tag arbeitslos sein dürfen, während andere Menschen, bei denen schon die Unlust morgens durchschimmert, wenn sie das Büro betreten, dann schon lange arbeitslos sein müssten, weil ja angeblich keiner was mit demotivierten Mitarbeitern anfangen kann. Haha, da klaffen Theorie und Praxis wieder schön weit auseinander, denn manche schauen auch im Kundenkontakt so missmutig aus der Wäsche, dass man denen glatt ein Schild um den Hals hängen möchte mit der Aufschrift "Nie sollst du mich befragen!" - einen Job haben sie aber trotzdem :o).  

Gleichwohl halte ich auch nicht viel davon, jemanden darauf zu reduzieren, was er oder sie beruflich macht, denn auch Arbeitssuchende haben durchaus ihre Qualitäten und das nicht nur im beruflichen Bereich. In Deutschland wird alles nur leider vielfach auf den beruflichen und finanziellen Status reduziert, das ist das Problem.

Als ich letzten Donnerstag zum Vorstellungsgespräch in Essen-Huttrop war, hat meine Gesprächspartnerin einen sehr schönen Satz gebraucht, der lautete: "Auch in jeder Schwäche liegt eine Stärke!" Das ist auf jeden Fall richtig, denn auch wenn ich derzeit noch auf Stellensuche bin und man mir das gerne als Schwäche auslegen kann, so zeigt es aber auch meine Stärken wie Beharrlichkeit und Ausdauer, denn trotz vieler Nichtantworten auf Bewerbungen oder asozialer Absagen versende ich immer noch Bewerbungen und/oder treibe auf anderem Wege Eigenwerbung, während andere sicherlich schon den Kopf in den Sand gesteckt hätten und gar nix mehr tun würden, weil ja angeblich "eh alles keinen Zweck hat".

Des Weiteren ist ja auch nicht zu vergessen, dass fast jeder Arbeitslose - außer natürlich die ganz Arbeitsscheuen, die ALG I und Hartz IV wirklich lieber freiwillig einer geregelten Arbeit vorziehen, weil man es ihnen nicht zumuten kann, jeden Morgen früh aufzustehen und die nach Möglichkeit schnell wieder hinschmeißen - schon mal einen oder auch mehrere Arbeitgeber dauerhaft von seinen Leistungen überzeugt hat. Wie viele Menschen werden aufgrund von Rationalisierungsmaßnahmen oder Unternehmensaufkäufen plötzlich nach zehn oder mehr Jahren arbeitslos - und das können ja nicht alles ungelernte, blöde Schwachmaten ohne jedwedes Talent sein. Auch ich habe schon mehrere Arbeitgeber dauerhaft von meinen Leistungen überzeugen können, deshalb reagiere ich immer ziemlich allergisch auf dieses Klischee-Gelaber, das einen auf Phasen der Arbeitslosigkeit reduzieren möchte.

Eine weitere Stärke von mir trotz der derzeitigen Arbeitslosigkeit ist: Ich kann mich aufgrund eigener Erfahrungen in einen Arbeitssuchenden und seine Sorgen und Nöte doch viel besser reinversetzen, weil ich selbst weiß, wie das ist. Manch ein Personalberater weist eine monostrukturierte Akademikerlaufbahn vor (wenn überhaupt) und kennt Arbeitslosigkeit und Arbeitssuche nur aus der grauen Theorie, sodass er sich in die Sorgen und Nöte seiner Klienten überhaupt nicht reinversetzen könnte und alles durch Theorien und Klischees zu erklären versucht. Das hilft den Kunden aber nur begrenzt bzw. überhaupt nicht.

Den Menschen, die der Auffassung sind, dass Arbeitslose allesamt an ihrem Unglück selbst Schuld sind und dass mit denen doch was nicht stimmt, dem möchte ich den Klassiker "Durchstarten zum Traumjob" von Richard Nelson Bolles ans Herz legen, denn er schildert gerade im Anfangsteil des Buches sehr schön, dass auch gut qualifizierte und sogar hochbegabte Bewerber bei unserem vorsintflutlichen Jobsuchsystem leer ausgehen können - trotz vieler Bewerbungen. Folgerichtig nennt er den klassischen Weg der Stellensuche - also das Sichten und Beantworten von Stellenanzeigen in allen möglichen Medien - auch Neandertal.

Ansonsten freue ich mich aber sehr über den Zuspruch, den ich von Freunden - auch unter Google + - und Familie erfahre, denn die wissen, was in mir steckt. Gerade Sonne Highlight hat mich heute unter Google + durch ihre lieben Worte und Anregungen sehr aufgebaut. Dankeschön! :o) 

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