Gestern war ich ja an dem Punkt stehen geblieben, an dem ich in der Notaufnahme des Philippusstifts lag und dort von meinem Stationsarzt betreut wurde. Da Google das offenbar alles zu positiv fand, was ich dort zu berichten wusste, ist wie von Geisterhand mein Rechner plötzlich immer abgeschmiert - netter Versuch der Zensur, wirklich :o)).
Nun geht's weiter mit den Erlebnissen in der Notaufnahme am Abend des 20. Juni 2011.
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Mein Stationsarzt untersuchte mich gründlich - und obwohl alles schon aufgrund meiner Vorerkrankung für einen leichten Schlaganfall sprach, hat er auch alle weiteren Krankheitsbilder, die zu Doppelbildern und Schwindel führen können, wie z. B. eine Meningitis, durch seine gründlichen Untersuchungen ausgeschlossen. Soviel Gründlichkeit und Sorgfalt war ich bis zu dem Zeitpunkt gar nicht von Ärzten gewohnt.
Erst hat er alle möglichen neurologischen Tests mit mir gemacht - Fingerperimetrietest, Romberg-Stehversuch, Reflextests (Pupillen, Kniesehnen) usw. Beim Fingerperimetrietest stellte er bereits fest, dass mein linkes Auge, das ja seinem Finger folgen sollte, gar nicht bis ganz nach außen kam - kein Wunder, es war ja offenbar durch ein Gerinnsel blockiert. Den Romberg-Stehversuch mit offenen Augen habe ich ja noch ganz gut hinbekommen, aber als ich die Augen geschlossen habe, musste er doch leicht zupacken, weil ich sonst wahrscheinlich nach links weggekippt wäre.
Er hat mir Blut abgenommen und mich ganz nett immer vor dem kleinen Pieks gewarnt, der jetzt kommen würde - das war überflüssig, denn er konnte es gut und ich habe es kaum gemerkt, als die Nadel durch meine Haut in die Vene ging. Er hat mir auch Fieber mit einem Ohrthermometer gemessen - wohl, um eine Erkrankung wie eine Meningitis auszuschließen, die ja mit hohem Fieber einher geht. Als er mir das Ohrläppchen leicht nach unten zog und mir das Thermometer ins Ohr steckte, ziepte das ganz leicht, sodass ich ein wenig das Gesicht verzogen habe und er in mitfühlendem Tonfall sagte: "Ist ja gleich vorbei!" - Ich habe scherzhaft zu ihm gesagt: "Das mit dem Fiebermessen müssen wir aber noch mal ein wenig üben!" Er hat ganz traurig genickt.
Überhaupt war er während der ganzen Untersuchungen in der Notaufnahme zwar sehr gründlich und sorgfältig, aber auch so schüchtern und traurig, dass ich schon fast drauf und dran war, ihn zu trösten und ihm Mut zu machen, dass alles wieder gut wird. Wahrscheinlich hatte er meist ältere Patienten als mich in der Notaufnahme, sodass er es vermutlich nicht gewöhnt war, jemanden in seinem Alter vor sich zu haben, aber sein trauriges Gesicht fand ich schon ziemlich rührend.
Einmal fragte er mich, ob ich Kinder habe, was ich ja guten Gewissens verneinen konnte. Seine Antwort lautete: "Das ist wahrscheinlich auch besser so, denn wenn die dann ihre Mutti dort so liegen sehen..." Da musste ich mir ein wenig das Lachen verbeißen, weil das ja schon fast etwas Melodramatisches an sich hatte :o).
Wenn er mich nicht gerade untersuchte, schrieb er am PC mit, was ich ihm an Vorerkrankungen und Beschwerden schilderte. Schließlich wandte er sich wieder mir zu und bat mich, meine Trainingshose ein Stück herunter zu ziehen, damit er meinen Bauch abtasten konnte. Plötzlich fiel mir ein, dass ich erst im Januar 2011 aufgrund eines arteriellen Gefäßverschlusses am linken Bein operiert worden war - die Narbe verheilte zwar gut, war aber zum damaligen Zeitpunkt doch recht deutlich zu sehen, weil die OP ja gerade mal fünf Monate her war. Ich hatte schon den Mund offen, um ihn zu warnen und ihn zu bitten, sich nicht zu erschrecken, denn soweit war ich bei unserer Unterhaltung noch nicht gekommen, ihn über den Gefäßverschluss zu informieren, der operativ im Elisabeth-Krankenhaus beseitigt worden war. Zu spät - als er die Narbe sah, die am Oberschenkel immerhin eine Länge von gut zehn Zentimetern hat, blieb ihm fast die Luft vor Erschütterng weg und er fragte mich: "Was is'n da passiert?!" Ich habe ihn über den Grund der Narbe informiert, was er mit den Worten "Da haben Sie ja schon allerhand mitgemacht." beantwortete und es wiederum in seinem PC notierte.
Natürlich stellte er, als er beschlossen hatte, mich stationär aufzunehmen, auch die obligatorischen Fragen nach der Telefonnummer von Angehörigen und der Konfession. Bei der Telefonnummer habe ich ihm die von meinen Eltern genannt, sodass er nachfragte, wessen Nummer das denn sei. Als ich ihm sagte, dass es die Nummer meiner Eltern ist und nicht etwa die eines Ehemanns, Freundes oder Lebensgefährten, ging aber ein hörbar erleichtertes Aufatmen durch den Raum :o).
Bzgl. meiner Konfession sagte ich ihm, dass ich katholisch bin und er fragte, ob ich Seelsorge wünschte. Ich grinste in meinem Bett und antwortete: "Nein, ich habe ja Sie!" Da drehte er sich zu mir um und ließ diese Antwort unkommentiert, strahlte aber ganz verhalten.
Bevor er mich hoch auf die Stroke Unit brachte, hat er mich in meinem Bett noch persönlich zu allen möglichen Untersuchungen gefahren - normalerweise macht das ja nicht der Arzt, sondern bittet das Pflegepersonal darum, den Patienten zu den Untersuchungen zu bringen. Es standen noch ein Schädel-CT und das Röntgen des Thorax auf dem Programm. Er wollte wohl ausschließen, dass im Brustkorb ein größeres Gerinnsel sitzt, von dem ein Teil fliegen gegangen ist (sog. Infiltration) und nun in meinem Sehnerv für Theater sorgte. Auch diese Sorge war unbegründet, denn Herz und Lunge räkelten sich zufrieden und unauffällig in der Gegend rum und wiesen keine Gerinnsel auf :o)).
Nachdem mein Thorax geröntgt worden war - später im Arztbrief wurde ich dort als Gesamtkunstwerk dargestellt, wie auch mein Rheumatologe im August 2011 amüsiert feststellte, als es um mein symmetrisch konfiguriertes Rippengitter, unauffällige Organbefunde sowie mein glattes, gleichmäßig gewölbtes Zwerchfell ging :o) - hat er mich mit dem Aufzug hoch in die zweite Etage auf die Stroke Unit gebracht, eine Spezialeinheit der Neurologie für Schlaganfallpatienten.
Was in den Tagen auf der Stroke Unit passiert ist, gibt's im nächsten Blog-Eintrag :o)).
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