Immer wieder gibt es Menschen, die etwas nicht kaufen oder Künstler aller Art abwatschen mit der Begründung, dass etwas "zu kommerziell" sei - das gilt für Buchläden genauso wie für Autoren, Musiker oder andere Künstler, die vom Geheimtipp mit einem eher kleinen Publikum plötzlich zu einem Massenphänomen geworden sind. Diese Tatsache hatte auch schon Metallica-Drummer Lars Ulrich mehrfach in Interviews angesprochen, denn als Metallica aus Sicht einiger selbsternannter Puristen zu erfolgreich wurden, mehr als 1.000 CDs im Jahr verkauft haben und dann noch ganze Stadien bei Tourneen gefüllt haben, haben ja auch einige dieser selbsternannten Puristen was von "Ausverkauf", "zu kommerziell" oder "Mainstream" geheult. Nach Meinung dieser Puristen hat Metallica ja seit "...And Justice for all" aus dem Jahr 1988 angeblich kein gutes Album mehr gemacht, denn diesem Longplayer folgte ja dann das extrem erfolgreiche Schwarze Album im Jahr 1991. Das sehe ich zwar ein bisschen anders, aber ich bin ja auch kein Purist, der alles als zu kommerziell abqualifiziert :o).
Ich gebe Lars Ulrich mit seiner Argumentation Recht, denn es kann nicht das Ziel von Händlern und/oder Künstlern sein, es ein paar Auserwählten bis an ihr Lebensende Recht zu machen, nur um das Etikett "zu kommerziell" nicht aufgedrückt zu bekommen von selbsternannten Bessermenschen.
Selbst in weniger bekannten Zusammenhängen als bei einer weltweit bekannten Metal-Band kann das Phänomen und die Heulerei bzgl. "Ausverkauf" und "zu kommerziell" beobachtet werden. Renate hatte mir vor vielen Jahren mal ein Buch geschenkt über Frauen, die sich erfolgreich selbstständig gemacht haben. In einer der dort vorgestellten Frauenportraits ging es um eine Buchhändlerin, die einen ehemals eher ehrenamtlich geführten Laden in einen Buchladen umgewandelt hat, der auch populäre Literatur von Frauen für Frauen führte. Als dieses kleine Nischengeschäft anfing, außerhalb der Independent-Szene wirtschaftlich zu agieren, sah sich die Inhaberin ebenfalls dem Etikett "zu kommerziell" gegenüber.
Sorry, ich weiß nicht, ob diese selbst ernannten Puristen, die erfolgreiche Künstler als zu kommerziell ansehen, überhaupt weiter als von zwölf bis Mittag denken können, denn unsere Gesellschaft lebt u. a. auch vom Kauf und Verkauf von Waren. Dann dürften diese Puristen streng genommen auch nicht bei Edeka, Aldi, Netto oder in einem anderen Lebensmittelgeschäft einkaufen gehen, denn egal, was diese Supermärkte zum Verkauf anbieten: auch das ist kommerziell, weil der Kunde die Waren kauft und von den Einnahmen werden dann Ladenmiete, Gehälter, Reinigungs- und Instandhaltungskosten etc. bezahlt. So weit denken diese Puristen aber wohl nicht - leider gibt es ja genug Menschen, die sich selbstständig machen, und allen Ernstes meinen, dass sie, wenn sie beispielsweise 10.000 EUR abends in der Kasse haben, diese 10.000 EUR auch ausschließlich für sich und ihren Lebensunterhalt eingenommen haben, denn manchen fehlen da leider schon die betriebswirtschaftlichen Grundlagen. Normalerweise sollte es selbstverständlich sein, dass jemand davon ausgeht, dass er seine Einnahmen nicht komplett für sich behalten kann, sondern einen Teil des Geldes für den Einkauf von Waren, Ladenmiete, Gehälter etc. verwenden muss, aber leider ist dieses fehlende betriebswirtschaftliche Denken der häufigste Grund dafür, dass neu gegründete Läden und Firmen innerhalb der ersten Jahre wieder pleite gehen und schließen müssen.
Wenn der Mitarbeiter einer BMW-Niederlassung beispielsweise einen Neuwagen im Wert von 35.000 EUR verkauft, kriegt er von dem Betrag sicherlich eine ordentliche Provision, aber der Rest der Einnahmen geht, wie gesagt, für Ladenmiete, Gehälter weiterer Mitarbeiter des Autohauses, Anschaffung von weiteren Fahrzeugen, die zum Verkauf angeboten werden etc. drauf. Soviel zum landläufigen Irrtum "Was ich abends in der Kasse habe, gehört mir!".
Wenn man jetzt von dem Beispiel mit dem niegelnagelneuen BMW ausgeht, dürften die selbst ernannten Puristen und Bessermenschen sich auch kein Auto anschaffen, wobei das ja noch nicht mal ein BMW sein müsste, denn auch der Verkauf von Fahrzeugen ist generell eine kommerzielle Sache - egal, ob es sich um einen BMW, Audi, Renault, Peugeot, Opel oder was auch immer handelt. Komisch, wenn sich diese Puristen dann aber im Autohaus ihres Vertrauens einen Neuwagen anschaffen, ist das dann nicht mehr zu kommerziell - nee, zu kommerziell ist nur, wer von seiner Kunst leben will und es mehr als ein paar Auserwählten Recht machen will. Ich glaube auch ehrlich gesagt nicht, dass ein Purist, der andere als geldgeil und zu kommerziell abqualifiziert, sich beschweren würde, wenn er statt eines Tarifgehalts von beispielsweise 2.400 EUR brutto plötzlich 2.800 EUR brutto angeboten bekommen würde - ich gehe davon aus, dass derjenige, dem ja alle anderen zu kommerziell sind, die überdurchschnittlichen 2.800 EUR gerne nehmen würde, so nach dem Motto "Kommerziell sind immer nur die anderen." :o)).
Ist mein Buch jetzt auch zu kommerziell? :o) - Quelle: BoD
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen