Dienstag, 28. Oktober 2014

Was Neues von der Bewerbungsfront :o/

Gestern hatte ich ja mein Zweitgespräch in Oberhausen - tja, was soll ich sagen? Es stand immer noch das Thema bzw. die Sorge im Raum, dass ich mich ja über kurz oder lang unterfordert fühlen könnte mit den Aufgaben. Ich hatte zwar schon im Erstgespräch begründet, warum das nicht so sein wird, aber an dem Thema hatte sich einer meiner Gesprächspartner festgebissen. Der andere Herr fragte mich trotz meiner 13,5 Jahre Berufserfahrung in der Assistenz, ob ich denn mal kaufmännische Kurse besucht hätte...also, im Großen und Ganzen kam ich mir ein bisschen wie im Kindergarten vor und fand das Gespräch nicht sehr produktiv. Wenn die Herren mich nicht haben möchten, sollen sie es bitte direkt sagen anstatt da so ein Gewäsch zu veranstalten und sich ständig Sorgen zu machen, dass ich mich hinterher langweile. Es kommen jetzt wohl noch zwei Bewerber und in zwei Wochen kann ich dann mit einer Rückmeldung rechnen.

Interessanterweise hatte ich gestern, bevor ich ins Zweitgespräch ging, noch von meinen beiden früheren Kolleginnen die aktuelle Ausgabe des HR-Magazins zum Lesen bekommen, um die 15-minütige Wartezeit zu überbrücken :o). In dem Magazin befand sich u. a. ein interessanter Artikel zum Thema "Employer Branding", d. h. wie Arbeitgeber sich in positiver Weise vermarkten können und was Bewerber vielfach stört. Also, mit gutem Employer Branding hatte das Gespräch gestern jedenfalls nicht viel zu tun, denn ím ungünstigsten Fall kann man auch gute Kandidaten mit überflüssigen Fragen und dem permanenten Rumreiten auf den eigenen Sorgen ("Würden Sie sich nachher nicht langweilen?") vergraulen. Mein Englisch wurde ja noch nicht mal getestet, obwohl ich das für die Position sicherlich brauchen würde und ich hätte mit meinen sehr guten Englischkenntnissen sicherlich punkten können, die ich mehr als einmal in meinem Berufsleben erfolgreich unter Beweis gestellt habe, aber nein...stattdessen ging es immer nur um die Frage, ob ich mich nicht langweilen würde, ob ich das Zehn-Finger-System beherrsche (tue ich bereits seit 20 Jahren - aktuell liegt meine Anschlagszahl bei gut 300 pro Minute, wie ein Test im vergangenen Jahr bei einem Personaldienstleister ergab) und ob ich mal kaufmännische Kurse besucht habe, obwohl ich seit vielen Jahren in der Assistenz tätig bin und dabei auch schon häufiger mit Rechnungsstellung, Mahnwesen und Incoterms zu tun hatte. Ein Fachgespräch im Rahmen eines Vorstellungstermins sieht jedenfalls anders aus. Allerdings scheinen solche Gesprächsverläufe wohl leider keine Seltenheit zu sein, wie mir auch viele meiner früheren Kunden aus ihren Erfahrungen berichtet haben.

Parallel dazu habe ich heute vereinbarungsgemäß telefonischen Kontakt zu dem Personaldienstleister aufgenommen, bei dem ich am Freitag zum Vorstellungsgespräch war, und darum gebeten, für mich mit der Suche zu beginnen, denn ob das in Oberhausen was wird, steht in den Sternen, wenn ich mir das Gespräch gestern so angucke. Natürlich habe ich auch wieder in diverse Jobbörsen geschaut, um ggf. eine Bewerbung versenden zu können, aber auch da sieht es teilweise mau aus - nicht von der Anzahl der Stellenangebote an sich, sondern von der Anzahl der passenden Stellenangebote. Für Bürogehilfinnentätigkeiten wäre ich nämlich tatsächlich überqualifiziert und im pädagogischen Bereich sind entweder nur Teilzeitstellen drin oder es inserieren mal wieder die üblichen Verdächtigen, die sich zwar Sozialunternehmen schimpfen, aber nur auf dem Papier. Von den pseudofreundlichen bis zickigen Absagen von Caritas und AWO habe ich nämlich die Nase gestrichen voll.

Zurück zum Employer Branding! Viele Bewerber stört es einfach, dass sie überhaupt keine Antworten auf Bewerbungen erhalten bzw. unfreundliche Standard-Absagen erst auf Nachfrage, wenn Entscheidungsprozesse, ob man jemanden nimmt oder nicht, unnötig in die Länge gezogen werden usw. Eine junge Dame, die mittlerweile im HR tätig ist, wies in einem kurzen Interview darauf hin, dass manche Unternehmen, egal ob groß oder klein, sich überhaupt nicht bewusst sind, dass sie mit einem rüden Umgang mit Bewerbern auch ihr eigenes Image demontieren - also das, was ich ja auch schon öfter mal gepostet oder in Artikeln unter experto.de geschrieben hatte. Gleichwohl ist ihr wohl aufgefallen, dass gerade die Firmen und Institutionen, die mit besonders professionell gestalteten Homepages aufwarten können, um Kandidaten erst mal anzulocken, nicht viel von dem halten, was sie auf ihrer Firmenhomepage versprechen. Man könnte es mit der Politik der Grünen vergleichen: Außen schön grün und saftig (gute Homepage mit heeren Unternehmensvisionen und -zielen), von innen braun und faul (schlechtes Betriebsklima, fragwürdige Unternehmenskultur ohne Humor und Menschlichkeit, miserabler Umgang mit Bewerbern, hohe Mitarbeiterfluktuation). Es ist zwar logisch, dass kein Unternehmen von sich selbst sagt "Bei uns erwartet Sie die größte Mobbing-Bude der Nation mit nur mäßig qualifizierten Kollegen und nirgendwo sonst werden Sie für so wenig Geld soviel arbeiten können.", aber Firmenhomepages und die Wirklichkeit im Inneren weichen wohl sehr oft voneinander ab. Vergünstigungen wie Betriebskantine, kostenlose Mitarbeiterparkplätze und Obst für lau machen nämlich noch kein gutes Unternehmen aus.

Dass es auch anders geht, durfte ich zum Glück schon mehrfach während meines Berufslebens feststellen, wobei insbesondere bei Oscar Winzen alles stimmte, aber leider ist mir auch aufgefallen, dass Betriebsklima und Unternehmenskultur entgegengesetzt zur Betriebsgröße immer schlechter werden. Die besten Erfahrungen habe ich bei kleinen und mittelständischen Firmen gemacht, die schlechtesten wiederum bei Großkonzernen - und auch da bin ich bei weitem nicht die Einzige, die diese Erfahrungen gemacht hat. Eine frühere Kundin von mir fing als langjährig erfahrene Finanzbuchhalterin bei einem großen Essener Baukonzern an und hat nach vier Wochen freiwillig das Handtuch geschmissen, denn die Dame wurde dort leider gemobbt, indem sie meist ignoriert wurde, weil sie ja keine Verwandten in dem Laden hatte, das Äußere aus etwaigen Gründen nicht gefiel und weil manche Mitarbeiter es wohl vollkommen normal fanden, eine gut qualifizierte Fachkraft mit viel Berufserfahrung wie einen Azubi im ersten Ausbildungsjahr zu behandeln. Wir haben dann noch mal für sie gesucht und gemeinsam mit ihr mehrere Bewerbungen versendet, diesmal aber nicht in einem großen Konzern, sondern bei einem Mittelständler. Da läuft auch alles bestens, m. W. bis heute.

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